Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
»Ich möchte das hier haben«, erklärte er entschlossen.
»Und ich möchte Julia wiederhaben«, entgegnete ich.
Antonow blickte zu Sergeij hinüber, der kaum merklich den Kopf schüttelte.
»Dies liegt leider außerhalb meines Einflussbereichs«, sagte Antonow mit ernsthaftem Bedauern.
»Er kann es«, behauptete ich und deutete auf Sergeij. »Er hat sie doch entführt!«
Abermals schaute Antonow zu seinem Landsmann. Sergeij hob die Schultern und ließ sie wieder fallen.
»Er wird tun, was er kann«, sagte Antonow. »Ich aber biete Ihnen zudem für das Patent hier eine Million Euro in bar.«
Mein Kopf schmerzte plötzlich wieder. Ich rieb mir die Schläfen. Mein Blick wanderte erst zu Sergeij, dann zurück zu Antonow.
»Legen Sie noch dreißig drauf«, erwiderte ich.
»Millionen?«, fragte Antonow empört.
»Milliarden«, antwortete ich nüchtern.
Zum ersten Mal in unserer Konversation verschwand aus Antonows Gesichtsausdruck die Selbstsicherheit.
»Kommen Sie«, sagte ich mit gespielter Entrüstung. »Sie wollen das Patent für ein Perpetuum mobile erwerben: die Erfüllung des Menschheitstraums auf unbegrenzte Energie.«
»Wo bleiben sie?«, verlangte Adams zu wissen.
»Zuletzt hat Dimitrij angerufen«, entgegnete Jonson. »An der Adresse, wo wir den USB-Datenstick geortet haben, befindet sich eine Patentanwaltskanzlei.«
»Patentanwälte? Was zum Teufel will er dort?«, fragte Adams besorgt, doch Jonson zuckte mit den Schultern. »Sagt mir Bescheid, wenn ihr etwas Neues hört; ich gehe runter in die Bar und genehmige mir einen Siebzehn-Uhr-Whiskey.«
»Sir, eins noch«, sagte Jonson. »Ich habe Wilson neulich den Ausdruck von Sergeijs Mobilfunktelefonaten gegeben. Hat er ihn an Sie weitergereicht?«
Adams schaute irritiert. »Nicht, dass ich wüsste. Was ist damit? Die Telefonkosten zahlt doch die Zentrale in London!«
Jonson erhob sich und hielt Adams einen Ausdruck entgegen. »Darum geht es nicht. Wir haben eine neue Software, die eine Routineauswertung der Telefonate aller Mitarbeiter vornimmt. Dabei war mir aufgefallen, dass Sergeij immer wieder eine Nummer in Moskau anwählt.«
Adams machte einen uninteressierten Eindruck. »Und wenn schon; er ist doch Russe!«
»Die Software wertet die Nummern automatisch aus und vergleicht sie mit Datenbanken. Diese Mobilfunknummer ist auf Globalgaz International registriert.«
Adams griff nach dem Blatt und studierte es stirnrunzelnd.
»Globalgaz International ist eines der weltweit größten Energieunternehmen –«, fuhr Jonson fort.
»Ich weiß, was Globalgaz ist!«, unterbrach Adams ihn barsch. Mit dem Blatt in der Hand wandte er sich zur Tür. »Sag mir Bescheid, wenn du etwas von Sergeij und Dimitrij hörst!«
120
Carlshaven, 1726
Anne Rosine stieg die steile Treppe hinab zum Ufer der Diemel, die hier in die Weser mündete. Genau an dieser Stelle war ein langer Steg angebracht: ein idealer Platz zum Waschen. Der Berg Wäsche, den sie ihren Armen trug, verhinderte, dass sie die Stufen sehen konnte, weshalb sie sich vorsichtig bewegte. Vor nicht allzu langer Zeit war hier eine Wäschemagd die Treppe hinuntergestürzt und hatte sich die Hüfte gebrochen.
Sie hoffte, dass ihr diese Arbeit bald erspart blieb. Zwar war sie einige der wenigen am Fluss, deren Herrschaften sich Seife leisten konnten. Die Arbeit erleichterte dies jedoch nicht. Lediglich die Hände waren weniger wund als zu den Zeiten, da sie noch die Lauge aus Buchenasche und Urin benutzen musste. Sie hatte bereits vorgeschlagen, für diese Arbeiten eine neue Magd einzustellen – jetzt, wo sie ein reiches Haus waren. Zudem hatte sie wegen Barbaras schlechter Gesundheit ohnehin genug mit dem Haushalt und der Erziehung der Kinder zu tun. Orffyreus scheute sich jedoch davor, Fremde ins Haus zu holen. Er war der Auffassung, dass andere Leute ihm ohnehin nur sein Geld stehlen wollten.
Anne Rosine hatte den Steg erreicht. Erstaunt blieb sie stehen. Zwar waren keine anderen Mägde zu sehen, doch am Ende des Stegs stand ein Mann. Er war groß gewachsen und kehrte ihr den Rücken zu. Sie wunderte sich, dass er keine Perücke trug. Die Magd ging zum Rand des Stegs und legte die Wäsche ab. Dann nahm sie sich einen der Steine, die von den Mägden stets an den Rand der Treppe gelegt wurden, um damit die Wäsche zu walken, und begann mit der Arbeit. Den Mann hatte sie bereits vergessen, als jemand sie plötzlich ansprach.
»Anne Rosine Mauersberger?«
Sie schaute erschrocken auf. Der Mann
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