Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
ich.
Fürstenrieth schaute mich unschlüssig an.
Ich buchstabierte den Namen.
Nachdem Fürstenrieth ihn eingegeben hatte, runzelte er die Stirn. »Es scheint nicht zu funktionieren«, bemerkte er. »Ist das ein Datenstick?«
Ich tat erstaunt. »Eigentlich ja. Manchmal braucht er ein wenig Zeit. Vielleicht fangen Sie schon einmal an, zu fragen, welche Informationen sie von uns brauchen?«
Zufrieden registrierte ich, dass der Stick, während wir sprachen, weiterhin blau blinkte und unseren Standort in die Welt hinaussendete. Wenn mein Plan funktionierte, dann konnten diese Mistkerle uns nun orten. Fürstenrieth, der den Stick für einen normalen Datenstick hielt, ahnte von alldem nichts und gab nun etwas in seinen Computer ein. Dann drehte er den Monitor seines Computers so, dass ich von meinem Platz aus auch darauf schauen konnte. Ich wandte mich den Schefflers zu und blickte sie an.
»Schon gut«, erklärte der alte Scheffler und erhob sich. »David, Steve, kommt. Wir warten draußen.« Die drei erhoben sich und verließen das Büro.
»Na, da bin ich mal gespannt, was Sie da haben«, sagte Fürstenrieth und sah mich erwartungsvoll an.
110
Cassel, 1718
Ein gleichmäßiges, metallisches Kratzen erfüllte den Raum. Eine Kerze, die bereits halb heruntergebrannt war, spendete nur wenig Licht. Sie warf den flackernden Schatten eines über den Schreibtisch gebeugten Mannes an die Wand. Langsam wurde die Klinke heruntergedrückt, und die Tür öffnete sich einen schmalen Spalt. Nackte Füße liefen über die Dielen. Dann berührte etwas Orffyreus’ Arm.
»Ich kann nicht schlafen.«
Orffyreus beugte sich hinab und hob Jonas auf seinen Schoß.
»Was macht Ihr, Vater?«, erkundigte sich sein Sohn und schaute verwundert auf den Stapel feiner Metallplatten auf dem Schreibtisch.
»Ich schreibe an einem Buch«, entgegnete Orffyreus.
»Indem Ihr etwas in die Platten ritzt?«, fragte sein Sohn erstaunt.
Orffyreus nickte.
»Eine Geschichte?«, wollte der Knabe wissen.
»Wenn du so willst, ja.«
»Und wovon handelt sie?«
Orffyreus strich seinem Sohn eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Von einem Mann, der etwas erfunden hat.«
»Und was passiert mit dem Mann?«, fragte Jonas.
»Keiner glaubte ihm, und alle bezeichneten ihn als Lügner.«
»Das ist aber nicht nett!« Jonas kratzte sich am Kopf.
»Sie haben ihn sogar ins Gefängnis geworfen«, erzählte Orffyreus weiter.
»Und ist er dort gestorben?«
Orffyreus lächelte. »Nein, ist er nicht. Er wurde gerettet. Denn der König glaubte ihm und schickte seine Soldaten, um ihn aus dem Kerker zu befreien.«
»Und was ist dann aus dem Mann geworden?« Jonas kniete nun auf den Oberschenkeln seines Vaters und spielte an dessen Perücke, während er ihn aus seinen braunen Augen anschaute.
»Er wurde zum Kommerzienrat befördert, und es erging ihm am Hofe des Königs sehr gut. Er bekam viel Geld geschenkt und konnte sich alles kaufen, was er wollte.«
»Und was war mit seiner Erfindung?«, erkundigte sich Jonas.
»Der König verlangte, dass er die Erfindung, die ihm so viel Ärger bereitet hatte, zerstören sollte. Und dies tat der Mann, und bald schon vergaß er sie über all das Geld, das er besaß, und die Feste, die er feierte.«
»Dann muss er ein trauriger Mann gewesen sein«, bemerkte Jonas mitleidig.
»Warum das?«, fragte Orffyreus erstaunt. »Ich habe dir doch gerade erzählt, dass er viel Geld bekommen hat!«
»Aber Ihr sagtet doch auch, er sei ein Erfinder gewesen. Ein Erfinder ohne eine Erfindung muss doch ein trauriger Erfinder sein, oder?«
Orffyreus sah ihn ernst an und dachte nach. Schließlich antwortete er: »Im Prinzip hast du recht … Ein sehr trauriger Erfinder.«
»Seht Ihr!«, rief Jonas und gähnte. »Bringt Ihr mich zurück ins Bett, Vater?«
Orffyreus erhob sich vorsichtig von seinem Stuhl und achtete darauf, dass der Junge ihm nicht aus den Armen glitt. Dann flüsterte er Jonas ins Ohr: »Dieser Erfinder, von dem ich dir erzählt habe, war aber ohne seine Erfindung nicht nur traurig, sondern er hatte auch Angst, nicht mehr er selbst zu sein, wenn er kein Erfinder mehr sein konnte.«
»Warum?«, murmelte der Junge, dem die Augen zugefallen waren, im Halbschlaf.
Orffyreus trug ihn zur Tür und drückte mit seinem Ellbogen die Klinke herunter. »Weil er manchmal glaubte, dass er sich selbst auch nur erfunden hatte!«
Orffyreus blickte in das friedliche Gesicht seines Sohnes. Er schlief tief und fest.
111
Sergeij, Dimitrij und
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