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Das Programm

Titel: Das Programm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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ernst. Ihm war klar geworden, dass Chris die Vergangenheitsform verwendet hatte. »Was ist passiert?«
    »Ihr ist leider etwas zugestoßen. Sie wurde in Prag ermordet. Wir sind Freunde von ihr.« Chris stellte Megan und sich vor.
    Wie so viele andere Menschen, denen Chris die Nachricht überbracht hatte, war auch der Amerikaner äußerst schockiert.
    »Ihre Eltern haben mich gebeten, mich um ihre Sachen zu kümmern«, sagte Chris. »Sie haben mir die Schlüssel gegeben. Könnten Sie ihre Wohnung ein bisschen im Auge behalten und mich anrufen, wenn Ihnen irgendwas komisch vorkommt?«
    Chris gab ihm seine Karte. Der Amerikaner nahm sie und starrte sie leeren Blickes an. »Ich kann es nicht glauben«, sagte er.
    »Könnte ich vielleicht Ihre Telefonnummer haben?«, fragte Chris.
    »Aber natürlich«, sagte der Amerikaner und reichte Chris nun seinerseits seine Karte. Richard H. Storebrand, Vizepräsident. Er arbeitete für eine der großen amerikanischen Vermögensverwaltungsgesellschaften.
    »Danke. Oh, übrigens, ist Ihnen letzte Woche irgendetwas Merkwürdiges aufgefallen? Ungewöhnliche Besucher oder dergleichen?«
    »Nein, ich glaube nicht«, sagte er. Doch dann legte er die Stirn in nachdenkliche Falten. »Da war ein Typ, der hat sich hier herumgetrieben. Er lehnte am Laternenpfahl auf der anderen Straßenseite. Ziemlich eigenartig. Als ich vor ein paar Wochen nach Hause kam, traf ich mit Lenka zusammen. Er kam über die Straße und ging auf uns zu. Sie sah ihn, schob mich ins Gebäude und schloss die Tür hinter uns. Der Kerl klingelte und rief irgendwas hinter ihr her. Sie sagte, ich solle ihn nicht beachten, und stieg die Treppe zu ihrer Wohnung hinauf. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
    »Wirkte sie ängstlich?«, fragte Chris.
    »Nein. Eher genervt. Ich nehme an, Mädchen wie sie sind daran gewöhnt, von irgendwelchen Typen verfolgt zu werden.«
    »War er Amerikaner?«
    »Nein, ich glaube nicht. Aber er hatte einen Akzent. I risch oder schottisch, nehme ich an. Ich kenn mich da nicht so aus.«
    »Wie sah er aus?«
    »Großer Bursche. Rote Haare, ein bisschen unordentlich. Trug einen Anzug. Er sah eigentlich ganz zivilisiert aus, nicht wie ein Verrückter. Aber hat sich hier eine ganze Zeit herumgetrieben.«
    Duncan.
    »Danke«, sagte Chris und lächelte. »Wir bleiben in Verbindung, einverstanden?«
    Der Mann nickte abwesend. »Lenka. Ich fass es einfach nicht!«
    Chris und Megan überließen Vizepräsident Richard H. Storebrand seinen traurigen Gedanken über die Schrecken dieser Welt.
     
    Als sie Chris’ Wohnung betraten, blinkte das rote Lämpchen des Anrufbeantworters. Chris setzte ihn in Gang.
    »Hi, Chris. Eric. Ich habe von Lenka gehört. Es tut mir so Leid. Nächste Woche bin ich zwei Tage in London. Ich komme am Sonntag. Hast du Lust, am Abend auf einen Drink in mein Hotel zu kommen? Sagen wir um sieben? Ich wohne im Lanesborough. Hinterlass mir einfach eine Nachricht, wenn du es einrichten kannst. Ich würde mich freuen, dich zu sehen.«
    Chris blickte Megan an. Stumm starrte sie auf den Anrufbeantworter.
    »Eine Stimme aus der Vergangenheit«, sagte Chris.
    »Ja«, antwortete Megan. Es war fast ein Flüstern.
    »Willst du nicht mitkommen? Eric hat sicherlich nichts dagegen.«
    Megan zögerte einen Augenblick, sagte dann aber mit Entschiedenheit: »Nein, nein. Lieber nicht. Außerdem muss ich morgen sowieso nach Cambridge.«
    »Okay«, sagte Chris.
    »Tut mir Leid«, sagte Megan. »Es ist nur so seltsam, wieder seine Stimme zu hören. Weißt du … Ich glaube, ich gehe besser ins Bett.«
    »Klar. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht.«

6
    »Komm her, du verdammte Töle!«
    Der grauhaarige Mann kam wütend an ihnen vorbeigekeucht bei dem vergeblichen Versuch, seinen Hund einzuholen, einen roten Setter, der einen flinken Foxterrier den Hügel rauf verfolgte.
    »Algy!«, brüllte er, und dann war der Hund verschwunden.
    Es war ein herrlicher Morgen: kalt, frisch und klar. Der nördliche Abhang von Parliament Hill war noch mit Raureif bedeckt, aber auf der Südseite glitzerte der Tau unter den wärmenden Strahlen der Sonne. Zu ihrer Rechten erstreckte sich London im großen grauen Themsebecken. Um die Bürotürme der City wanden sich noch ein paar Dunstfetzen. Auf dem Dach von Canary Wharf spiegelte sich die niedrig stehende Wintersonne als leuchtendes orangefarbenes Dreieck.
    Als sie oben auf dem Hügel ankamen, blieben sie einen Augenblick stehen. Der junge Setter hetzte in großen Sätzen in

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