Das Rachespiel: Psychothriller (German Edition)
nur von diesem Wahnsinnigen aus, der sie in der Bunkeranlage eingeschlossen hatte. Er beobachtete Torsten genau, versuchte in seinem Gesicht zu lesen, was in ihm vorging. Er sah, wie sich Torstens Augen verengten. »Was ist das denn für eine blödsinnige Frage? Was spielt es für eine Rolle, womit dieser Irre zugeschlagen hat?«
»Mir ist saukalt«, jammerte Jens. »Ich kann mich kaum noch bewegen. Meine Stirn tut höllisch weh, und ich habe Kopfschmerzen. Können wir endlich zurückgehen in dieses Zimmer mit dem Tisch? Vielleicht können wir ja ein Feuer machen? Hat jemand von euch ein Feuerzeug dabei?«
Frank wunderte sich über Jens’ Naivität. »Das ist keine gute Idee. Wir sind hier in einem Atombunker, es gibt mit Sicherheit überall Rauchmelder. Stell dir vor, die gehen los, und wir können sie weder abstellen, noch kommen wir hier raus.«
»Ein Feuer«, kommentierte Torsten verächtlich. »Nachdenken war noch nie deine Stärke, Kupfer.« Dann wandte er sich an Manuela und streckte die Hand aus.
»Gib mir das Stethoskop.«
Damals …
»Seht ihr, ich hab euch doch gesagt, das macht der nie.« Fozzie schaut beifallheischend von einem zum anderen, doch keiner der drei teilt seine offensichtliche Freude. »Ihr werdet sehen, jetzt haben wir Ruhe vor ihm.«
Fränkies Blick ist noch eine Weile auf die Stelle gerichtet, an der Festus mit hängenden Schultern um die Ecke verschwunden ist. Schließlich wendet er sich als Erster ab und geht zurück in das halbverfallene Büro, das ihr Hauptquartier ist. Etwas in seinem Bauch fühlt sich seltsam an, auf einmal ist er schlapp, hat keine Energie mehr. Jeder Schritt fällt ihm schwer. Er kennt dieses Gefühl, das hat er auch, wenn er seine Eltern mal anlügen muss, um einer Strafe zu entgehen.
»War vielleicht doch keine gute Idee«, sagt er leise und lässt sich auf den alten Sessel fallen, aus dessen Sitzfläche auf der rechten Seite eine Feder hervorsteht.
»Der arme Kerl, er tut mir richtig leid«, pflichtet Manu ihm bei.
»Der arme Kerl, er tut mir richtig leid …«, äfft Fozzie sie nach. »Hey, der arme Kerl nervt uns schon seit Wochen mit seinem dämlichen Gestammel. Schon vergessen?« Als wolle er der Erinnerung der anderen auf die Sprünge helfen, steht er auf, steckt sich die Hände in die Taschen und zieht die Hose dann so hoch es geht, was ziemlich dämlich aussieht. Gleichzeitig beugt er sich mit tief herabhängenden Schultern ein Stück nach vorne und verzieht den Mund zu einem schiefen Grinsen. »Festus will mitmachen. Mitmachen. Zweifünf.« Seine Stimme klingt tatsächlich fast wie die von Festus. »Zweifünf, zweifünf …«, wiederholt er immer wieder und klatscht dabei lachend in die Hände. Kupfer ist der Erste, dessen Mund sich zu einem Grinsen verzieht, dann kann auch Fränkie sich trotz des blöden Gefühls ein Lachen nicht mehr verkneifen, und schließlich stimmt auch Manu mit ein. Irgendwann beendet Fozzie seine Vorstellung und lässt sich prustend auf die Schaumstoffmatratze fallen, die neben dem Sessel auf dem staubigen Boden liegt.
Als sich endlich alle wieder beruhigt haben, sagt Fränkie: »Trotzdem war es nicht richtig. Aber was soll’s, Fozzie hat schon recht, wahrscheinlich wird Festus es jetzt aufgeben, bei uns mitmachen zu wollen. Na ja, ich muss jetzt jedenfalls nach Hause, sonst bekomme ich Ärger.«
Das seltsame Gefühl in Fränkies Bauch verschwindet auf dem Nachhauseweg nach und nach, und als sein Vater während des Abendessens den Vorschlag macht, dass sich anschließend alle zusammen einen Videofilm auf ihrem brandneuen Videorekorder ansehen, hat er Festus und die dämliche Mutprobe schnell komplett vergessen.
Am nächsten Morgen wird Fränkie von einem unangenehmen Rütteln geweckt, und es dauert eine Weile, bis er es schafft, die Augen zu öffnen. Seine Mutter sitzt auf dem Bettrand und sagt unentwegt seinen Namen. »Hör auf«, mault er und versucht sich wegzudrehen, aber die Hand seiner Mutter hält ihn an der Schulter fest. »Frank, du musst aufwachen, es ist wichtig. Frank, hörst du?«
»Warum weckst du mich? Wie spät ist es denn?«
»Es ist halb acht, und gerade hat Herr Köhler angerufen, der Vater von Gerd Köhler.«
Mit einem Schlag ist Fränkie hellwach, lässt es sich aber nicht anmerken, sondern blinzelt seine Mutter nur an. »Der Vater von Festus? Was wollte der denn?«
Fränkie ist auf eine Predigt seiner Mutter gefasst. Was ihnen einfalle, dem armen Jungen eine Mutprobe zu stellen, und
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