Das Programm
lassen Sie sich hier nie wieder blicken.«
»Bin schon weg«, sagte Chris. Er verließ den Konferenzraum, spürte die neugierigen Blicke von hundert Wertpapierhändlern in seinem Rücken und verschwand im Aufzug.
5
Megan wartete im Drayton Arms, ein halbes Bitter vor sich. Chris mochte die Art, wie amerikanische Frauen Bier bestellten; sie hielten es für englisch, und es war ihnen völlig gleich, ob es damenhaft aussah oder nicht.
»Tut mir leid, ich bin aufgehalten worden«, sagte er. »Bist du schon lange da?«
»Zehn Minuten.«
»Einen Augenblick, ich hol mir auch eins.«
Chris kam mit einem Halben von der Bar zurück und nahm einen langen Zug. »Das brauchte ich jetzt.«
»Schmeckt gut«, sagte Megan.
»Freut mich, dass du es magst. Wie war der Tag?«
»Sehr schön. Ich bin in der Tate Modern gewesen. In der Wallace Collection. Und im ICA.«
»Alles an einem Tag?«
»Ich hab nun mal eine Schwäche für Kunst. Und davon habt ihr ja eine Menge in London. Wie war’s bei dir?«
»Jesus«, sagte Chris und schüttelte den Kopf. »Ziemlich unerfreulicher Tag. Ich glaube, ich habe meine letzte Chance verspielt, eine hoffnungslose Bond-Position loszuwerden.«
»Oh«, sagte Megan.
»Sorry.« Chris lächelte. »Eigentlich wollte ich dich nicht mit den Problemen der Firma belämmern, aber vielleicht ist es ganz interessant für dich. Erinnerst du dich noch an Ian Darwent?«
»Er war mit uns auf dem Boot, nicht wahr? Er ist hinter Alex hergesprungen. Engländer. Ruhig. Sehr gut aussehend.«
Chris verzog das Gesicht. »Findest du? Allerdings schien Lenka der gleichen Meinung gewesen zu sein.« Er berichtete ihr, was er erfahren hatte.
Sehr zu seiner Enttäuschung schien Megan keineswegs überrascht zu sein.
»Findest du es nicht merkwürdig, dass sie zusammen ins Bett gingen?«, fragte er sie.
»Eigentlich nicht. Du kennst doch Lenka«, sagte Megan. »Und ich kann mich an Ian erinnern.«
»Eigentlich weiß ich recht wenig über diesen Aspekt ihres Lebens. Sie hat nicht viel darüber gesprochen. Und ich habe sie nicht gefragt.«
»Das war vermutlich besser so.«
Nun konnte Chris seine Neugier doch nicht bezähmen. »Sie hat also nichts anbrennen lassen?«
»So stimmt es auch nicht«, sagte Megan. »Manchmal haben wir über Männer gesprochen, vor allem, als wir in Brasilien waren. Sie sagte, oft habe sie monatelang keinen Sex und dann zwei oder drei Männer hintereinander. Sie mochte Männer, und sie mochte Sex, aber ihr war der Gedanke, sich zu binden, unerträglich. Sie war in dieser Hinsicht wohl etwas gestört. Manchmal hat sie sich die seltsamsten Typen ausgesucht. Ian ist nicht halb so schlimm wie einige der anderen, da bin ich mir ziemlich sicher.«
Chris schüttelte den Kopf. »Ich bin froh, dass ich von all dem nichts gewusst habe.«
Megan warf ihm über ihr Bierglas hinweg einen neugierigen Blick zu. »Was war mit dir und Lenka?«
»Wie meinst du das?«
»Tut mir Leid«, sagte Megan. »Ich wollte dir nichts unterstellen. Es war nur offenkundig, dass ihr euch mochtet, und …«
»Macht nichts. Wir mochten uns tatsächlich. Und ich kann nicht leugnen, dass ich sie anziehend fand. Aber irgendwie kam das nie in Betracht. Sie war wahrscheinlich eine zu gute Freundin. Ich bin immer davon ausgegangen, dass sie eine Nummer zu groß war für mich. Wenn ich’s versucht und sie mich abgewiesen hätte, wäre eine ziemlich unangenehme Situation entstanden. Und noch schlimmer, denn wenn sie darauf eingegangen wäre, hätte es sicherlich nicht lange gehalten, und dann hätte ich eine gute Freundin verloren. Nein, es war schon besser so, wie es war.«
»Vielleicht.« Megan sah Chris unverwandt an.
»Hat dir Lenka irgendetwas über ihre Beziehung zu Ian erzählt?«, fragte er und fühlte sich etwas unbehaglich unter ihrem Blick.
»Nein. Ich habe in letzter Zeit nur das eine Mal letzte Woche mit ihr gesprochen. Da hat sie es nicht erwähnt. Sie klang allerdings ein bisschen gestresst.«
»Gestresst?«
»Sie sagte, es sei etwas passiert, worüber sie mit mir reden wollte, wenn ich da sei. Sie hat aber nicht gesagt, worum es sich handelte.«
»Überhaupt kein Anhaltspunkt? Hatte es was mit der Firma zu tun?«
»Ich weiß nicht. Ich war natürlich neugierig, aber ich dachte, ich würde es schon erfahren, wenn ich hier wäre.«
»Hmm. Hat sie dir gegenüber etwas von Eureka Telecom erwähnt?«
»Nein.«
»Oder einem Mann namens Marcus?«
»Marcus? Nein. Wer ist das?«
»Ein großer, schlanker
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