Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
Versuch gab auch sie nach.
»Wer garantiert mir, dass Sie uns laufen lassen und uns nichts tun?«, schrie ich, um Zeit zu gewinnen. Rasch löste ich die zweite Platte, sodass nun ein großes rechteckiges Loch in der Außenwand klaffte.
»Ich garantiere dir nur eins: Wenn du nicht in zwei Minuten hier oben bist, fällt dir deine Freundin auf den Kopf, und wir kommen uns das Teil selbst holen! Los jetzt!«
Während der Mistkerl sprach und dann auf mich wartete, entfernte ich zwei weitere Platten. Zum Glück übertönte der gegen die metallene Statue prasselnde Regen den Lärm meiner Bemühungen, die Platten zu lösen. Meine Hände schmerzten, mein Rücken brannte immer noch von meinem Sturz, und meine Hose war durchgeweicht von der Mischung aus Wasser, Schlamm und Fledermausmist.
»Okay, ich komme!«, rief ich. Das Loch war nun groß genug, um sich hindurchzuzwängen.
»Mach die Taschenlampe an, damit wir dich sehen können!«, schallte es von oben herab.
»Ich versuche es, doch ich glaube, die Batterie ist leer!«, entgegnete ich.
Ich zwängte meinen Oberkörper durch die Öffnung. Regen und Windböen schlugen mir ins Gesicht. Ich blinzelte und brauchte eine Weile, bis ich mich orientieren konnte. Ich befand mich auf Höhe des Sockels der Herkules-Figur. Die anderen mussten etwa zehn Meter über mir sein. Keinen halben Meter von mir entfernt befand sich eine der unteren Plattformen des Gerüstturms. Ich quetschte mich weiter durch das Loch und ergriff mit beiden Händen eine der Gerüststangen, um dann meinen Unterkörper langsam aus dem Loch herauszuziehen. Zentimeter um Zentimeter gelang es mir, die Beine aus der Statue zu befreien.
Schließlich lag ich auf dem glitschigen Holz der Plattform. Ich schaute nach oben. In der Dunkelheit über mir waren nur die weiteren Etagen des Bauturmes zu sehen. Außer dem Sturm und dem Regen hörte ich nichts. Ich sprang auf, rutschte fast weg, lief zur Leiter – und blieb abrupt stehen. Ein furchtbarer Gedanke schoss mir durch den Kopf. Was, wenn sie ihre Drohung wahrmachten und Julia, da ich nun auf ihre Rufe nicht mehr antwortete, tatsächlich in die Herkules-Figur fallen ließen? Sie mussten davon ausgehen, dass ich dort weiter gefangen war. Wenn die Platte in meiner Tasche ein Pfand werden sollte, war es Zeit, dass auch die anderen davon erfuhren. Ich trat an den Rand der Plattform, streckte den Oberkörper vor und schaute hoch. Ich hoffte, dass sie mich dort oben hören konnten.
»Hey!«, rief ich, so laut ich konnte.
Keine Reaktion.
»Hey! Hier unten bin ich!«
Plötzlich erschien hoch oben der Kopf des Mannes, den ich vorhin am Rand des Loches in der Statue gesehen hatte. Im Gegensatz zur selbstsicheren, fast sadistischen Miene von eben stand ihm nun die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Ich griff in die Hosentasche und hielt die große Münze hoch. Dann leuchtete ich mit der Taschenlampe auf sie.
»Ich tausche!«, brüllte ich. »Ich tausche – aber später!«
Der Kopf über mir verschwand blitzartig, und ich hörte weit über mir ein Poltern. Der Turm begann zu schwanken. Offensichtlich würde ich gleich Besuch bekommen. Ich hastete zur Leiter, die zur nächsten Plattform führte, und schlitterte sie hinab. Die nächste Leiter sauste ich ebenso hinab, dann stand ich auf der Aussichtsplattform des Oktogons. Hinter mir schwankte der Turm. Aus dem Augenwinkel konnte ich schon einen Schatten in Höhe der vierten oder fünften Plattform wahrnehmen. Sie waren schneller, als ich gedacht hatte.
Ich sprintete durch das Obergeschoss. Hinter mir hörte ich einen lauten Knall. Sie schossen auf mich! Endlich gelangte ich zur Außentreppe und hastete sie hinunter. Ich nahm mehrere Stufen auf einmal. Wohin floh ich überhaupt? Sollte ich mich lieber hier irgendwo verstecken? Nein, vermutlich würden sie mich die ganze Nacht suchen, und ich war dann in meinem Versteck gefangen. Ich beschloss, zu versuchen, in den neben den Kaskaden gelegenen Wald zu gelangen. Von dort konnte ich in jede Richtung fliehen.
Ich passierte das nächste Geschoss. Für eine Sekunde blieb ich stehen und lauschte. Nicht weit hinter mir hörte ich jemanden etwas auf Russisch brüllen. Wieder knallte es. Ich flog die letzte Außentreppe förmlich hinunter – und sah die Gestalt, die im Dunklen plötzlich vor mir auftauchte, viel zu spät. Mit voller Wucht lief ich in sie hinein.
Wir beide fielen zu Boden. Ich rappelte mich als Erster auf und rannte in eine andere Richtung als geplant, weil
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