Das Programm
Jungs eine Woche lang auf ihrer Präsentationstour begleitet. Da lernst du die Menschen kennen. Sie rechnen fest damit, dass es passiert, und zwar bald. Vertraust du mir nicht?«
»Natürlich vertraue ich dir«, sagte Lenka. »Möchtest du auch wissen, warum?« Wieder war der verruchte Unterton in ihrer Stimme.
»Warum?«
»Weil ich persönlich dafür sorgen werde, dass dein kleiner Jan zu nichts mehr zu gebrauchen sein wird, wenn du mich anlügst.«
Obwohl Lenka es als Drohung formulierte, klang es eher zärtlich. Auch die Frage, wer Ians »kleiner Jan« war, unterlag kaum einem Zweifel.
»Da ich das unter allen Umständen verhindern möchte«, sagte Ian, »kannst du ganz sicher sein.«
»In Ordnung«, sagte Lenka, plötzlich sehr geschäftsmäßig. »Ich nehme fünfundzwanzig.«
»In Ordnung. Die Emission ist morgen Nachmittag. Ich bestätige dir dann, dass du deine fünfundzwanzig bekommen hast. Wie sieht es heute Abend aus?«
»Mr. Unersättlich«, sagte Lenka. »Ich habe zu tun.«
»Zu tun? Was denn?«, fragte Ian, und eine Spur von Eifersucht klang in seiner Stimme an.
»Würdest du wohl gern wissen«, sagte Lenka und hängte ein.
Chris und Ian blickten sich an. Lenka sprechen zu hören, als säße sie neben ihnen, war für beide hart gewesen. Doch was sie gesagt hatte, war höchst interessant für Chris. Kein Wunder, dass Ian ihn die Bänder nicht hatte abhören lassen wollen. Sie offenbarten nicht nur die Beziehung der beiden, sondern auch, dass er Lenka praktisch Insiderinformationen zugespielt hatte.
Radaphone war eines der drei größten europäischen Mobilfunknetze. Wenn es Eureka Telecom kaufte, würde der Kurs der Anleihe nach oben schießen. Carpathian würde einen hübschen Gewinn auf seine fünfundzwanzig Millionen Euro erzielen. Es war schon so, wie Lenka gesagt hatte, als sie ihn aus Prag angerufen hatte.
Chris warf einen verstohlenen Blick auf Barry. Dessen Ohren hatten während des Gesprächs eine tiefrote Färbung angenommen. Vage erinnerte sich Chris an ihn. Ein Computerfreak durch und durch. Wenn er überhaupt mitbekommen hatte, dass Ian zu viel Information an Lenka weitergegeben hatte, so war er doch mit Sicherheit weit mehr an der Art der Beziehung zwischen Ian und ihr interessiert. Bevor der Tag zu Ende war, würde in der Gerüchteküche von Bloomfield Weiss ein neues Süpplein gekocht. Nicht schön für Ian.
»Nun?«, sagte Chris, nachdem Barry den Raum verlassen hatte.
»Was soll ich sagen? Sehr peinlich.«
»Nicht eure Affäre. Radaphone.«
»Oh, Radaphone.«
»Wird Radaphone tatsächlich Eureka Telecom übernehmen?«
Ian ließ eine lange Pause verstreichen, bevor er antwortete. Schließlich schien er eine Entscheidung getroffen zu haben. »Möglich.«
»Aber noch keine Anzeichen?«
»Nicht die geringsten.«
»Hast du irgendwelche konkreten Anhaltspunkte für eine Übernahme?«
»Du hast die Aufnahme gehört«, sagte Ian. »Alles Vermutungen.«
»Du hast nie irgendwelche wichtigen Leute von Radaphone mit Eureka Telecom sprechen sehen?«
Ian schüttelte den Kopf.
»Was hört man aus der Abteilung für Unternehmensfinanzierung?«
»Davon würde ich wohl kaum etwas erfahren, oder? Das kennst du doch, die chinesische Mauer ist nichts dagegen.«
»Sie hat einfach auf deinen Instinkt vertraut, nicht wahr?«
Ian lächelte. »Scheint so.«
Chris hatte die Nase voll. Lenkas Tod, Rudy, der sein Geld aus dem Fonds nehmen wollte, der Einbruch des Eureka-Telecom-Kurses, die vertrauten Räume von Bloomfield Weiss und obendrein die Entdeckung, dass Ian und Lenka eine Affäre gehabt hatten – das alles summierte sich zu einem einzigen Gefühl des Widerwillens und des Überdrusses.
»Du hast sie einfach angelogen, stimmt’s?«, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Was meinst du damit?«
»Weil du was mit ihr hattest, hast du ihr einen Haufen Scheiß angedreht und fröhlich die Provision eingestrichen. Und jetzt, wo sie tot ist, glaubst du, du kannst die Sache einfach vergessen.«
»Das ist einfach nicht wahr.«
»Was geht hier vor?« Ein scharfe Stimme ertönte in Chris’ Rücken. Er erkannte sie sofort. Herbie Exler.
Das Gefühl des Widerwillens wurde überwältigend.
Chris wandte sich seinem einstigen Chef zu. »Wahrscheinlich ist das Ganze auf Ihrem Mist gewachsen«, sagte er und stand auf. »Okay, von mir aus könnt ihr euch die Eureka Telecoms in den Arsch schieben. Beide.«
»Raus!«, zischte Exler. »Machen Sie, dass Sie rauskommen, und
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