Das Prometheus Projekt
zwar möglichst schnell. Und stellen Sie um Gottes Willen die Kompetenz dieses Mannes nicht in Frage. Wenn Sie Wilson herausfordern, verspreche ich Ihnen, dass Sie Ihre Pension aufs Spiel setzen, und mehr als das: Denken Sie an Ihre Frau!“
Sehner lief dunkelrot an. „Lassen Sie meine Frau aus dem Spiel! Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind? Sie können sich genauso wenig wie ich oder der Polizeipräsident über unsere Gesetze und Vorschriften hinwegsetzen!“
„Ach nein?“, fragte Schmidtbauer. „Mag sein. Aber glauben Sie mir, Wilson kann es und er macht es. Ersparen Sie mir dieEinzelheiten. Befolgen Sie einfach seine Anweisungen!“
Sehner platzte der Kragen. „Die Privatarmee dieses Scheißamerikaners ballert mit automatischen Waffen hier im Wald herum! Und da wollen Sie mir vorwerfen, ich hätte meine Kompetenzen überschritten?“
„Halten Sie den Mund, Sehner. Sie kehren jetzt sofort an Ihren Schreibtisch zurück und finden diesen Serienkiller! Ich gebe Ihnen vierundzwanzig Stunden Zeit, dann liefern Sie mir eine heiße Spur, oder ich kann für nichts mehr garantieren. Haben Sie das verstanden, Sie verdammter Dickschädel?“ Sehner setzte zu einer hitzigen Antwort an, aber es klickte in der Leitung. Der BKA-Mann hatte aufgelegt.
Zwei Stunden später saß Sehner brütend in seinem Büro. Er war in seiner langen Laufbahn noch nie derart abgekanzelt worden. Wilsons Verbindungen mussten bis in die allerhöchsten Kreise reichen, wenn er derartige Freiheiten genoss. Oder Schmidtbauer hatte sich ebenfalls in Wilsons klebrigem Spinnennetz verfangen. Welchen dunklen Fleck in Schmidtbauers Lebenslauf mochte der Amerikaner gegen ihn der Hinterhand haben? Wenn Wilson sogar das BKA in die Tasche steckte, was wäre da leichter, als einen kleinen Kriminalkommissar für seine hochfliegenden Pläne zu verheizen?
Sehner stand wütend auf und ging zur Kaffeemaschine, die im Akkord schuftete. Er konnte diesen Fall so nicht lösen. Alle Spuren führten zu Sykes und seiner Frau. Vor einer halben Stunde hatte ihn die Meldung erreicht, dass gestern Abend Sykes’ Wagen in der Tiefgarage der Robert-Koch-Klinik indie Luft geflogen war. Und dann erwischte er Wilson mit einem Benzinkanister in der Hand vor Sykes’ brennendem Haus! Wilson und Sykes gehörten untrennbar zusammen. Wenn er diesen vertrackten Fall lösen wollte, musste er herausfinden, was die beiden verband.
Das Telefon klingelte schrill. Sehner nahm den Hörer ab. „Wann machst du Mittagspause, Edgar?“, fragte Engelmann.
„In einer halben Stunde. Hast du etwas Neues für mich?“
„Indirekt“, antwortete Engelmann. „Treffen wir uns im Park.“
Sehner legte auf und fieberte der Pause entgegen. Im Gegensatz zu Sehner kannte sich der Pathologe mit Computern gut aus, auch wenn er nur ein Jahr jünger als Sehner war. Außerdem fand Engelmann immer wieder ausgefallene Mittel und Wege, um an Informationen zu gelangen, die auf legalem Weg nicht zu erlangen waren. Und die Dinge, die Sehner hatte wissen wollen, konnte er nicht selbst recherchieren, ohne dabei aufzufallen. Sehner starrte einen Moment auf den dunklen Computerbildschirm. Hoffentlich hatte Wilson seine schleimigen Finger nicht schon im gesamten Computernetz ausgebreitet.
Sehner warf sich den Mantel über die Schultern und trabte die Treppen hinunter. Er entwickelte bereits einen Verfolgungswahn.
Einen knappen Kilometer hinter dem Polizeirevier lag der kleine Stadtpark, in dem er mit Engelmann manchmal spazieren ging, um über Gott und die Welt zu plaudern. Aber heute würde es um ernstere Dinge gehen.
Engelmann saß bereits auf einer Bank und genoss die herbstliche Sonne, die nach tagelangen Regenfällen endlich eineLücke zwischen den tief hängenden Wolken fand. Sehner setzte sich zu ihm.
„Mahlzeit!“, begrüßte ihn Engelmann.
Sehner warf einen kritischen Blick auf Engelmanns Brotdose. In der Plastikschale lagen zwei kleine Tomaten. Engelmann grub gerade seine Zähne in eine dünn geschnittene Brotscheibe, bei deren Anblick Sehners Hals trocken wurde. Engelmann hatte die Scheiben bestimmt schon wieder zum dritten Mal aufgetoastet, und das Brot stammte wahrscheinlich noch vom Wochenende.
„Ich verstehe nicht, wie du davon satt wirst“, sagte Sehner.
„Das ist eine Frage der Einstellung“, erwiderte Engelmann kauend. „Wissenschaftler haben herausgefunden, dass geringe Kalorienzufuhr ein längeres Leben bedeutet.“ Der Pathologe drehte den Kopf und schielte auf Sehners
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