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Das Prometheus Projekt

Das Prometheus Projekt

Titel: Das Prometheus Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker C Dützer
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anstellen sollte. Aber eines begriff sie sofort: Sie wollte so ein Gerät haben, denn damit konnte man mit der Welt in Verbindung treten. Und es war klein genug, um es verstecken zu können.
    Andy sah das Begehren in ihren Augen. „Ich kann dir eins mitbringen. Ich komm’ gerade billig an welche dran. Mein Kumpel hat eine Ladung davon aus irgendeiner Konkursmasse besorgt.“
    Miriam schlug die Augen nieder und gab ihm widerstrebend das Handy zurück. „Ich kann es nicht bezahlen.“ Sie wandte sich wieder dem Fenster zu.
    „Oh“, sagte er. „Verstehe.“
    Miriam starrte auf die blanke Glasscheibe. Sie war fertig mit dem Fenster.
    „Weißt du was? Ich schenk’ dir eins.“
    Miriam blickte überrascht auf. Ihr Herz klopfte wild aus Furcht, sie könnte sich verhört haben.
    „Ich beobachte dich schon ne ganze Weile“, sagte Andi. „Ich glaube, du bist nicht gerne hier. Eben habe ich dich zum ersten Mal lachen sehen.“
    „Das ist mein Zuhause“, antwortete Miriam trotzig.
    „Ich hab’ auch ein Zuhause. Trotzdem kann ich gehen, wohin ich will. Niemand darf dich hier festhalten, wenn du nichtwillst.“
    „Oh, wir gehen oft fort, machen Ausflüge“, beeilte sich Miriam zu sagen und wrang die letzten Wassertropfen aus dem Fensterleder, aber selbst in ihren eigenen Ohren klang es nach einer Ausrede.
    „In die nächste Kirche, wette ich“, erwiderte Andi.
    Miriam schluckte. Sie hatte plötzlich Mühe, die Tränen zurückzuhalten.
    Andi bereute seinen Sarkasmus. Dieses Mädchen hatte nicht genug Selbstbewusstsein, um mit seiner zynischen Bemerkung umgehen zu können. Sie hatte überhaupt kein Selbstbewusstsein.
    „Ein hübsches Mädchen wie du sollte nicht in diesem muffigen Kloster eingesperrt sein!“, hörte er sich sagen.
    Miriam schoss das Blut ins Gesicht.
    „Ich kann sowieso nichts mit so einem Händi-Dings anfangen“, sagte sie verlegen.
    Andi lächelte. Miriam sah ihn an. Sie sah ihn gerne an, weil er lächelte. Nicht nur seine Mundwinkel wanderten nach oben, sein ganzes Gesicht war vergnügt. Er hatte Recht: Hier lachte niemand auf diese Weise.
    „Ich zeig’ dir, was du damit alles anstellen kannst“, sagte er verschwörerisch. „Wir haben noch ein paar Tage hier zu tun. In der Zeit lernst du das spielend.“
    Miriam hörte Schritte am Ende des Korridors. „Die Seelenhüterin kommt“, sagte sie hastig. „Sie will nicht, dass wir mit den Handwerkern reden.“
    „Die Seelen … was?“ Andis Miene verdüsterte sich, aber er schluckte eine Bemerkung hinunter. Indem er Streit anfing, konnte er das hübsche blonde Mädchen mit den durchdringenden blauenAugen bestimmt nicht beeindrucken.
    „Komm heute Abend um sieben zum Ende des Parkplatzes, dorthin, wo die drei großen Eichen stehen. Ich bring’ dir ein Handy mit.“ Er verschwand unter der Fensterbrüstung und hob sein Werkzeug auf. Miriam fand keine Zeit mehr für eine Antwort. Schnell schloss sie das Fenster und hob den Eimer an.
    „Mit wem redest du da?“ Die Seelenhüterin war unbemerkt näher gekommen. Miriam zuckte zusammen. „Mit niemandem“, sagte sie. Die strenge Frau öffnete misstrauisch das Fenster und beugte sich hinaus. Doch das Gerüst war leer.
    „Es ist gleich Essenszeit. Trödle nicht herum. Wasch dir die Hände und komm zu den anderen in den Speisesaal.“
    Miriam trug den Eimer in den Keller und verstaute ihr Handwerkszeug wieder in der Kammer neben dem Heizungsraum. Dann stieg sie wieder hinauf ins Erdgeschoss. Auf dem Gang traf sie die anderen. Miriam beobachtete sie stumm. Seit Josua sich ihr anvertraut und von seinen Reisen erzählt hatte, spürte Miriam eindringlich, dass ihr etwas fehlte. Dieses Leben hatte sie nie erfüllt, aber da sie nichts anderes kannte, hatte sie keinen Vergleich gehabt. Josua hatte begonnen, ihr die Augen zu öffnen. Und nun erkannte sie, dass der Beginn des Vergleiches zugleich das Ende der Zufriedenheit war.
    Miriam warf den anderen Sektenmitgliedern verstohlene Blicke zu. Sie plapperten fröhlich und strebten dem Speisesaal zu wie eine Herde Lemminge; die Frauen in ihren formlosen, einfarbigen Kleidern und die Männer zumeist in der Arbeitskleidung, die ihre entsprechende Tätigkeit gerade erforderte. Miriam wusste, dass die Erwachsenen dieses Leben freiwilligführten. Sie hatten sich bewusst von der Welt abgewendet, weil sie ein einfaches Leben suchten. Auch wenn alle hart arbeiten mussten und auf die meisten Annehmlichkeiten der modernen Zivilisation verzichteten, strahlten ihre

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