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Das Prometheus Mosaik - Thriller

Das Prometheus Mosaik - Thriller

Titel: Das Prometheus Mosaik - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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Sterbebett ihres Sohnes zurückzuholen. Stattdessen senkte er den Blick auf seine Hände, betrachtete sie lange und ballte sie zu Fäusten. Es waren Hände, in denen das Zeug lag, ein Wunder zu bewirken, wie es hier vonnöten war.
    Obwohl er Wissenschaftler war, glaubte er an eine ursprüngliche schöpferische Allmacht – oder vielleicht auch, gerade weil er Wissenschaftler war. Als solcher wusste er, dass es eine Grenze gab, hinter der der menschliche Verstand nicht mehr ausreichte, um zu begreifen. Und so glaubte er auch, dass Gott es gewesen sein mochte, der ihm dieses Zeug in die Hände gelegt hatte: eine einzigartige Gabe, die zu nutzen und anzuwenden nun seine Aufgabe war.
    Dieser Herausforderung hatte er sich in seinem Beruf gestellt, und er war auf dem besten Wege, sie zu meistern – wenn man ihn nur gewähren ließe. Doch immer wieder wurden ihm Hürden in den Weg gestellt, von der Öffentlichkeit und seinen Kollegen gleichermaßen.
    Ignoranten, dachte der Mann. Ignoranten, die sich weigern, über den heutigen Tag hinauszuschauen.
    Selbst jemand wie Paul Berg, einer der Pioniere auf seinem Fachgebiet, ein Mann, den er von Anfang an auf seiner Seite gewähnt hatte, forderte seit neuestem ein Moratorium für Forschungen, wie er sie selbst betrieben hatte. Er sei an einem Punkt angelangt, an dem ihm die Aussicht auf die Zukunft Angst bereite, hatte Berg erklärt. Das war lächerlich. Und es war eine Anmaßung, nicht nur jenen Wissenschaftlern gegenüber, die mit ihm in diese Richtung strebten, sondern auch eine Bevormundung all jener Menschen, denen die Resultate solcher Arbeit eines Tages das Leben erleichtern oder sogar retten mochten.
    Wie unserem Jungen …
    Der Mann schämte sich. Anstatt mit unsichtbar gefesselten Händen an diesem Bett zu hocken, hätte er aufstehen müssen … nein, er hätte gar nicht hier sitzen dürfen, sondern hätte längst am Werk sein sollen, mehr noch, eigentlich müsste er es schon getan haben, um vorbereitet zu sein für einen Fall wie diesen. Dann hätte er jetzt nur noch zugreifen müssen, um dem Jungen zu helfen.
    Doch er hatte es sich verbieten lassen. Er war inkonsequent gewesen, feige. Und jetzt fehlten ihm schlicht die Mittel dazu. Der Wille war da, so stark wie nie – nur wo hätte er es tun, wie alles Nötige in die Wege leiten sollen?
    Unmöglich …
    Das Wort, welches er verachtete und erfolgreich aus seinem Denken verbannt hatte, traf ihn nun wie ein Hammerschlag hinter die Stirn. Er schloss die Augen, atmete ein paar Mal tief durch und spürte, wie sich die beginnende Rage in seinem Innern wieder legte.
    Bisher hatte er Berg und andere seines Schlages nicht verstehen können. Doch hier, an der Seite seines todgeweihten Sohnes, begriff er endlich. Jetzt wusste er, was Berg und all seinen Gesinnungsgenossen fehlte: ein ureigener Grund, dorthin vorzustoßen, wo noch kein anderer Mensch sich hingewagt hatte. Eine persönliche Motivation, wie er sie nun besaß.
    Er wollte das Leben seines Sohnes retten. Und er hätte es wohl gekonnt, wenn man ihm nur erlaubte, das zu tun, was er für möglich hielt und was er mit seiner Gabe erreichen konnte. Nur ließ man ihn nicht. Moral und Gesetze banden ihm die Hände – so lange jedenfalls, wie er an einem staatlich finanzierten Forschungsinstitut tätig war und damit, mehr oder weniger, im Licht der Öffentlichkeit stand. Bisher hatte er geglaubt, er selbst, sein Wissen und auch die Neugier, die ihn wie ein Motor antrieb, seien dort am besten aufgehoben, weil seine Forschungen in einer solchen Position von größtem Nutzen sein konnten. Die Erfolge, die in Einrichtungen dieser Art erzielt wurden, kamen über kurz oder lang allen Menschen zugute und füllten nicht in erster Linie irgendwelchen Vorstandsmitgliedern, Aktionären und den Forschern selbst die Taschen, wie es in der freien Wirtschaft der Fall war.
    So hatte er bisher gedacht.
    Jetzt wünschte er sich, er hätte eines der lukrativen Angebote angenommen, die man ihm in den vergangenen Jahren unterbreitet hatte, als sein Name und Ruf die Runde gemacht hatten. Erst vor ein paar Wochen hatte er, edelmütiger Narr, der er war, wieder eines abgelehnt. Hätte er nur zugesagt, würde er vielleicht jetzt schon an einer potenziellen Rettung seines Sohnes arbeiten, anstatt ihm tatenlos beim Sterben zusehen zu müssen.
    »Lass ihn nicht sterben.«
    Diesmal galten die Worte seiner Frau eindeutig ihm. In Gedanken versunken, hatte er nicht bemerkt, dass sie sich ihm zugewandt

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