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Das Prometheus Projekt

Das Prometheus Projekt

Titel: Das Prometheus Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker C Dützer
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Mutter.“
    „Maria litt unter einer Persönlichkeitsspaltung. Sie war schizophren, aber das wissen Sie sicher.“
    Sehner nickte zustimmend. „Wie äußerte sich die Krankheit bei ihr?“
    Frau Röhler blickte aus dem Fenster und zog die Gardine zurecht. „Sie hatte religiöse Wahnvorstellungen. Maria wuchs in einem streng katholischen Elternhaus auf. Wenn ihre Eltern die Krankheit früher erkannt hätten, wäre sie wahrscheinlich besser behandelbar gewesen, aber stattdessen trichterten sie ihr all dieses verrückte Zeug ein. Wenn ich mich recht erinnere, musste sie als Kind sogar mehrfach einen Exorzismus über sich ergehen lassen.“
    „Aber das ist seit mindestens dreißig Jahren in Deutschland verboten“, warf Sehner ein.
    Sie blickte ihn mitleidig an. „Herr Kommissar, muss ich Ihnen erklären, dass die Menschen nicht immer nur das tun, was ihnen erlaubt ist?“
    Sehner brummte zustimmend.
    „Es war kein Wunder, dass sich die Schizophrenie in Richtung eines religiösen Wahns entwickelte“, fuhr sie fort. „Als Josua sieben Jahre alt war, wurde es immer schlimmer mit ihr. Sie war mit dem Jungen und dem Haushalt vollkommen überfordert.“
    „Welcher Art waren ihre Wahnvorstellungen genau?“, fragte Sehner.
    „Sie hatte Visionen vom nahen Weltende und begann überall Dämonen und Teufel zu sehen. Später glaubte sie, dass Gestalten auf sie lauerten, wenn sie das Haus verließ - Ausgeburtender Hölle -, aber in Wirklichkeit nur Hirngespinste ihres kranken Verstandes. Irgendwann weigerte sie sich, das Haus zu verlassen. Ab da konzentrierte sich ihr Wahn auf den eigenen Mann. Sie begann ihn für den Teufel zu halten.
    Ich kann mich an einen Abend kurz vor der Katastrophe erinnern, als Roland völlig verzweifelt zu mir kam. Er berichtete mir, dass Maria wie ein stummer Racheengel durch das Haus geisterte. Ständig ging sie ihm nach, ein Kruzifix in ihren gefalteten Händen. Wenn er sich zu ihr umdrehte, starrte sie ihn nur an und begann zu beten. Er hielt das nicht mehr aus.“
    „Warum hat er seine Frau nicht in eine Klinik einweisen lassen?“
    Hildegard Röhler blickte ihn erstaunt an. „Aber Sie sind doch Polizist. Sie müssen doch wissen, dass das nicht so einfach ist. Man kann niemand gegen seinen Willen in eine geschlossene Anstalt einliefern lassen!“
    „Wenn er eine Gefährdung für sich und seine Mitmenschen ist, schon“, antwortete Sehner.
    „Wenn Sie die Akte studiert haben, werden Sie wissen, dass die Erkrankung bei Maria Kazaan schubweise auftrat. Wenn Fremde zugegen waren, konnte sie sich völlig normal verhalten. Das gehört zum Wesen dieser schrecklichen Krankheit.“
    Sie strich über die Tischdecke, als müsse sie ihre Hände beschäftigen. „Roland erzählte mir an jenem Abend unter Tränen, sie behauptete, er habe ihre Seele gestohlen.“
    Sehner horchte auf. „Wie meinte sie das?“
    Sie zuckte mit den Schultern. „Wer weiß schon, was in ihremkranken Kopf vorging? Am übernächsten Tag geschah es dann.“
    Sehner nickte. Er hatte es gelesen. Maria Kazaan hatte ihren Mann mit einer Axt erschlagen. Der kleine Josua hatte sich im Schrank versteckt und alles mit ansehen müssen.
    „Sie hat ihn regelrecht ausgeweidet. Offenbar war sie fest davon überzeugt, Roland habe sich ihre Seele einverleibt. Verstehen Sie? Sie hat danach gesucht!“
    „Davon stand nichts in dem Bericht“, überlegte Sehner. „Wie war das genau mit Josua?“
    „Maria hat ihn entdeckt, als er sich aus seinem Versteck wagte, um zu fliehen. Sie hat ihn mit der blutverschmierten Axt durch das ganze Haus verfolgt. Schließlich gelang es ihm, durch ein Fenster im ersten Stock auf das Garagendach zu klettern. Er versteckte sich auf dem Dachboden der Garage hinter all dem Gerümpel, das dort stand.“
    „Maria Kazaan beging Selbstmord“, sagte Sehner.
    „Ja. Sie erhängte sich. Ich hatte Roland meine Hilfe zugesichert. Wir wollten an jenem Abend beraten, wie wir Maria in eine Klinik einweisen konnten. Wir hatten vor, ihr eine Falle zu stellen, damit sie sich verriet, wenn ein Arzt zugegen war. Aber Roland kam nicht. Da er immer sehr zuverlässig war, machte ich mir Sorgen. Als er gegen neun Uhr abends immer noch nicht da war, beschloss ich, nach dem Rechten zu sehen.“
    Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen, als wolle sie die schrecklichen Bilder vertreiben, die vor ihren Augen wieder auftauchten. „Roland hatte mir am Tag zuvor einen Schlüssel zum Haus gegeben. Vielleicht hatte er geahnt, dass es

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