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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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atmen.
    »Wenn ich dieses letzte Seil nun gleich kappen werde, wird dieses von mir erfundene und geschaffene Perpetuum mobile seine Arbeit aufnehmen. Und es wird Euch erlaubt sein, dabei für einen kurzen Augenblick zuzuschauen.«
    Das Publikum klatschte Beifall, doch Orffyreus gebot ihm sogleich mit einer Handbewegung, ruhig zu sein.
    »Dieses Rad dreht sich, seitdem ich es vor nun vierzehn Tagen hier in Draschwitz geboren habe – wenn ich ihm nicht durch die Seile eine kleine Rast gönne. Und es wird sich noch immer drehen, wenn wir alle vor den Schöpfer getreten sind.«
    Bei dem Gedanken an den Tod ging wieder ein Murmeln durch die Reihen. Einige Zuschauer bekreuzigten sich.
    »Keineswegs dient diese meine Erfindung aber nur dazu, die göttliche Kraft sichtbar zu machen«, fuhr Orffyreus fort. »Bedenkt, welchen Nutzen ein solcher Antrieb hat. Wie viele tapfere Leben haben wir in überfluteten Stollen gelassen? Diese Maschine wäre in der Lage, ohne jede Mühe das Wasser aus den tiefsten Tiefen der Bergwerke herauszupumpen!«
    Nun applaudierten alle. Eine wie eine Bäuerin angezogene Frau in der ersten Reihe sprang auf und rief dreimal hintereinander »Bravo«.
    Abermals bedeutete Orffyreus den Anwesenden, sich zu beruhigen. Er war noch nicht fertig. »Sie kann aber auch Lasten heben, ohne dass es ihr Mühe macht und ohne dass sie eine Rast benötigt!«
    Wieder spendeten die Zuschauer Beifall, den Orffyreus nun gewähren ließ. Er schritt zum Rad und deutete darauf.
    »Wie Ihr seht, ist dieses Rad zu schlank, um etwas zu verbergen. Es gibt keinerlei Trick, keine Gauklerei. Nur kann ich das Innere nicht präsentieren, denn ich muss es vor Nachahmung durch Ungläubige schützen. Ich wurde von unserem Herrn auserwählt, um es zu erfinden, und nun ist es meine heilige Pflicht, das Geheimnis zu behüten.«
    Orffyreus entfernte sich mit großen Rückwärtsschritten von der Konstruktion, als plötzlich ein lauter Knall die Anwesenden zusammenfahren ließ. Das letzte Seil hatte dem Ziehen und Zerren des Rades nachgegeben und war gerissen. Zwei kleine Kinder, die eben noch neben der Manege miteinander gespielt hatten, schrien erschrocken auf und begannen zu weinen. Das Rad begann, sich laut knarrend zu drehen, nahm Fahrt auf und ging schließlich in eine beständige Rotation über. In der Scheune waren jetzt nur noch die Geräusche zu vernehmen, die das Rad von sich gab. Aus seinem Bauch ertönte ein regelmäßiges Klopfen, wie Hammerschläge. Dazu knarrte und ächzte das Holz des Rades unter der Last der Bewegung.
    Nachdem Orffyreus die geräuschvolle Arbeit des Rades einen Augenblick auf die Anwesenden hatte wirken lassen, erhob er erneut seine Stimme. »Nun wo es Euch vergönnt ist, die Natur dieses Rades zu bewundern, und wo Ihr sehen könnt, dass es unaufhörlich läuft und keinerlei Anstalten macht, abzubremsen, möchte ich Euch die Gelegenheit geben, Euch in einer Reihe aufzustellen, und zwar dort vor dem Ausgang.« Orffyreus wies mit dem Zeigefinger zu einer Tür im hinteren Teil der Scheune. »Dort wird Euch ein auf Euren Namen lautendes Zertifikat ausgehändigt: eine Urkunde von höchstem Rang, mit dem Euch bestätigt wird, dass Ihr Augenzeuge geworden seid, wie sich dieses Perpetuum mobile von Gottes Gnaden bewegt. Niemand anderes als ich wird Euch dieses Zeugnis ausstellen!«
    Aufgeregt sprangen die Versammelten auf, um einen guten Platz in der Reihe vor dem Ausgang zu ergattern, als gäbe es nicht genug Urkunden zu verteilen. Die Tür wurde aufgerissen, und Sonnenlicht strömte herein. Die Lichtstrahlen fielen genau auf das Rad, das in der Dunkelheit der Scheune wirkte, als würde es selbst leuchten. Vor dem Ausgang stand ein kleiner Tisch mit Schemel, auf dem Orffyreus Platz nahm. Vor ihm lag ein Stapel Papiere und ein Federkiel, daneben stand ein Tintenfass. Während das Rad im Hintergrund gleichmäßig weiter seine Runden absolvierte, fragte Orffyreus jeden, der die Scheune verließ, nach seinem Namen, trug diesen sorgfältig in eine der Urkunden ein und übergab diese mit einer ausladenden Bewegung, wohl versehen mit dem Hinweis, die Tinte auf dem Heimweg behutsam trocknen zu lassen. So arbeitete er die Schlange der Wartenden ab, die sich jedoch nur langsam verringerte. Endlich stand der letzte Besucher vor ihm. Ohne aufzuschauen, erbat Orffyreus auch seinen Namen. Der Mann nannte ihn jedoch nicht, sondern hob beide Hände und begann zu klatschen.
    »Eine sehr gelungene Demonstration, mein aufrichtiger

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