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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Spurenelemente. Die helfen beim Panzerwechsel.«
    Nicht nur ich, sondern auch Julia tat interessiert. Der Mann hatte uns hineingelassen, nachdem wir den Wunsch geäußert hatten, die Orffyreus-Sammlung zu besichtigen. Er war gerade mit der Reinigung seines kleinen Aquariums beschäftigt gewesen und hatte uns gebeten, einen Augenblick zu warten. Anstelle von Fischen hielt er in einem Würfel aus Glas, der kaum größer war als ein Schuhkarton, kleine Garnelen. Manche waren rot und weiß, andere schwarz und weiß gestreift. Ich hatte bis dahin noch nie lebende Garnelen gesehen. Sie hatten wenig gemein mit den rot gekochten Scampi, die ich aus dem Restaurant kannte. So sahen sie eher aus wie kleine Insekten, die unter Wasser lebten. Der Mann hatte Vergnügen an unserem Erstaunen über seine ungewöhnlichen Haustiere.
    »Die Menschen nutzen es schamlos aus, wenn der Panzer einmal für kurze Zeit abgelegt wird«, sagte der Mann. Er stellte das Fläschchen zurück in einen Schrank unter dem Aquarium und kam lächelnd zu uns herüber. Nachdem er sich in seinen Sessel gesetzt hatte, griff er zu einer Pfeife, die neben ihm auf einem kleinen Beistelltisch abgelegt war, und begann, sie zu stopfen.
    »Verzeihen Sie meine Unhöflichkeit, aber vielleicht stelle ich mich erst einmal vor: Mein Name ist Georg Scheffler.«
    Ich sagte ihm unsere Namen.
    »Sie sind jung«, bemerkte der Mann. »Wie kommt es, dass Sie sich ausgerechnet für Orffyreus interessieren?«
    »Ich bin Physiker«, entgegnete ich. »Mich hat schon immer das Perpetuum mobile interessiert. Und wenn man ein wenig recherchiert, trifft man unweigerlich auf den Namen Orffyreus.«
    Er lachte. »Allerdings!«
    »Wir waren gerade in der Nähe«, log ich. »Und als ich den Ortsnamen Bad Karlshafen las, erinnerte ich mich daran, einmal von Ihrer Sammlung gelesen zu haben. Im Internet.«
    Scheffler musterte mich.
    »Ich konnte ihn nicht davon abhalten, bei Ihnen anzuhalten!«, erklärte Julia und lächelte. Wir hatten auf der Autofahrt entschieden, uns als eher zufällige Besucher auszugeben, um unangenehme Fragen zu vermeiden.
    »Sie werden es nicht bereuen!«, versprach er. »In der Tat werden Sie in ganz Deutschland zu diesem Betrüger keine Sammlung wie die meine finden.« Er zog an seiner Pfeife und versuchte, sie mit einem langen Streichholz anzuzünden.
    »Weshalb ist das Bild von ihm überhaupt hier in ihrer Einfahrt angebracht?«, erkundigte ich mich.
    »Oh …« Scheffler lehnte sich zurück. »Dazu muss ich ein wenig ausholen. Orffyreus war einer der ersten und einer der berühmtesten Bürger dieser Stadt. Bad Karlshafen wurde erst um 1700 gegründet und war eine sogenannte Exulantenstadt. Diese Siedlungen dienten dazu, Flüchtlinge aufzunehmen. In diesem Fall gewährte der damalige Landgraf Carl den aus Frankreich vertriebenen Hugenotten Unterschlupf in der eigens für sie errichteten neuen Stadt.«
    »Hugenotten?«, fragte ich.
    »Die französischen Protestanten. Jedenfalls waren früher viele hier in Bad Karlshafen stolz auf ihren Mitbürger Orffyreus. Und da er wohl einmal in diesem Haus gewohnt hat, kam irgendwann jemand auf die Idee, sein Porträt auf den Torbogen zu pinseln. Ich habe das Haus 1972 schon mit dem Bildnis übernommen.«
    »Er wohnte tatsächlich in diesem Haus?«, rief ich. Der Gedanke faszinierte mich.
    »Nun ja, selbstverständlich wurde es in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder renoviert und umgebaut. Aber im Grunde ist es wahr: Hier soll Orffyreus einmal gewohnt haben.«
    »Sie haben ihn eben Betrüger genannt. Woher wissen Sie überhaupt, dass sein Perpetuum mobile nicht funktionierte?«, wollte ich wissen.
    Der Mann sah mich erstaunt an. »Sie sagten doch, dass Sie Physik studiert haben. Also, mein Stand ist, dass ein Perpetuum mobile naturwissenschaftlich schlicht unmöglich ist.« Er sprach nun mit einer unerwartet ernsten Stimme. »Oder wissen Sie diesbezüglich mehr?«
    Ich schüttelte den Kopf und lachte verlegen. »Natürlich haben Sie recht! Ich habe mich nur gewundert, dass Sie ihn so freimütig als Betrüger bezeichnen und dennoch so fasziniert von ihm zu sein scheinen.«
    Scheffler zog wieder an seiner Pfeife und sah mich an. Er schien eine wohlüberlegte Antwort zu formulieren. »Auch ein geschickter Betrug kann faszinierend sein«, erklärte er schließlich. Dann erhob er sich. »Entschuldigen Sie mich kurz, ich muss einmal austreten.« Er legte die Pfeife neben sich und ließ uns kurz allein.
    Julia drehte sich zu mir

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