Das Rachespiel: Psychothriller (German Edition)
fiepend davonhuschte. Manuela klammerte sich sofort an seinem Arm fest und flüsterte: »Bleib dicht neben mir. Die machen mich verrückt.«
Frank wandte sich nach rechts, von dem Raum weg, von dem aus man die Schleuse erreichte, weil er sich vorstellen konnte, dass Torsten sie dort zuerst suchen würde. Oder besser ihn, denn schließlich wusste Torsten noch nicht, dass Manuela sich befreit hatte und wieder bei ihm war. Das konnte ein Vorteil sein, später, wenn sie sich einen Plan überlegten, um Torsten zu überrumpeln. Manuela sagte hinter ihm etwas, das Frank nicht verstand. Er machte ein zischendes Geräusch, damit sie still war.
Ihm wurde erneut bewusst, was für ein beklemmendes Gefühl es war, sich in absoluter Finsternis in einer ungewohnten Umgebung vorwärtszubewegen. Frank tastete mit der ausgestreckten Hand die Wand neben sich ab und setzte dabei ganz langsam und vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Er konnte jederzeit auf ein Hindernis stoßen.
»Wo gehen wir hin?«, flüsterte Manuela, und dieses Mal sagte sie es so, dass er es verstand. Frank hielt an und wandte sich zu ihr um. Auch er senkte die Stimme. »Wir suchen eine Gabelung oder eine Kreuzung des Ganges, dann haben wir mehrere Möglichkeiten zu verschwinden, wenn Torsten auftaucht.«
Etwa eine Minute später blieb Frank abrupt in Höhe einer Tür stehen, griff mit der Hand nach hinten und zog Manuela mit sich in die Nische. Dort tastete er ihr übers Gesicht und legte ihr schließlich eine Hand auf den Mund. Sie verstand und verhielt sich vollkommen still.
Irgendwo in der Schwärze vor ihnen glaubte Frank, ein Geräusch gehört zu haben, das nicht von den Ratten stammen konnte. Es hatte sich angehört wie ein Murmeln, eine menschliche Stimme.
Frank lauschte hochkonzentriert, vier Sekunden, fünf … dann war die Stimme wieder da, und sie war höchstens noch drei oder vier Meter von ihnen entfernt.
35
– 05 : 44 Uhr
»Verdammte Scheißdunkelheit«, fluchte Torsten, und er bemühte sich offenbar gar nicht erst, leise zu sein.
Er kam langsam auf sie zu, schien sich auch an der Wand entlang vorwärtszutasten.
Franks Herz raste und schlug so heftig gegen seine Brust, dass er Angst hatte, Torsten könnte es hören. Sie konnten nicht mehr weglaufen, dazu war es zu spät. Er hörte einen weiteren, schlurfenden Schritt, Torsten kam näher. Er konnte höchstens noch zwei Meter entfernt sein. Frank hörte jeden seiner schweren Atemzüge und hielt selbst den Atem an. Der nächste Schritt, dann … Stille. Torsten war stehen geblieben. Sein Atem war kaum noch zu hören. Er lauschte in die Dunkelheit hinein, da war Frank sicher. Wahrscheinlich spürte er, dass er nicht alleine in dem Gang war. Gleich würde er nach allen Seiten tasten. Es war nur eine Frage von Sekunden, bis er Manuela oder ihn berührte. Sie konnten nicht mehr warten, sie mussten …
Ein dumpfer Knall von schräg unten ließ Frank ebenso wie Manuela zusammenzucken, gleich darauf stieß Torsten aus: »Scheiße. Ihr elenden Drecksviecher, ich trete euch die verdammten Gedärme raus.« Es folgte ein Geräusch, als spucke er auf den Boden, und er setzte seinen schlurfenden Weg fort. Mit dem nächsten Schritt musste er auf gleicher Höhe mit Frank und Manuela sein. Er bewegte sich an der gegenüberliegenden Wand entlang, aber er brauchte nur einen Arm zur Seite auszustrecken und würde sie berühren.
Schweißtropfen lösten sich von Franks Stirn. Einige rannen ihm kitzelnd über die Nase bis zur Nasenspitze, andere über die Schläfe und die Wange hinunter bis zum Kinn. Er traute sich nicht, sie fortzuwischen, aus Angst, er könnte dabei ein Geräusch machen.
Torsten war nun schon ein Stück an ihnen vorbei, doch Frank wagte erst wieder vorsichtig zu atmen, als er schon fünf, sechs Meter weiter sein musste. Dabei musste er an mindestens einer Tür auf seiner Seite vorbeigekommen sein, ohne sie zu öffnen. Er schien sich also zumindest im Moment nicht für die Räume dahinter zu interessieren.
Als Torsten so weit entfernt war, dass sie seine Schritte nicht mehr hören konnten, entspannte sich Frank wieder etwas. Sie blieben noch einige Minuten stehen, bis sie es wagten, sich wieder zu bewegen und leise zu sprechen.
»O Gott«, flüsterte Manuela. »War das schrecklich! Ich dachte, jetzt ist alles aus!«
»Ja, das war knapp. Aber er scheint auch kein funktionierendes Handy mehr zu haben, er sieht also ebenso wenig wie wir. Das ist ein Vorteil für uns.«
»Und was machen
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