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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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großen Saal sammelten, Gerätschaften aufbauten, Chemikalien anmischten und freudig erregt über die anstehenden Versuche diskutierten, bereitete sich ein Stockwerk höher, in einer kleinen Kammer, der Präsident der Gesellschaft auf den Abend vor.
    Tief gebeugt saß der alte Mann mit dem Rücken zur Tür an einem einfachen Schreibtisch, auf dem sich Bücher stapelten, und schrieb seine Notizen nieder. Eine Perücke verbarg seine weißen Haare und verlieh ihm so ein deutlich jüngeres Aussehen. Die Augen des Mannes erinnerten an die eines Greifvogels; seine lang gezogene, spitze Nase passte ebenfalls in dieses Bild.
    Urplötzlich hielt er inne und lauschte Schritten, die aus dem Flur drangen. Es klopfte leise an der Tür. Auf sein kaum wahrnehmbares »Ja« hin öffnete sie sich nur einen kleinen Spalt, und mit der wendigen Bewegung einer Katze huschte ein Mann hinein. Er war komplett in Schwarz gekleidet und hielt sein Gesicht unter einem Hut mit großer Krempe verborgen.
    »Was gibt es?«, herrschte ihn der Alte am Schreibtisch an, ohne aufzublicken.
    »Sir, ich habe eine Nachricht aus Sachsen empfangen.«
    »Und?«
    »In Sachsen behauptet ein Mann, welcher sich wohl Orffyreus nennt, ein Perpetuum mobile erfunden zu haben. Nach einigen gescheiterten Versuchen scheint er es nun mit einigem Erfolg in der kleinen Stadt Draschwitz vorzuführen.«
    »Und?«, fragte der Alte erneut, drehte sich nun aber zu seinem Gast um und blickte ihn mit unbewegter Miene an.
    »Es heißt, er habe bereits viele Unterstützer. Und einer davon … Also einer, Sir … Wie soll ich sagen … Einer scheint Leibniz zu sein. Unser Informant meldet, dass Leibniz sogar höchstpersönlich einer Aufführung der Maschine beigewohnt habe.«
    Bei der Erwähnung des Namens Leibniz schlug der Alte plötzlich wütend mit der Faust auf den Tisch und schob seine Unterlagen von sich weg.
    »Leibniz, dieser Hund! Dieser Heuchler! Ich verstehe nicht, warum wir ihn in der Society noch dulden. Wir hätten ihn bereits ausschließen sollen, als er mich bestohlen hat!«
    »Es ist nicht bewiesen, Sir …«
    »Zweifelt Ihr etwa an mir?«, schrie der Alte und erhob sich. »Es ist bewiesen, dass ich es war, der das Infinitesimalkalkül zuerst entdeckte! Er hat es abgekupfert!«
    »Ich weiß, Sir«, versuchte der Gast, ihn zu beruhigen.
    Der alte Mann atmete schwer und ließ sich wieder auf seinen Stuhl zurückfallen. Nachdem er sich gesammelt hatte, hakte er nach. »Ein Perpetuum mobile, sagt Ihr? Das ist unmöglich!«
    »Deswegen bin ich hier, Sir.«
    Der Alte rieb sich sein Kinn und überlegte eine Weile. Dann griff er zu einem Blatt Papier, schrieb etwas darauf, faltete es zusammen und reichte es seinem Besucher. »Gebt dies weiter an Willem, er soll sich darum kümmern. Ich glaube, wir haben auch in Sachsen uns treu Ergebene. Er soll einen Anwärter damit beauftragen.«
    »Sehr wohl«, sagte der Besucher und steckte das Papier in eine kleine Tasche, die er am Gürtel trug.
    »Wir haben in der Society beschlossen, dass wir die Erfindung eines Perpetuum mobile nicht dulden werden. Aber diese törichten Gaukler und Taugenichtse sterben niemals aus. Wenn Willem sich um diesen Scharlatan kümmert, soll er Leibniz bei dieser Gelegenheit an unsere Beschlüsse erinnern!«
    »Das wird er, da bin ich sicher.«
    Als der Präsident sich wieder zu seinem Schreibtisch umdrehte und damit die Unterhaltung beendete, schlüpfte der Besucher genauso lautlos aus dem Zimmer, wie er gekommen war. Der Alte seufzte auf. Sein Blick fiel auf eine kleine Standuhr, die vor ihm stand, und er erhob sich. Er griff nach seinem Gehrock, der neben ihm über einem großen Globus hing, und zog ihn mit einiger Umständlichkeit an. Mühsam und entgegen jeder Mode schlossen seine knöchrigen Finger die Knöpfe. Anschließend strich er sorgfältig den Stoff glatt. Nachdem er noch die Perücke vor einem kleinen, hinter der Tür angebrachten Spiegel gerichtet hatte, sammelte er die Notizen vom Schreibtisch zusammen. Sein letzter Griff galt einem schlichten Gehstock, der neben dem Schreibtisch lehnte.
    Begleitet von langen Seufzern machte er sich auf den Weg. Als er sich auf der Treppe nach unten befand, war aus dem großen Versammlungsraum im Erdgeschoss eine fistelige Männerstimme zu vernehmen, die den Anwesenden das Erscheinen des Alten ankündigte.
    »Meine Herren, begrüßt mit mir den Präsidenten der Royal Society, Sir Isaac Newton.«
    Applaus brandete auf.

9
    Der Rauswurf erfolgte kurz und

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