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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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gab es mit dem Neustädter Tor im Süden und dem Möller Tor im Osten gleich zwei Haupteingänge zur Altstadt. Doch an ihnen war, durch Verordnung des Landgrafen, der Zugang für Vieh und Fuhrwerke jeder Art untersagt. Dies führte dazu, dass an den Nebentoren stets ein reges Gedränge aus Menschen, Tieren und Wagen herrschte.
    Das Zwehener Tor im Westen der Stadt, vor dem der Mann mit der tief in das Gesicht gezogenen Kapuze in der Reihe der Wartenden stand, stellte ein besonderes Nadelöhr dar. Es verband die Altstadt mit der Oberneustadt und war daher noch belebter als die anderen Zugänge nach Cassel.
    Plante ein Besucher, sich an den Wachen vorbei Zutritt zur Stadt zu verschaffen, bot das Zwehener Tor dazu die beste Gelegenheit, wenn auch keine gute.
    Das Tor selbst bestand aus einer Außen-und einer Innenanlage. Das Außentor war gleich einem Bollwerk vor die Stadtmauern gebaut. Hatte man es passiert, gelangte man zu einem Wachhaus. Dahinter führte eine Zugbrücke über den Stadtgraben direkt zum Innentor, das zu beiden Seiten von hohen Türmen flankiert war. Am Wachhaus kontrollierten Soldaten die Pässe und bei fremden Besuchern auch etwaige Zeugnisse. Cassel war dafür bekannt, dass die Prüfung von Fremden an den Eingängen besonders streng war. Nur unverdächtigen Personen wurde Einlass gewährt. Selbst diese mussten jedoch eine hohe Steuer entrichten, um ihren Passierschein zu erhalten. Zudem waren die Wachen angewiesen, bei jedem Fremden, der die Stadt betrat, den Namen, das Alter, den Beruf und die Herkunft im Besucherregister schriftlich festzuhalten.
    Er regnete, und der Mantel des Mannes war komplett durchnässt. Schließlich erreichte er das Gewölbe, das von außen durch die Befestigungsanlagen auf die schmale Brücke hinführte und wenigstens Schutz vor dem Regen bot. In dem durch die Mauer geschlagenen Gang war es nicht nur dunkel, sondern auch eng. Eine kleine Herde aus acht Ochsen, die ein Bauer mithilfe zweier Jungen in die Stadt zu treiben beabsichtigte, nahm den letzten Raum. Die Tiere schnaubten ohne Unterlass und scharrten nervös mit den Hufen. Davor wartete eine Frau mit fünf Ziegen, die in dem Gewölbe einen strengen Geruch verbreiteten. Die Wartenden hatten wenig Hoffnung, dass es zügig vorangehen würde, da die Wächter weiter vorn ohne jede Eile den Wagen eines gut gekleideten Fremden kontrollierten.
    Irgendwo hinten scheute ein Pferd, das offensichtlich nicht in die Dunkelheit des vor ihm liegenden Durchgangs eintreten wollte.
    Der Mann, der sich an den Schwanz eines der Ochsen drückte, fiel schon wegen seiner geringen Körpergröße in dem Gemenge nicht weiter auf. Und so blieb auch gänzlich unbemerkt, als er aus seinem Hosenbund einen Dolch zog und ihn dem Ochsen vor sich in den Hinterleib rammte. Das erschrockene Tier machte einen Satz nach vorne und bäumte sich dann unter lautem Brüllen auf. Einer der Jungen, welche die Tiere begleiteten, kam ins Straucheln und fiel zwischen die Hinterläufe eines anderen Ochsen. Dieser geriet dadurch in Panik und trat aus. Nur knapp verfehlten die Hufe den Kopf des Jungen, der laut aufschrie. Jetzt erfasste die Aufregung alle Tiere der Herde, die sich in Bewegung setzte.
    Schreiend versuchten die Wartenden, sich in dem engen Gang vor den durchgehenden Tieren in Sicherheit zu bringen, und drückten sich an die Mauern. Die Unruhe erfasste auch die Ziegen. Zwei von ihnen brachen aus und versuchten unter lautem Gemecker zu fliehen, was die Furcht der Ochsen noch verstärkte. Mit unbändiger Kraft drängten die Tiere durch die Menge in Richtung des Wachhauses. Die Menschen versuchten, vor den sich von hinten nähernden Ochsen die Flucht zu ergreifen, und rannten auf die Brücke zu. Die Wächter, vom Lärm aufmerksam geworden, kannten derartige Situationen und retteten sich mit großen Sprüngen in ihr Wachhaus. Von dort sahen sie tatenlos mit an, wie panische Menschen und Tiere die geöffneten Schlagbäume passierten und auf die Brücke rannten.
    Alarmiert vom Getöse, versuchten nun die hinter der Brücke auf den Türmen des Innentors postierten Wachen, hastig das Fallgitter hinabzulassen, um der rasenden Meute den unkontrollierten Zugang zur Stadt zu versperren. Zwischenzeitlich waren jedoch auch die Pferde, die den am Wachhaus stehenden Wagen zogen, durchgegangen und ebenfalls über die Brücke galoppiert. Der hinter den Pferden gefährlich ins Schlingern geratene Wagen passierte gerade das Innentor, als das von den Wachen gelöste

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