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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Verfasser der Name Orffyreus. Und der Titel passt auch zu den anderen Büchern, die ich restauriert habe.«
    Ich nickte, ohne zu wissen, was dies genau bedeuten sollte.
    »Aber das ist merkwürdig«, fuhr sie fort. »Sehr merkwürdig.«
    »Warum?«, fragte ich.
    »Zum einen steht hier Poëtische Apologie Theil III . Soweit ich weiß, gibt es aber nur zwei Teile von dieser Apologie , und die habe ich beide restauriert. Aber vor allem sind dies … ganze Druckplatten. So hat zu Besslers Zeiten kein Mensch mehr gedruckt.« Ich verzog die Mundwinkel. Sie bemerkte mein Unverständnis und erklärte: »Auch Sie sollten von Gutenberg gehört haben; ich meine den Erfinder der Druckpresse. Seit dem fünfzehnten Jahrhundert druckte man Bücher mit beweglichen Lettern, mit Druckpressen. Und damit wurden auch die anderen Bessler-Bücher gedruckt, die ich restauriert habe. Bessler lebte im achtzehnten Jahrhundert. Das hier aber sind Druckplatten, wie man sie beim Tiefdruck oder bei Radierungen benutzt hat. Weit vor seiner Zeit.« Sie zeigte auf die Platte vor sich. »Schauen Sie: Hier sind die Buchstaben mit einer Radiernadel als Furchen in die Zinkplatte geritzt worden. Man bestreicht die gesamte Platte mit Druckfarbe und wischt anschließend die auf der glatten Oberfläche befindliche Farbe wieder mit einem Lappen ab. Die Farbe ist danach ausschließlich in den Vertiefungen der Oberfläche. Durch Aufpressen eines leicht angefeuchteten Papiers, am besten mit einer Walze, wird die Farbe aus den Vertiefungen wieder herausgesaugt und bleibt am Druckpapier haften. Eine extrem aufwendige und in der Zeit des Orffyreus überholte Methode.«
    »Und was kann der Grund dafür sein?«, wollte ich wissen.
    Sie zuckte mit den Schultern. »In neuerer Zeit habe ich dies nur bei Schriften gesehen, die geheim bleiben sollten. Beim Gutenberg-Druck musste man sein Skript dem Drucker überlassen, der somit den Text vor Augen hatte. Bei dieser Art des Drucks konnte man die Platten mit ein wenig Geschick selbst radieren, ohne dass sie irgendwer zu Gesicht bekam.«
    »Dann ist dies also eine geheime Schrift von diesem Orffyreus oder Bessler?«
    Wieder zuckte sie mit der Schulter. »Nur eine Theorie. Um das zu beurteilen, müsste man den Text kennen.«
    »Sind diese Platten denn wertvoll?« Diese Frage lag mir schon die ganze Zeit auf der Zunge. Ich war arbeitslos und konnte jeden Cent gebrauchen. Dennoch versuchte ich, nicht zu gierig zu klingen.
    »Wenn Sie von ›wertvoll‹ sprechen, haben Sie sicherlich irgendwelche Geldsummen vor Augen«, antwortete sie. »Jedenfalls sind sie kulturell wertvoll, weil sie definitiv aus einer älteren Epoche stammen. Indes dürfte der genaue Wert auch vom Inhalt abhängig sein. Und den kennen wir noch nicht.«
    »Noch nicht?«, wiederholte ich. »Meinen Sie, man sollte mit den Platten drucken?«
    »Ich denke, man könnte mit ihnen drucken, um das herauszubekommen. Vielleicht sollte man dies aber auch nicht tun, um das Material zu schonen. Dann müsste man prüfen, ob man die Platten vielleicht fotografieren kann – oder man muss sie Buchstabe für Buchstabe entschlüsseln.«
    Während sie sprach, ruhte ihr Blick nachdenklich auf mir. Ihre Gesichtszüge waren nun ganz entspannt, und sie wirkte noch hübscher als zu Beginn unseres Gesprächs.
    »Sie müssen wissen, mein Spezialgebiet ist die Restauration von Büchern«, fuhr sie fort. »Mit Drucktechniken, insbesondere solchen antiquierten, kenne ich mich nicht so gut aus. Ein Freund von mir arbeitet im Gutenberg-Museum in Mainz. Gern würde ich seine Meinung zu den Platten hören.«
    Bei der Erwähnung des Wortes »Freund« spürte ich eine Art Enttäuschung in mir aufsteigen, zu der ich nicht berechtigt war. Hatte sie »ein Freund« oder »mein Freund« gesagt?
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, werde ich ihm die Platten einmal zeigen.«
    Als ich zögerte, fügte sie hinzu: »Er kann auch dabei helfen, den Wert der Platten genauer zu bestimmen.«
    Wie von ihr beabsichtigt, überzeugte mich dies. »Ich kann mit den Platten sowieso nichts anfangen«, meinte ich und reichte ihr die Tüte mit den übrigen Metalltafeln.
    Sie erhob sich und nahm sie vorsichtig entgegen. Bedächtig holte sie die Platten heraus und stapelte sie vor sich auf dem Tisch. Die leere Tüte gab sie mir wieder zurück.
    »Wie viele sind das?«, fragte sie.
    »Vierundfünfzig«, antwortete ich wie aus der Pistole geschossen.
    »Eine ganze Menge. Ich werde sie fachgerecht verpacken, bevor ich sie an

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