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Das Prometheus Mosaik - Thriller

Das Prometheus Mosaik - Thriller

Titel: Das Prometheus Mosaik - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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    Seine Mundwinkel zuckten kurz nach oben, wollten die Lippen zu einem Lächeln verziehen, das dann doch nicht zustande kam.
    So wie der alte Fritz im Leben keinen Gast vergaß, würde Wolff die Gesichter von damals nie vergessen.
    Die Gespenster der Vergangenheit …
    Die Geister, die sie gerufen hatten.
    Er wollte sie auch nicht vergessen, versuchte es nicht einmal. Weil er bis heute den Glauben daran nicht aufgegeben hatte, dass es nicht wirklich vorbei war. Dass eines Tages noch irgendetwas geschehen könnte, das die alten Zeiten wieder aufleben lassen würde.
    Die alten Zeiten – und die alten Ziele …
    Die Zeitung verschwand im Karton, der alte Fritz ging zum nächsten Tisch weiter, um das dort liegende Exemplar der Krone aufzulesen.
    Ein kühler Hauch wehte Wolff an. Regina hielt ihm die Tür des Cafés auf und wies mit einer höflichen Geste und einem freundlichen Lächeln in die Nacht hinaus.
    »Schlaf gut, Nathan«, verabschiedete sie ihn.
    »Du auch, Kind«, erwiderte er und wollte an ihr vorbeigehen.
    Sie berührte ihn kurz am Arm und drückte ihm etwas in die Hand, das sie von wer weiß wo hergezaubert hatte. Ein silbernes Päckchen, das sich weich und warm anfühlte.
    »Zwei Stückerl Apfelstrudel.« Regina zwinkerte ihm zu. »Ich weiß doch, wie gern du den magst.«
    »Ja, aber du weißt doch auch, dass sie’s nicht gern sehen, wenn …« Wolff warf einen angedeuteten Blick über die Schulter ins Café.
    »Drum schaust jetzt auch, dass du verschwindest.« Noch ein Lächeln, noch ein Zwinkern, dann war die Tür hinter Wolff wieder zu, und Regina schloss von drinnen ab.
    Wolff klappte den Jackettkragen hoch und wünschte sich, am Mittag, als er zur Arbeit gegangen war, doch den Mantel angezogen zu haben; er war längst in dem Alter, wo die Kälte einem nicht mehr nur die Gänsehaut auflaufen ließ, sondern durchs Fleisch ging und sich in den Knochen verbiss. Am Mittag hatte es noch den Anschein gehabt, Wien stünde der erste schöne Frühlingstag des Jahres bevor. Zum Abend hin hatte sich dann der Winter noch einmal blicken lassen; nun pfiff ein unangenehmer Wind durch die Straßen, der Wolff heimwärts trieb und ihm hinter der nächsten Ecke gleichsam den Weg verwehren wollte.
    Zarter besaiteten Gemütern wäre vielleicht mulmig gewesen in dieser Nacht, in der nur die draußen waren, die auch draußen sein mussten, und in der Wolff etwas vom alten, morbiden Wien wahrzunehmen glaubte. Als hätten Regen und Wind der Stadt ihre moderne Maskerade vom Gesicht gewaschen und geschmirgelt.
    Er mochte Wien, wenn es sich von dieser ursprünglichen Seite zeigte. Weil er sich dann heimischer fühlte und froh darüber war, nicht längst schon weggezogen zu sein (wohin auch und warum eigentlich?). Und vielleicht, nein, ganz gewiss auch, weil ihn dieses ältere Wien an die alten und fraglos besseren Zeiten erinnerte, da er sich den Lebensunterhalt nicht als Spüler in einem Kaffeehaus hatte verdienen müssen.
    Meistens gelang es ihm, sich weiszumachen, es sei nichts Ehrenrühriges an dieser Arbeit. Nur manchmal … an Tagen, wenn seine Gedanken zu oft zurückreisten …
    Heute war offenbar so ein Tag. Und als er an einem Müllkübel vorbeikam, der mit aufgeklapptem Deckel am Bordstein stand, war er versucht, das in Aluminiumfolie gewickelte Päckchen hineinzuwerfen, weil er, verdammt noch mal, nicht auf Almosen angewiesen sein wollte.
    Aber dann dachte er an seine zwei Kleinen und daran, wie gerne sie etwas Süßes naschten, und nahm den Apfelstrudel doch mit nach Hause.
    Nach Hause …
    Immerhin, im selben Haus wie damals lebte er noch; sie hatten es gekauft, bar bezahlt sogar, als er -als sie – sich derlei noch hatten leisten können. Genau genommen war es zu der Zeit gewesen, da sie gerade angefangen hatten, sich derlei leisten zu können.
    Im ersten der fetten Jahre, sozusagen …
    Wie vergangen diese Jahre waren, darüber legte der heruntergekommene … nein, das war so ein hässliches Wort … der marode Zustand des Hauses insgesamt Zeugnis ab. Ganz besonders tat dies das Signet an der fast farblos gewordenen Fassade: Es war beinahe bis zur Unkenntlichkeit verblasst, und abgebröckelter Putz hatte die Hälfte davon ausgelöscht.
    Die Funzel über der Haustür gab gerade genug Licht, um den Briefkasten erkennen zu lassen. Nichts als Wurfsendungen steckten darin; ein Hohn eigentlich, dass jemand glaubte, in diesem Haus wohnten Leute, die sich leisten könnten, was in den Prospekten angepriesen wurde.
    Im

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