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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Abschied von seiner Statue befasst, dass er nicht mehr daran gedacht hatte, den Leinensack, den Orffyreus ihm zuvor überlassen hatte, in sie hineinzulegen. Erst als Orffyreus ihm auf den Feierlichkeiten zur Einweihung des Herkules den venezianischen Spiegel als Geschenk überreicht hatte, war es ihm siedend heiß eingefallen. Der Schluckauf war schuld an seiner Vergesslichkeit. Er raubte ihm den Schlaf. Tagsüber konnte er keinen klaren Gedanken fassen, und allzu oft überkam ihn eine bleierne Müdigkeit.
    Er griff nach dem Leinensack. Der Beutel war ziemlich schwer. Kurz überlegte er, ob er hineinschauen sollte. Der Sack war an vier Seiten zugenäht. Was konnte von solcher Bedeutung sein, dass Orffyreus es in einem zugenähten Beutel in einer Statue verbergen wollte, in der es vermutlich für Jahrhunderte den Blicken der Menschheit verborgen gewesen wäre? Er prüfte die Nähte in der Hoffnung, eine gerissene zu entdecken. Aber alles war sorgfältig genäht. Er schaute sich nach seinen Messern um. Sie lagen jedoch bereits verpackt unten in der Kutsche.
    In diesem Moment klopfte es an der Tür.
    Hektisch legte Anthoni den Leinensack zurück in die Truhe. »Herein!«, rief er.
    Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit, und der Kopf eines Riesen erschien. Es war Gunter, der Kutscher. »Wir wären dann so weit!«, sagte er mit tiefer Stimme. »Habt Ihr noch etwas?«
    Anthoni deutete auf die Truhe vor sich. »Nur noch diese Truhe!« Er entnahm den Leinensack und schloss den Deckel der großen Kiste. Dann drehte er den Schlüssel herum, der im Schloss der Truhe steckte. Den Schlüssel verstaute er in seinem Gehrock. »Sie ist schwer!«, sagte er.
    »Geht schon!«, meinte Gunter und trat ins Zimmer. Er bückte sich, um nicht gegen die Schräge der Zimmerdecke zu stoßen. Dann hob er die Truhe hoch, als ob sie so leicht wie ein Federbett wäre. Er deutete auf den Sack. »Soll der auch noch mit?«
    »Um den kümmere ich mich selbst!«, antwortete Anthoni hastig. Ein lauter Schluckauf ließ Gunter erschrocken zusammenfahren, dann verschwand er mit der Truhe im Flur.
    »Beeilt Euch, sonst wird es dunkel, bevor wir die nächste Poststation erreichen!«, rief er noch hinauf, während er die Treppe hinunterstieg.
    Anthoni nahm den Leinensack und eilte durch den Flur auf die Galerie der großen Halle. Über die schmale Treppe stieg er hinab. Ohne die Herkules-Figur, die hier entstanden war, schien die riesige Halle nun unwirklich leer. Anthoni passierte eine der vielen Türen, die hinaus auf den Platz vor der Gießerei führten. Er lief über den Hof zu dem Gebäude, in dem die Kupferhämmer arbeiteten. Aus dem Inneren drangen ihre lauten Schläge. Vorsichtig schlich er an den Fenstern vorbei und gelangte so zum Mühlenkanal, der hinter dem Gebäude verlief. Er wurde mit Wasser aus dem nahen Fluss Losse gespeist und diente zum Antrieb der Hämmer.
    Anthoni trat an den Rand des Kanals. Mit beiden Händen packte er den Leinensack, holte aus und warf ihn ins Wasser. Für einen Augenblick bekam er einen Schreck, als der Leinensack zunächst auf der Oberfläche schwamm und durch die Strömung zur Flussmündung getrieben wurde. Anthoni rannte ein Stück am Ufer nebenher. Dann sah er voller Erleichterung, wie der Sack langsam im Wasser versank. Zum Schluss stiegen noch ein paar Luftblasen auf.
    Anthoni atmete tief durch. Orffyreus würde niemals von seinem Fehler erfahren. Niemand würde den alten Leinensack in der Statue vermissen.
    Im Kanal war er ebenso gut für immer versteckt wie in der Herkules-Statue.

95
    Scheffler und die beiden Männer, die er als Steve und David vorgestellt hatte, führten mich zu einem dunklen Lieferwagen. Er parkte am Ende eines kleinen Feldwegs und war mit einigen großen Ästen zugedeckt, die offenbar Forstarbeiter am Rande des Feldwegs zurückgelassen hatten.
    Ich bewegte mich wie in Trance. Meine Gedanken waren bei Julia. Ich hoffte, dass diese Schweine ihr nichts antaten. Hoffentlich waren sie so klug, Julia als Pfand anzusehen. Ich machte mir Vorwürfe. Wie konnten wir uns in so eine gefährliche Situation bringen? Ich hätte nicht alleine in die Statue hinunterklettern sollen. Außerdem hatte ich diese Elements Society immer noch unterschätzt. Vermutlich hätten wir uns doch der Polizei anvertrauen sollen, anstatt auf eigene Faust der Sache auf den Grund zu gehen. Die Sorge wegen meiner Bewährung kam mir nun geradezu lächerlich vor. Vermutlich war es jetzt immer noch am vernünftigsten, die

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