Das Rachespiel: Psychothriller (German Edition)
blinzelte zwei-, dreimal, doch es änderte nichts.
Es war unglaublich kalt, und er war verwirrt. Er wusste nicht, wo er sich befand. Sein Herzschlag beschleunigte sich, doch nur für einen kurzen Moment, dann kam die Erinnerung zurück. Der Bunker. Jens, Manuela … Torsten.
Er war niedergeschlagen worden. In seinem Mund hatte sich ein kupferner Geschmack ausgebreitet, und als er bei dem Versuch zu schlucken die Lippen etwas bewegte, brannten sie höllisch. Er lag auf dem Rücken und versuchte sich darüber klarzuwerden, wo er war, und vor allem, wie sehr er verletzt war. Er bewegte den Kopf und spürte wieder die bekannten Schmerzen am Hals und in der Brust. Neu war aber das Pochen an seinem Hinterkopf. Wahrscheinlich war er mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen und hatte sich eine dicke Beule zugezogen. Auch seine Nase tat ihm beim Einatmen weh. Er hob die Hand und tastete vorsichtig danach. Der knubbelige Knick, der schon bei der leichtesten Berührung wehtat und ihm die Tränen in die Augen schießen ließ, sagte ihm genug. Sein Nasenbein war gebrochen.
Unwillkürlich dachte er an Jens und seinen Vater. In diesem Moment konnte er verstehen, dass ein dreizehnjähriger Junge, dem gerade vom eigenen Vater die Nase gebrochen worden war, alles erzählt, um nicht weiter geschlagen zu werden.
Frank versuchte sich aufzurichten, ließ sich aber gleich wieder zurücksinken, weil er die Schmerzen nicht aushielt. Er wartete eine Weile, bevor er einen erneuten Versuch startete, dieses Mal aber sehr langsam und mit einer leichten Drehung des Oberkörpers. Als er es endlich geschafft hatte, sich in eine sitzende Position zu bringen, dachte er an das Telefon. Es musste ihm aus der Hand gefallen sein, als er zu Boden gestürzt war. Frank suchte mit beiden Händen den Boden um sich herum ab, konnte das Gerät aber nicht finden. Die absolute Finsternis war beklemmend, legte sich wie ein eisernes Band um seine Lunge und erschwerte das Atmen. Frank stieß einen Fluch aus, denn als er den Kopf nach vorne beugte, hatte er das Gefühl, ein Schwall Blut schieße ihm in die Nase und drücke mit Gewalt gegen das gebrochene Nasenbein.
Vorsichtig tastete er sich auf dem Boden weiter, bis er an die eisernen Beine des Krankenbetts stieß. Nun wusste er zumindest, dass er sich noch immer in der Krankenstation befand. »Mist«, stieß er leise aus. Es klang, als sei er außer Atem. »Verdammter Mist, wo ist dieses Scheißtelefon!« Seine Hände wanderten weiter über den kalten Betonboden, er krabbelte um das Bett herum und ertastete jeden Zentimeter darunter. Nichts. Es dauerte einige Zeit, bis er glaubte, den gesamten Boden des Raumes abgesucht zu haben. Das Telefon hatte er jedoch nicht gefunden. »Das warst du, Torsten. Fozzie. Ich weiß es.« Er machte eine Pause, lauschte in die Dunkelheit, als würde von dort tatsächlich eine Antwort kommen. »Erst hast du versucht, Jens umzubringen, und dann hast du mich niedergeschlagen und das Telefon mitgenommen. Jetzt habe ich kaum noch eine Chance, diese Aufgaben zu erfüllen, und du kannst in aller Ruhe deine Punkte sammeln, nicht wahr? Was denkst du, wirst du für vier Punkte noch einen Bonus obendrauf bekommen? Ja? Glaubst du das? Oder stellst du dich morgen früh an den Eingang, als Herr über Leben und Tod, und bestimmst, wem du die beiden Punkte gibst, die du nicht mehr brauchst? Ja? Fozzie? Ist es das, was du sein möchtest, du elendiger Wichtigtuer? Der Herr über Leben und Tod?«
Wieder lauschte er in die Schwärze, wartete auf eine Antwort. Aber da war nur Stille.
Während er stumm dasaß und auf etwas wartete, von dem er wusste, dass es nicht kommen würde, überlegte er, dass er gerade Selbstgespräche geführt hatte. Begann er jetzt durchzudrehen? Waren das die ersten Anzeichen dafür, dass er der Situation nicht mehr gewachsen war?
Was sollte er jetzt tun? Wenn er einfach dasitzen und nichts unternehmen würde, bedeutete das in ein paar Stunden seinen Tod. Und den seiner Frau und seiner Tochter. Laura. Sein wunderschönes Kind, das gerade auf dem Weg war, eine junge Frau zu werden. Sie würde sterben, weil ihr Vater aufgegeben hatte.
»Nein«, sagte er laut, und gleich darauf noch einmal, noch lauter: »Nein.«
Er rappelte sich auf, drückte sich vom Boden ab und ignorierte die Schmerzen, die mittlerweile von überall in seinem Körper zu kommen schienen. Schließlich stand er. Die Finsternis umhüllte ihn wie eine Glocke, und als er einen ersten vorsichtigen Schritt mit
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