Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
Namen im gleichen Moment, mit einer Spur Trotz. Sie war nicht davon abzubringen gewesen, dass Elaida noch eine Möglichkeit finden würde, sie um ihre Stolen zu bringen, wenn sie konnte.
Ihre Lehrerinnen hatten das Thema der Reihenfolge nie zur Sprache gebracht – vielleicht hatten sie nicht damit gerechnet, dass sie beide im Gleichschritt so weit kommen würden –, aber sie hörte, wie jemandem hinter ihr der Atem stockte, und als Tamra weitersprach, geschah das nach einem Zögern, das so geringfügig war, dass sie es sich möglicherweise nur eingebildet hatte.
»Aus welchem Grund kommt Ihr?«
»Die Drei Eide zu schwören und damit die Stola einer Aes Sedai zu fordern«, antworteten sie gemeinsam. Ob sie nun die Anstandsregeln brachen oder auch nicht, an diesem Morgen wollten sie alles zusammen tun, soweit das möglich war.
»Mit welchem Recht verlangt Ihr diese Bürde?«
»Mit dem Recht, den Weg zu Ende gegangen zu sein, unterwerfe ich mich dem Willen der Weißen Burg.«
»Dann tretet ein, wenn Ihr es wagt, und bindet Euch an die Weiße Burg.«
Hand in Hand traten sie ein. Zusammen. Mit unbewegtem Gesicht und gleichmäßigen Schrittes, weder eilig noch zögerlich. Der Wille der Burg erwartete sie in seiner menschlichen Verkörperung.
Tamra stand in helles, brokatgeschmücktes Blau gekleidet mit der gestreiften Stola der Amyrlin auf den Schultern hinter dem ovalen Ter’angreal , dessen Farben nacheinander silbern und gold, blau und grün wurden. Aeldra stand an ihrer Seite, in einen dunkleren Blauton gekleidet, und hielt ein schwarzes Samtkissen in den Händen. Entlang der runden Wand standen die Sitzenden aus dem Saal der Burg, die Ajahs zusammen, und vor den jeweiligen drei Sitzenden standen zwei weitere Schwestern der Ajah, mit den Stolen um den Hals und einer weiteren Stola auf dem Arm. Ausdruckslose Augen schauten zu, wie Moiraine und Siuan den Raum durchquerten.
Das Ter’angreal stellte das erste Problem ihres Plans dar. Das hohe Oval war zu schmal, als dass sie gemeinsam hätten hindurchschreiten können, nicht ohne sich hindurchzuzwängen, und das würde kaum der erforderlichen Würde entsprechen. Das war eine Diskussion, die Moiraine für sich entschieden hatte. Siuan warf ihr einen Blick zu – es erschien unmöglich, dass diese blauen Augen plötzlich so scharf blicken konnten, ohne dass sich ihre Miene änderte, und doch taten sie es –, dann hob sie die Röcke an und trat hindurch, während Moiraine ihr folgte. Seite an Seite knieten sie vor dem Amyrlin-Sitz nieder.
Tamra nahm den Eidstab von dem Samtkissen, das Aeldra hielt, einen glatten, elfenbeinweißen Zylinder von einem Fuß Länge und nur unwesentlich dicker als Moiraines Handgelenk. Der Eidstab, ein Ter’angreal , würde sie an die drei Eide binden und damit an die Burg.
Einen Augenblick lang zögerte Tamra, als wüsste sie nicht, wen sie zuerst binden sollte, aber nur ganz kurz. Moiraine hob sofort die Hände, die Handflächen nach oben, und Tamra legte den Stab hinein. Das war der Preis, den Siuan verlangt hatte, eine unbedingt zu erfüllende Gefälligkeit dafür, dass Moiraine hinter ihr durch das Oval getreten war. Unnötig zu erwähnen, dass sie diese »Gefälligkeit« erst enthüllt hatte, nachdem Moiraine sich einverstanden erklärt hatte. Sie würde als Erste Aes Sedai werden. Es war so unfair!
Aber jetzt war keine Zeit dafür da, darüber nachzudenken, dass sie eigentlich hätte wissen müssen, dass Siuan etwas vorhatte, wenn sie so schnell nachgab. Der Schimmer Saidars hüllte Tamra ein, und sie berührte den Eidstab mit einem dünnen Strom Geist.
Moiraine schloss die Hände um den Stab. Er fühlte sich wie Glas an, nur irgendwie glatter. »Ich schwöre unter dem Licht und bei meiner Hoffnung auf Rettung und Wiedergeburt, dass ich kein Wort sprechen werde, das nicht die Wahrheit ist.« Der Eid legte sich auf sie, und plötzlich schien die Luft härter auf ihre Haut zu drücken. Rot ist weiß, dachte sie. Oben ist unten. Sie konnte noch immer eine Lüge denken, aber ihre Zunge würde sie jetzt nicht mehr aussprechen können. »Ich schwöre unter dem Licht und bei meiner Hoffnung auf Rettung und Wiedergeburt, dass ich keine Waffe schaffen werde, mit der ein Mensch einen anderen töten kann.« Der Druck erhöhte sich abrupt; es fühlte sich an, als wäre sie in ein unsichtbares Kleid eingenäht worden, das viel zu eng saß, das sie vom Scheitel bis zu den Fußsohlen einhüllte. Zu ihrer Zerknirschung traten ihr
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