Das Prometheus Projekt
Adrian.
Wilson warf die halbgerauchte Zigarette ins Feuer. Er wollte aufspringen, zuckte aber zurück, weil ihn seine Verkrüppelung daran hinderte. Er griff nach der Prothese und befestigte sie an seinem Bein.
„Das Volk liebt das Schauspiel des frommen Mannes! Die Regeln, die Gebote sind sein Brot! Helfen Sie mir auf, Jones!“ Der Söldner stützte Wilson, der mühsam auf die Beine kam. Erregt begann er auf und ab zu laufen. „Die großen Aufgaben verteilt Gott nur an die Auserwählten; an Menschen, die genug Verstand besitzen, um zu begreifen, was Er von ihnen verlangt. Immense Verantwortung ist damit verbunden, und große Opfer.“ Er senkte den Kopf und rieb sich das Bein.
„Aber nur die, die sich nicht beirren lassen, werden diesen Weg zu Ende gehen!“
Adrian schloss die Augen. Es war schlimmer, als er vermutet hatte. Das steckte also hinter Brads fanatischem Eifer, seine Gegner mit allen Mitteln aus dem Weg zu räumen. Er dachte an Mike, an den IRAK – es war nicht nur Rache, die Brad antrieb, es war religiöser Fanatismus, die schrecklichste Antriebskraft des beginnenden 21. Jahrhunderts.
„Und du kennst Gottes Plan?“, fragte er vorsichtig.
„Ja.“ Wilsons Augen glitzerten. „Es wird Zeit, dass sich Seine Schöpfung von dem starren Korsett befreit, in das Er siegezwängt hat. Und wir haben die Mittel und Wege dazu. Alles was uns daran hindert, ist eine überkommene Moral!“
Adrian runzelte die Stirn. Wilson war kein Wissenschaftler. „Warst du an dem Projekt in der Schweiz beteiligt?“
„Ich hatte den Auftrag, eine Weile zu beobachten, wie weit sie kommen würden. Schließlich brachte die DARPA einen erheblichen Teil der Gelder auf. Und du weißt, das Uncle Sam nichts umsonst gibt!“
Wilson trat an den Kamin und wärmte seine Hände. „Ein paar wirklich gute Köpfe sind dabei. Ich besorgte mir die finanziellen Mittel, um sie abzuwerben.“ Er warf Brandt einen Blick zu. Der Wissenschaftler lag auf einer Couch unweit des Kamins. Er war totenbleich. Jones hatte das verletzte Bein abgebunden, aber Brandt brauchte dringend einen Arzt.
„Bei einigen Mitarbeitern musste ich ein wenig nachhelfen. Das ist nicht weiter schwer, wenn man genug Informationen besitzt.“
„Janson“, stieß Adrian hervor.
„Janson ist ein Idiot, ein kleines Licht. Aber immerhin war er ein nützliches Glied in der Kette.“ Wilson humpelte zu seinem Sessel und setzte sich wieder. „Ist dir Professor Alfred Hussek ein Begriff?“ Wilson blickte ihn fragend an. „Hussek ist ein Genie, auch wenn er krank ist. Er hat Angst vor seinem eigenen Schatten!“
„Warte“, sagte Adrian plötzlich. „Ich habe über ihn gelesen. Hussek ist Informatiker. Hat er nicht eine völlig neue Generation von Computern angekündigt?“ Adrian überlegte. „Aber er musste dementieren. Sein Optimismus erwiessich als voreilig.“
Wilson verzog den Mund zu einem Schmunzeln. „Die Welt braucht nicht immer zu erfahren, was machbar ist. Hussek ist ein Genie. Sein Prototyp eines Quantencomputers ist millionenfach leistungsfähiger als alles, was wir bis jetzt kennen. Er beschritt völlig neue Wege.“ Wilsons Augen blitzten. „Weißt du, was ein Savant ist?“
Adrian nickte. „So eine Art Autist mit einer unglaublichen Begabung.“
„Husseks Erkrankung tritt nur schubweise auf“, erklärte Wilson. „Dazwischen führt er ein ganz normales Leben. Aber wenn so ein Anfall auftritt, ist er unglaublich kreativ – wenn man ihn zu steuern weiß! Wir schafften es, die Krankheitsschübe bei Hussek künstlich zu erzeugen – das entsprach einer gewaltigen Produktivitätssteigerung!“
Adrian wandte sich angewidert ab. „Ihr seid krank!“
Wilson blickte verächtlich auf ihn herab. „Ich wusste, du verstehst es nicht. Das ist der Grund, warum du an diesen Stuhl gefesselt bist und nicht ich!“
„Was habt ihr mit Christina gemacht?“
Brad Wilson breitete in einer theatralischen Geste die Arme aus. „Das Leben ist angefüllt mit Zufällen. Der große Drehbuchschreiber über uns hat einen Hang zum Sarkasmus, findest du nicht?“ Er wandte sich kurz zu Brandt um. „Endlich hatte ich ein Team um mich versammelt, mit dem sich etwas anfangen ließ – das beste Team!“ Wilson grinste sardonisch. „Ich will dich nicht länger auf die Folter spannen.“
Wilson begann von den Anfängen des Projektes zu berichten, von den Misserfolgen und den unzähligen Fehlschlägenbis zu dem Tag, an dem sein Ziel in greifbare Nähe gerückt war.
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