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Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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wenn Moiraine die Stola errang und Siuan nicht. Sie wusste, dass ihre Freundin eine bessere Aes Sedai sein würde, als sie es jemals sein konnte.
    Den ganzen Nachmittag hörte sie, wie die anderen Aufgenommenen zurückkehrten, einige lachten, andere klagten. Aber die Lautstärke verwandelte sich immer schnell in Stille, als sich herumsprach, dass sie der Prüfung unterzogen worden war und bestanden hatte und jetzt in ihrem Zimmer war. Morgen würde man sie zur Aes Sedai erheben, aber sie benahmen sich, als wäre sie es bereits, bewegten sich verstohlen, als wollten sie sie nicht stören. Die Stunde des Abendessens kam und verging. Moiraine glaubte, trotz des gewaltigen und späten Mittagessens durchaus noch etwas essen zu können, aber sie ging nicht in den Speisesaal. Zum einen glaubte sie nicht, das Starren der anderen ertragen zu können, oder – noch schlimmer – wenn sie die Blicke senkten. Zum anderen konnte Siuan zurückkehren, während sie fort war.
    Sie lag gähnend auf dem Bett und unternahm noch einen Versuch, etwas zu lesen, als Siuan mit unleserlichem Gesichtsausdruck eintrat.
    »Hast du …?«, fing Moiraine an und konnte nicht zu Ende sprechen.
    »Das war so einfach, wie aus dem Boot zu fallen«, erwiderte Siuan. »In einen Schwarm Silberspitzen. Mir blieb vor Schreck beinahe das Herz stehen, als mir das hier einfiel« – sie schlug auf ihre Gürteltasche, wo sie ebenfalls ihr Buch verwahrte –, »aber danach verlief alles sehr gut.« Plötzlich wurde sie puterrot im Gesicht. Aber sie brachte ein Lächeln zustande. »Moiraine, man wird uns zusammen erheben.«
    Moiraine sprang auf die Füße, und lachend führten sie Hand in Hand einen Freudentanz auf. Die Frage quälte sie, was bei Siuans Prüfung passiert war. Das rote Gesicht – bei Siuan! – bettelte förmlich nach neugierigen Fragen, aber es war strengstens untersagt, über das zu sprechen, was während der Prüfung geschehen war. Wie lange war es her, dass sie nicht alles miteinander geteilt hatten? Selbst hier brachte die Stola Trennungen.
    »Du musst am Verhungern sein«, sagte Moiraine und blieb stehen. Sie war so müde, dass sie taumelte, und Siuan war nicht viel sicherer auf den Füßen. »Und in deinem Zimmer wartet sicher ein Tablett auf dich.« Sie zeigte auf die Überreste ihrer Mahlzeit auf dem Tisch. Bei dieser besonderen Gelegenheit hatte man ihr das Essen zwar gebracht, aber es wurde von ihr erwartet, dass sie das schmutzige Geschirr selbst hinunterbrachte. Und froh sein durfte, dass sie es nicht selbst spülen musste, weil sie so lange gewartet hatte.
    »Ich könnte einen Ochsen verdrücken, aber in meinem Zimmer wartet etwas Besseres als Essen.« Siuan grinste plötzlich. »Einer der Stallburschen hat mir heute Morgen sechs Mäuse gegeben.«
    »Wir sind praktisch Schwestern«, protestierte Moiraine. »Wir können niemandem Mäuse ins Bett legen. Außerdem wäre es nicht nur unschicklich, sondern auch unfair. Fast jede war so gut wie den ganzen Tag draußen, und sie müssen so müde wie du und ich sein.«
    »Praktisch Schwestern zu sein ist nicht dasselbe, als es tatsächlich zu sein, Moiraine. Denk nach. Es ist unsere letzte Gelegenheit. Es wäre wirklich nicht angebracht, sobald wir die Stola tragen.« Siuans Grinsen verblasste und wurde von grimmigem Ernst ersetzt. »Und soviel ich weiß, hat Elaida die Burg nicht verlassen. Mäuse sind eine kleine Revanche für diese Prügel, Moiraine. Wir schulden ihr etwas. Wir schulden es ihr!«
    Moiraine holte tief Luft. Ohne Elaida hätte sie vielleicht nie geübt, schneller zu weben, und ohne diese Fähigkeit wäre sie möglicherweise gescheitert. Aber sie vermutete, dass ihr Vater nicht die einzige besondere Zugabe Elaidas bei ihrer Prüfung gewesen war. Zu oft waren ihre Schwächen von jemandem bloßgelegt worden, der sie besonders gut kannte. Die Frau hatte sie scheitern sehen wollen!
    »Erst nachdem du gegessen hast«, sagte sie.

KAPITEL 11

    Kurz vor Morgendämmerung
    M oiraine zog sich im Licht einer einzelnen Lampe und des heruntergebrannten Feuers im Kamin sorgfältig an und bemühte sich, ihr Gähnen zu unterdrücken. Es bedurfte einer Anstrengung. Eine Nacht der Meditation bedeutete eine Nacht ohne Schlaf; ihre Augen fühlten sich körnig an, ihre Glieder waren bleischwer. Nun, sie hätte auf jeden Fall nicht schlafen können, schon einfach wegen dem, was sie an diesem Morgen erwartete. Oh, warum hatte sie Siuan nur nicht von diesem dummen Streich abgebracht? Das war eine

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