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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Renditen rechnen können. Wie man hört, hat er bei der ›South-Sea-Company‹-Spekulation sein gesamtes Vermögen verloren.«
    Newton lachte bitter. »Nun sitzen sie dort draußen wie die Hyänen. Meint Ihr, Sir Edward Brand wäre auch hierhergekommen, wenn er nicht hoffen würde, dass ich ihm vor meinem Ableben noch rasch ein paar Pfund auszahle? Er soll sich zum Teufel scheren! So lernen die Leute wenigstens, dass es sich nicht lohnt, auf eine solche Erfindung zu setzen!«
    »Was müssen wir denn mit Orffyreus noch veranlassen?«, fragte Gravesande verwundert.
    »Die Menschen glauben immer noch, dass er ein Perpetuum mobile erfunden hat. Die von ihm gewonnene Wette lebt fort. Es ist kein halbes Jahr her, dass mir jemand im Pub die Geschichte erzählte. Eine Million Taler habe Orffyreus mit der Wette verdient, und das Rad soll sich zwei Jahre gedreht haben! Ein wahrhaftiges Perpetuum mobile! So reden die Leute. Und das selbst hier in London!« Newton seufzte erschöpft. Das Reden fiel ihm schwer. »Wir müssen etwas unternehmen, damit Orffyreus keine Legende wird. Und wir müssen sicherstellen, dass er uns nicht betrügt. Geht zu meinem Schreibfach dort drüben. Ihr findet dort einige Beutel mit Guineen; sie haben einen Wert von mindestens tausend Talern. Nehmt das Geld und setzt es ein, um Orffyreus endgültig zu diskreditieren.«
    »Wie soll ich …«, stammelte Gravesande.
    Newton hüstelte trocken. »Euch wird schon etwas einfallen. In dem Schreibtisch findet Ihr auch eine Feder und ein Blatt Papier. Ich möchte, dass Ihr zusätzlich ein letztes Dekret für mich aufschreibt. Jedes Mitglied der Royal Society soll in Zukunft darüber berichten, wenn der Name Orffyreus gebraucht wird. Die Society muss jedem dieser Hinweise nachgehen und sie aufklären.«
    Gravesande ging zu dem kleinen Sekretär, der in einer Ecke des Raumes stand, und setzte sich daran. Er öffnete den Verschluss des kleinen Tintenfasses. »Wozu die Mühe?«, fragte er. »Warum beschäftigt Ihr Euch in …« – er stockte, sprach es dann jedoch aus – »… in Euren letzten Stunden noch damit?«
    Newton räusperte sich. »Wenn man hier nun liegt und am Ende des Weges angekommen ist, macht man sich Gedanken über die Endlichkeit«, erwiderte er mit schwächer werdender Stimme. »Was bleibt von mir, wenn mein Körper und mein Geist diese Welt verlassen?«
    Gravesande zögerte mit der Antwort.
    »Ihr überlegt recht lange«, sagte Newton. »Ich hoffe, was von mir bleibt, sind meine Ideen. Meine Schriften. Mein Beitrag zur Mechanik. Dafür habe ich mein Leben gegeben. Und dafür möchte ich in Erinnerung bleiben.«
    »Das werdet Ihr«, versicherte Gravesande ihm rasch.
    »Wenn die Menschen aber eines Tages glauben, ein Perpetuum mobile sei möglich, dann werden sie an mich denken … an mich, der dies für unmöglich erklärt hat. Und sie werden über mich lachen. Einen Trottel werden sie mich nennen. So wie wir uns heute über diejenigen amüsieren, die die Erde einst für eine Scheibe hielten.« Newton hatte die letzten Worte nur noch geflüstert.
    Gravesande schüttelte energisch den Kopf. »Sie werden nicht über Euch lachen.«
    »Das Komische ist«, offenbarte Newton mühsam, »dass ich mir in den vergangenen Tagen, in denen ich hier lag, selbst gewünscht habe, dass es vielleicht doch so etwas wie das Rad des Sachsen gibt. Etwas, das der Endlichkeit trotzt!« Newton schien seinem eigenen Satz kurz hinterherzuhorchen. »Wenn man Opfer der Endlichkeit wird, erkennt man erst die Bedeutung des Wortes ›Unendlichkeit‹. Stellt Euch vor, ein Rad, das allem trotzt und sich unaufhörlich weiterdreht! Länger als ein Menschenleben! Unaufhörlich!« Newtons Stimme überschlug sich, und er bekam einen Hustenanfall. Gravesande wollte sich gerade erheben, um den Arzt zu holen, als Newton zur Ruhe kam.
    »Das Perpetuum mobile ist ein Werk des Teufels«, fuhr Newton schließlich mit heiserer Stimme fort. »Es ist nichts anderes als die Schlange im Paradies. Es lockt uns mit Unendlichkeit. Wie lautet die Losung der Royal Society?«
    »Auf niemandes Worte schwören«, entgegnete Gravesande verwirrt.
    »Seht Ihr?«, krächzte Newton. »Die Menschen werden nie aufhören, nach dem Perpetuum mobile zu forschen. Und sie werden jedem blind folgen, der behauptet, er habe die Tür zur Unendlichkeit aufgestoßen. Und die Wissenschaft? Die Stimme der Vernunft? Die Menschen würden sie bereitwillig dafür opfern. Es ist unsere Aufgabe als Royal Society, darauf ein

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