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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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nach Ewigkeit immer geben.«
    Antonow bewegte sich nicht und blickte mich unverändert an. »Haben Sie das Perpetuum mobile dieses Orffyreus tatsächlich wiederentdeckt?«, fragte er mich nun direkt.
    Wortlos richtete ich mich auf, griff in meine Hosentasche und holte ein zusammengefaltetes Papier heraus, das ich Antonow reichte.
    Verdutzt nahm er es entgegen und faltete es auseinander. »Was ist das?«
    »Die Patentanmeldung«, entgegnete ich trocken.
    Antonow starrte ungläubig auf das Papier in seiner Hand.

118
    London, 1726
    Die Tür öffnete sich, und Lord Witham trat heraus. Sein ernster Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.
    »Ich werde für ihn nichts mehr tun können«, verkündete er mit großem Bedauern in der Stimme. »Ich fragte ihn, ob er einen Geistlichen sehen möchte, und er verlangte stattdessen nach Euch.« Er zeigte auf Gravesande.
    »Nach mir?«, rief Gravesande überrascht und richtete sich auf.
    Wie die anderen anwesenden Männer saß auch er auf einem der Stühle im Arbeitszimmer von Newton. Dessen Butler hatte am Morgen Sir Alex Mannington darüber informiert, dass der Zustand von Newton sich über Nacht weiter verschlechtert hatte. Daraufhin waren nacheinander die führenden Köpfe der Royal Society erschienen. Seitdem verbrachten sie die Zeit mit Warten. Der ebenfalls herbeigerufene Arzt, Lord Withmam, war mehr als drei Stunden bei Newton gewesen, was bei ihnen Hoffnung hatte aufkeimen lassen, dass es doch nicht so schnell zu Ende gehen würde, wie befürchtet.
    Nun wussten sie, dass sie vergeblich gehofft hatten. Gravesande war einerseits geehrt, dass Newton in seiner womöglich letzten Stunde gerade nach ihm gefragt hatte, andererseits auch erschrocken über diese ihm zuteilwerdende Aufmerksamkeit. Er erhob sich und ging unsicher zu der Tür. Bevor er sie öffnete, warf er noch einen Blick in die Runde. Sechs hochgestellte Persönlichkeiten warteten darauf, Newton beistehen zu dürfen, und nur er durfte nun zu ihm. Sir Edward Brand nickte ihm verschwörerisch zu.
    Gravesande öffnete die Tür und trat ein. Das Zimmer war abgedunkelt, durch einen Spalt in den Fensterläden fiel lediglich ein schmaler Lichtstrahl in das Zimmer und schien das Bett in zwei Teile zu spalten. Die Luft war stickig. Gravesande nahm einen säuerlichen Geruch wahr. Vorsichtig ging er auf das Bett zu. Zwischen großen weißen Kissen erkannte er das eingefallene Gesicht Newtons. Der Sterbende trug keine Perücke, und unter der durchsichtig scheinenden Haut waren die Konturen seines Schädels zu erkennen. Gravesande beugte sich vor, um in die tief in den Höhlen liegenden Augen zu schauen. Sie waren geschlossen.
    »Sir?«, flüsterte er.
    »Wisst Ihr, wovor ich am meisten Angst habe?«, fragte Newton mit erstaunlich fester Stimme, ohne die Augen jedoch dabei zu öffnen.
    Gravesande trat vor Schreck einen Schritt zurück. »Nein«, antwortete er.
    »Dass ich auf der anderen Seite Leibniz wiederbegegne«, erklärte Newton.
    Gravesande lächelte bedrückt. »Selbst jetzt beliebt Ihr noch zu scherzen.«
    »Nein, ich meine es ernst«, widersprach Newton. »Sollte es so etwas wie die andere Seite geben, dann hätte er dort in den vergangenen Jahren mit Sicherheit meinen Ruf ruiniert.«
    Gravesande wusste nicht, ob er lachen sollte oder nicht. »Ihr habt mich kommen lassen?«, sagte er stattdessen.
    Endlich öffnete Newton die Augen und drehte den Kopf in Gravesandes Richtung. Sein Blick war so matt wie der eines Blinden. »In der Tat. Jetzt, wo es so aussieht, als wenn dies mein letzter Sonnenaufgang war, müssen wir noch vollenden, was wir in den vergangenen Jahren begonnen haben.«
    »Was meint Ihr?«, fragte Gravesande.
    »Das Perpetuum mobile – Orffyreus«, antwortete Newton und schloss wieder die Augen.
    »Was gibt es noch zu tun?«, entgegnete Gravesande. »Orffyreus hat das Geld, er hat den Vertrag unterzeichnet, das Schweigegelübde abgegeben. Alle Exemplare der Maschine sind vernichtet. Die letzten Jahre ist es still um diesen Sachsen geworden. Nur die Investoren, denen Ihr seinerzeit Rendite aus dem Kauf des Perpetuum mobile versprochen hattet, reden allenthalben von der sagenhaften Maschine …«
    Newton erwiderte nichts darauf. Für einen Augenblick dachte Gravesande, er sei eingeschlafen, sah dann aber, dass die Augen sich wieder öffneten.
    »Draußen wartet auch Sir Edward Brand«, fuhr Gravesande fort. »Er bat mich, Euch zu fragen, ob er und die anderen Investoren noch mit Rückzahlung des Geldes oder

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