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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Brücke noch
staunender als vorher. Aus dem Zeitalter der
Legenden. Also von den Aes Sedai gebaut.
Deshalb hatte Kapitän Domon so seine Bedenken, auch wenn er immer von der
Großartigkeit und dem Zauber der Welt sprach. Ein Werk der Aes Sedai. Es war
eine Sache, davon zu hören, aber eine ganz andere, es tatsächlich zu sehen und
zu berühren. Das weißt du doch, nicht wahr? Einen Augenblick lang schien es Rand, als fließe ein Schatten
durch das milchweiße Bauwerk. Er wandte den Blick ab und schaute die näher
kommenden Landestege an, doch aus dem Augenwinkel sah er immer noch die Brücke
aufragen. »Wir haben es geschafft, Thom«, sagte er und lachte dann gezwungen.
»Und das sogar ohne Meuterei.«
    Der Gaukler räusperte sich nur und
pustete seine Schnurrbartenden weg, aber zwei Matrosen, die in Rands Nähe ein
Tau bereithielten, sahen Rand scharf an, wandten sich aber schnell wieder ihrer
Arbeit zu. Er lachte nicht mehr und bemühte sich, die beiden während ihrer
Ankunft in Weißbrücke nicht mehr anzusehen.
    Die Gischt drehte elegant am ersten Landesteg bei – dicke Planken auf
schweren, mit Teer bestrichenen Stützbalken – und verhielt unter einem
Rückwärtsschlag der Ruder, bei dem das Wasser um die Blätter aufschäumte. Als
die Ruder eingezogen wurden, warfen die Matrosen Männern auf dem Landesteg Taue
zu, und die Männer befestigten sie schwungvoll, während andere
Besatzungsmitglieder die mit Wolle gefüllten Säcke über die Reling warfen,
damit sie den Schiffsrumpf vor Beschädigungen durch die Stützbalken des
Landestegs schützten. Bevor der Kahn noch an den Landesteg herangezogen war,
erschienen an dessen Ende bereits Kutschen, hoch und glänzend schwarz lackiert,
und auf jede Tür war in großen goldenen oder roten Lettern ein Name aufgemalt.
Die Passagiere der Kutschen eilten die Laufplanke hinauf, kaum dass sie
ausgelegt war: Männer mit glatten Gesichtern in langen Samtmänteln und mit
Seide verbrämten Umhängen und Stoffschuhen, jeder gefolgt von einem Diener in
einfacher Kleidung, der eine mit Eisen beschlagene Geldkassette trug.
    Sie gingen mit aufgesetztem Lächeln auf
Kapitän Domon zu, doch ihr Lächeln verschwand, als er ihnen ins Gesicht
brüllte: »Du!« Er zeigte mit einem dicken Finger an ihnen vorbei und brachte
Floran Gelb am anderen Ende des Kahns damit zum Stehen. Die Beule auf Gelbs
Stirn, die Rands Stiefel hinterlassen hatte, war mittlerweile verschwunden,
doch er griff sich von Zeit zu Zeit an diese Stelle, wohl um sich selbst daran
zu erinnern. »Du haben zum letzten Mal auf meinem Schiff auf Wache geschlafen!
Oder auch auf irgendein anderes Schiff, wenn es gehen nach mir! Wähle eine
Seite, den Steg oder den Fluss, aber runter von mein Schiff, und zwar sofort !«
    Gelb zog die Schultern ein, und seine
Augen versprühten Hass auf Rand und seine Freunde; vor allem Rand bekam noch
einen giftigen Blick ab. Der drahtige Mann sah sich an Deck nach Unterstützung
um, aber es lag wenig Hoffnung in seinem Gesichtsausdruck. Einer nach dem
anderen richteten sich alle Männer von ihrer Arbeit auf und sahen ihn kalt an.
Gelb sackte sichtbar zusammen, doch dann kehrte sein hasserfüllter Blick zurück – doppelt so stark wie vorher. Mit einem leisen Fluch eilte er hinunter zu den
Mannschaftsquartieren. Domon schickte ihm zwei Männer nach, um sicherzugehen,
dass er nichts anstellte, und wandte sich dann mit einem Knurren ab. Als sich
der Kapitän ihnen wieder zuwandte, kehrte das Lächeln der Kaufleute zurück, und
sie verbeugten sich, als seien sie nicht unterbrochen worden.
    Auf ein Wort Thoms hin begannen Mat und
Rand, ihre Sachen zusammenzusuchen. Sie alle besaßen kaum etwas außer den
Kleidern, die sie am Leib trugen. Rand nannte seine Deckenrolle und die
Satteltaschen sowie das Schwert seines Vaters sein Eigen. Er nahm das Schwert
in die Hand, und das Heimweh überkam ihn so stark, dass seine Augen brannten.
Er fragte sich, ob er Tam jemals wiedersehen würde. Oder die Heimat. Du wirst den Rest deines Lebens mit Weglaufen verbringen, mit
Weglaufen und der Angst vor deinen eigenen Träumen. Mit einem zittrigen Seufzer schnallte er sich den Gürtel um
die Taille über seinen Mantel.
    Gelb kam zurück an Deck, gefolgt von
seinen beiden Schatten. Er blickte geradeaus, aber Rand konnte Wellen von Hass
spüren, die von ihm ausgingen.

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