Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
auch Elin sie spüren müssen. Eine Machtlenkerin konnte sich niemals an eine andere anschleichen, wenn die andere aufmerksam war.
    Sie spähte über Elins Schulter und erkannte das Buch sofort. Entflammte Herzen , eine Sammlung von Liebesgeschichten. Die Burgbibliothek war die größte in der bekannten Welt und hatte Ausgaben fast jeden Buches, das je gedruckt worden war, aber das war für eine Novizin nicht geeignet. Aufgenommenen ließ man etwas mehr Freiheit – zu diesem Zeitpunkt wusste man, dass man zusehen würde, wie der Ehemann alt wurde und starb und die Kinder und Enkel und Urenkel ebenfalls, während man sich überhaupt nicht veränderte –, aber Novizinnen wurden unauffällig entmutigt, an Männer oder Liebe zu denken, und von allen Männern ferngehalten. Es war nicht akzeptabel, dass eine Novizin versuchte wegzulaufen, um zu heiraten, oder – noch schlimmer – schwanger wurde. Die Novizinnenausbildung war absichtlich ausgesprochen hart – sollte man zusammenbrechen, dann besser als Novizin als später als Schwester. Aes Sedai zu sein war wirklich hart – und mit einem Kind waren die Anforderungen kaum mehr zu erfüllen.
    »Ihr solltet eine angemessenere Lektüre finden, Elin«, sagte Moiraine leichthin. »Und Euren Pflichten mehr Aufmerksamkeit schenken.«
    Moiraine hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als Elin auch schon mit einem Keuchen aufgesprungen war und herumwirbelte, während das Buch zu Boden fiel. Sie war nicht besonders groß für eine Andoranerin, trotzdem musste Moiraine nach oben blicken, um ihr in die Augen sehen zu können. Als sie Moiraine erkannte, stieß sie einen leisen Seufzer der Erleichterung aus. Einen sehr leisen. Für Novizinnen standen Aufgenommene nur einen winzigen Schritt unter den Aes Sedai. Elin lupfte die weißen Röcke zu einem hastigen Knicks. »Es hätte niemand hereinkommen können, ohne dass ich ihn gesehen hätte, Moiraine. Merean Sedai hat gesagt, ich dürfe lesen.« Sie legte den Kopf schief und spielte mit dem breiten weißen Band, das ihr Haar zurückhielt. Sämtliche Kleidungsstücke einer Novizin waren weiß, selbst ihre dünnen Lederslipper. »Warum ist das Buch nicht angebracht, Moiraine?« Sie war drei Jahre älter, aber der Große Schlangenring und der beringte Rock kündeten in den Augen einer Novizin von einem Reichtum an Wissen. Unglücklicherweise gab es Themen, über die Moiraine nur ungern mit anderen sprach. Es gab auch so etwas wie Schicklichkeit.
    Sie hob das Buch auf und gab es der Novizin. »Die Bibliothekare wären sehr böse, wenn Ihr eines ihrer Bücher beschädigt zurückbringt.« Sie verspürte eine gewisse Zufriedenheit. Das war die Art von Antwort, die eine richtige Schwester gegeben hätte, wenn sie die Frage nicht beantworten wollte. Aufgenommene übten sich darin, wie Aes Sedai zu sprechen, für den Tag, an dem sie die Stola errangen, aber man konnte es nur bei Novizinnen üben, wenn man keine Schwierigkeiten bekommen wollte. Einige versuchten es eine Zeit lang bei den Dienern, aber dafür lachte man sie bloß aus. Diener wussten nur zu gut, dass Aufgenommene in den Augen von Aes Sedai keineswegs einen kleinen Schritt von den Schwestern entfernt waren, sondern bloß einen kleinen Schritt über den Novizinnen standen.
    Wie erhofft fing Elin sofort an, das Buch auf Schäden zu untersuchen, und Moiraine fuhr fort, bevor die Novizin wieder auf ihre peinliche Frage zurückkam. »Sind Nachrichten vom Schlachtfeld eingetroffen, Kind?«
    Elin sah sie leicht indigniert an. »Moiraine, Ihr wisst, dass ich eine Nachricht unverzüglich hereingebracht hätte, wenn eine gekommen wäre. Das wisst Ihr doch.«
    Sie wusste es. So wie Tamra es gewusst hatte. Aber wo die Bewahrerin oder eine der Sitzenden angemerkt hätten, dass die Amyrlin einen albernen Befehl gegeben hatte – zumindest war Moiraine dieser Meinung –, konnte eine Aufgenommene nur gehorchen. Und was das anging, sollten Novizinnen nicht erwähnen, dass eine Aufgenommene eine dumme Frage gestellt hatte. »Antwortet man so, Elin?«
    »Nein, Moiraine«, sagte Elin zerknirscht und machte noch einen Knicks. »Es ist keine Nachricht eingetroffen, während ich hier war, Moiraine.« Sie legte den Kopf erneut schief. »Hat Gitara Sedai eine Vorhersage gemacht?«
    »Kümmert Euch wieder um Euer Buch, Kind.« Die Worte hatten Moiraines Mund noch nicht verlassen, als ihr auch schon bewusst wurde, dass sie falsch waren und dem widersprachen, was sie zuvor gesagt hatte. Aber jetzt war es zu

Weitere Kostenlose Bücher