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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Die Elements Society besaß heutzutage mehr Daseinsberechtigung als jemals zuvor – gerade in Anbetracht der Tatsache, dass sich ihre Mutterorganisation, die Royal Society, seit rund zweihundert Jahren in eine völlig falsche Richtung entwickelt hatte. In einem Jahrhundert, in dem Wissenschaftler noch als Ketzer verfolgt wurden, hatten sich die zwölf Gründungsmitglieder 1660 im Gresham College in London zusammengefunden und mit der Royal Society den Grundstein für den Siegeszug der Wissenschaft gelegt. Die Gesellschaft war schnell gewachsen. Mittels ihrer Mitglieder aus zahlreichen Berufsständen war die Royal Society tief in die gesellschaftlichen und politischen Schichten eingedrungen und hatte das heilbringende Elixier der Wissenschaft in die Venen der Königshäuser, Parlamente und gebildeten Menschen injiziert.
    Als Geheimloge zum Schutz der Wissenschaft gegründet, war jedoch die Royal Society im Laufe der Zeit immer mehr zur Professoren-Konferenz verkommen. Als die Royal Society 1847 entschied, ihre Mitglieder zukünftig ausschließlich nach deren wissenschaftlichen Verdiensten auszuwählen, hatte sich mit der Elements Society eine kleine Gruppe abgespalten, um zu den fundamentalen Grundlagen und Ideen der Gesellschaft zurückzukehren. Ein Großteil ihrer Arbeit war freilich weitaus weniger dramatisch als die aktuelle Operation. Vor allem agierten sie als Strippenzieher im Hintergrund. Die meiste Zeit nahm die Lobby-Arbeit in Anspruch, bei der es darum ging, Gesetzesvorhaben und die Verteilung öffentlicher Gelder zum Nutzen der Wissenschaft zu steuern. Die größten Erfolge erzielte die Elements Society nicht mit Gewalt, sondern mit Geld. Eine Investition an der richtigen Stelle zur richtigen Zeit konnte die Türen der Mächtigen öffnen und schließen. Bisweilen wurden Wohnungen und Büros von Abgeordneten oder Regierungsvertretern abgehört und Politiker bestochen. Nur wenn es nicht zu vermeiden war, griff die Elements Society zu gröberen Methoden, und selbst dann zog sie eine geschickt eingefädelte Erpressung der Liquidation missliebiger Personen vor.
    Um ihre Arbeit erfolgreich durchführen zu können, war die Elements Society von Beginn an geheim gewesen. Ihre Mitglieder akquirierte sie wie die Royal Society in ihren frühen Jahren allein auf der Basis von Empfehlung und Vertrauen. Und so gehörten ihr im Gegensatz zur Royal Society eben nicht nur Wissenschaftler an, sondern auch andere Personen, die mit ihren Kontakten, ihren Fähigkeiten oder auch nur ihrem Vermögen dem großen Ziel dienten: der Bewahrung der Wissenschaft.
    Adams war bereits während seines Studiums zu der Vereinigung gestoßen. Sein Doktorvater hatte ihn eines Abends zu einem Treffen mitgenommen, und kurz darauf war er der Gesellschaft beigetreten. Rasch war er innerhalb der Elements Society aufgestiegen, an deren Spitze er seit nunmehr fünf Jahren stand. Er tat seine Arbeit aus tiefer Überzeugung – und die benötigte er auch. Zwar verdiente er mehr, als es ihm in der freien Wirtschaft je möglich gewesen wäre – denn die Society hatte eine Reihe wohlhabender Unterstützer, sodass sie über fast grenzenlose Mittel verfügte. Doch das Schwierige an seiner Tätigkeit war, dass er sie im Geheimen ausübte: Niemand außerhalb der Society würde ihm für seine Verdienste jemals Anerkennung zollen. Seine einzige echte Anerkennung bestand in seinem Wissen, dass er der Menschheit diente. Ihre Zukunft lag in den Händen der Wissenschaft, und die Wissenschaft lag in seinen Händen. Zufrieden nahm Adams einen weiteren Zug an seiner Zigarre und spürte, wie der Rauch seine Lungen ausfüllte.
    Am Morgen hatte ihn Vlad Niculescu benachrichtigt, dass erste Ergebnisse zu dem Material aus Deutschland vorlagen. Nach dem Jour fixe war er in das Untergeschoss geeilt, um sich mit dem Chef der Kryptologie-Abteilung zu treffen.
    Niculescu hatte ihm auf einem großen Bildschirm digitale Fotografien von einigen Passagen aus dem Werk von Orffyreus gezeigt. Den übersetzten Abhörprotokollen von Gesprächen aus Robert Webers Wohnung war zu entnehmen gewesen, dass die beiden Zielobjekte sich eingehend mit zwei Passagen aus den Büchern beschäftigten. Adams hatte diese Information sofort an Niculescu weitergegeben.
    »Auch uns waren diese Passagen selbstverständlich bereits aufgefallen«, erläuterte der Chef-Kryptologe mit leicht gekränktem Unterton. Er deutete auf den Monitor, auf dem die Textstelle zu sehen war:
    Vnd ist die Kraft des Herakles

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