Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
verdreckten Mänteln, und einer hatte einen rostigen Helm mit einem Stangenvisier. Keiner trug einen Bogen, nicht, dass das einen Unterschied gemacht hätte.
»Dreiundzwanzig dreißig Schritte hinter uns«, rief Bukama. »Keine Bogen. Auf dein Kommando.«
Nicht den geringsten Unterschied, nicht gegen eine Gruppe, die groß genug war, um die meisten Kaufmanns-Karawanen angreifen zu können. Aber er schoss nicht. Solange die Männer nur auf ihren Pferden saßen, blieb eine Chance bestehen. Eine kleine Chance. Leben und Tod hingen oft von kleinen Chancen ab.
»Nicht so hastig«, rief der Mann mit dem Helm und nahm ihn ab, um fettiges graues Haar und ein schmales, schmutziges Gesicht zu enthüllen, das vor mindestens einer Woche zum letzten Mal mit einem Rasiermesser in Berührung gekommen war. Sein breites Lächeln zeigte zwei fehlende Zähne. »Vielleicht schafft Ihr es, zwei oder drei von uns zu töten, bevor wir Euch niedermachen, aber dazu besteht kein Anlass. Gebt uns Euer Geld und den Schmuck der hübschen Lady, und Ihr könnt weiterziehen. Hübsche Ladys in Seide und Pelz haben immer viel Schmuck, eh?« Er starrte Alys anzüglich an. Vielleicht hielt er es ja für ein freundliches Lächeln.
Das Angebot war nicht im Mindesten verlockend. Diese Kerle wollten keine Verluste erleiden, wenn sie es vermeiden konnten, aber sich zu ergeben würde bedeuten, dass man ihm, Bukama und Ryne die Kehle durchschneiden würde. Vermutlich würden sie Alys am Leben lassen, bis ihnen klar war, dass sie eine Gefahr darstellte. Wenn sie einen Trick mit der Macht im Ärmel hatte, dann wünschte er sich, sie würde …
»Ihr wagt es, einer Aes Sedai den Weg zu versperren?«, donnerte sie, und es war ein Donnern, das einige der Pferde schnauben und scheuen ließ. Katzentänzer, der nur zu gut wusste, was fallen gelassene Zügel bedeuteten, blieb ganz still unter ihm, wartete auf einen Knie- oder Fersendruck. »Ergebt Euch oder lernt meinen Zorn kennen!« Über den Köpfen der Straßenräuber explodierte rotes Feuer mit einem Knall und ließ noch mehr Pferde scheuen; zwei so stark, dass sie ihre Reiter abwarfen.
»Ich habe dir ja gesagt, dass sie eine Aes Sedai ist, Coy«, jammerte ein fetter, kahl werdender Bursche in einem Harnisch, der zu klein für ihn war. »Hab ich es nicht gesagt, Coy? Eine Grüne mit ihren drei Behütern, hab ich gesagt.«
Der schlanke Mann schlug ihm den Handrücken ins Gesicht, ohne den Blick von Lan zu wenden. Oder, was wahrscheinlicher war, von Alys hinter ihm.
»Schluss mit dem Gerede. Es sind noch immer fünfzig von uns und vier von euch. Statt der Henkerschlinge entgegenzutreten, wollen wir doch sehen, wie viele von uns Ihr töten könnt, bevor wir Euch niedergemacht haben.«
»Schön und gut«, erwiderte Lan. »Aber wenn ich noch einen von Euch sehe, wenn ich bis zehn gezählt habe, fangen wir an.« Nach dem letzten Wort fing er laut an zu zählen.
Die Räuber ließen ihn nicht bis zwei kommen, bevor sie die Pferde zurück zwischen die Bäume trieben; bei vier hörten die beiden Abgeworfenen mit den Versuchen auf, wieder auf die Sättel ihrer scheuenden Pferde zu kommen, und rannten so schnell los, wie sie nur konnten. Es war unnötig, ihnen zu folgen. Der donnernde Hufschlag von Pferden, die durch das Unterholz getrieben wurden, verhallte schnell in der Ferne. Unter den gegebenen Umständen war es das Beste, was sie sich hatten erhoffen können. Natürlich sah Alys das anders.
»Ihr hattet kein Recht, sie gehen zu lassen«, sagte sie indigniert, in ihren Augen blitzte Wut auf, als sie ihr Bestes tat, sie nacheinander mit ihren Blicken aufzuspießen. Sie ließ ihre Stute sich drehen, damit ihr auch keiner von ihnen entging. »Hätten sie angriffen, hätte ich die Eine Macht gegen sie eingesetzt. Wie viele Menschen haben sie beraubt und ermordet, wie viele Frauen geschändet, wie viele Kinder zu Waisen gemacht? Wir hätten sie bekämpfen und die Überlebenden zum nächsten Magistrat bringen sollen.«
Lan, Bukama und Ryne versuchten sie nacheinander davon zu überzeugen, wie unwahrscheinlich es gewesen wäre, dass einer von ihnen zu den Überlebenden gehört hätte – die Straßenräuber hätten hart gekämpft, um dem Galgen zu entgehen, und die schiere Übermacht zählte –, aber sie schien allen Ernstes zu glauben, dass sie die fünfzig Männer allein hätte besiegen können. Eine sehr seltsame Frau.
Wären es nur die Stürme und Wegelagerer gewesen, das wäre nicht mehr gewesen, als Lan
Weitere Kostenlose Bücher