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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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fallen, Bauer!« Die Lanze des
Anführers richtete sich auf Perrins Brustkorb.
    Einen Augenblick lang starrte er die
Lanzenspitze an. Plötzlich schrie er: »Nein!« Der Schrei galt nicht dem Reiter.
    Aus der Nacht flog Springer heran, und
Perrin war eins mit dem Wolf. Springer, der Welpe, der einst die Adler im Flug
bewundert hatte und genauso über den Himmel segeln wollte wie ein Adler. Der
Welpe, der gehüpft und gesprungen war, bis er höher als jeder andere Wolf
springen konnte, und der niemals die Sehnsucht der eigenen Jugend vergessen
hatte. Aus der Nacht heraus erschien Springer und sprang in einem hohen Bogen
hoch. Den Weißmänteln blieb nur ein Moment zum Fluchen, dann schlossen sich Springers
Kiefer um die Kehle des Mannes, der seine Lanze auf Perrin gerichtet hatte. Der
Schwung des großen Wolfes ließ sie beide auf der anderen Seite des Pferdes
herabstürzen. Perrin spürte, wie der Hals aufgerissen wurde, schmeckte das
Blut.
    Springer landete leicht auf den Füßen,
bereits ein Stück von dem Mann entfernt, den er getötet hatte. Sein Fell war
blutverkrustet – mit seinem Blut und dem anderer. Ein Riss an seinem Kopf ging
durch die leere Augenhöhle, in der sich sein linkes Auge befunden hatte. Er
blickte einen Moment lang Perrin mit dem verbliebenen Auge an. Renn, Bruder! Er wirbelte
herum, um erneut ein letztes Mal zu springen, und eine Lanze nagelte ihn am
Boden fest. Eine zweite Stahlspitze durchdrang seinen Brustkorb und bohrte sich
unter ihm in den Boden. Seine Beine zuckten, als er nach den Lanzenschäften
schnappte, die ihn am Aufstehen hinderten. Fliegen!
    Schmerz erfüllte Perrin, und er schrie
auf. Es war ein wortloser Schrei, der etwas vom Heulen eines Wolfs an sich
hatte. Ohne zu denken, sprang er vor. Er schrie immer noch. Alle Überlegung war
dahin. Die Reiter befanden sich zu dicht beieinander, um ihre Lanzen benützen
zu können, und die Axt lag wie eine Feder in seiner Hand, der Stahlzahn eines
riesigen Wolfs. Etwas krachte auf seinen Kopf herab, und im Fallen wusste er
nicht, ob es Springer war oder er selbst, der in dem Moment starb.
    Â»â€¦Â fliegen wie ein Adler.« Benebelt öffnete Perrin die
Augen. Sein Kopf schmerzte, und er erinnerte sich nicht, warum. Er blinzelte in
das Licht und sah sich um. Egwene kniete an seiner Seite und beobachtete ihn.
Sie befanden sich in einem quadratischen Zelt von etwa der Größe eines
durchschnittlichen Zimmers in einem Bauernhaus. Der Boden war mit Segeltuch
ausgelegt. Öllampen auf hohen Ständern in allen vier Ecken warfen helles Licht
in den Raum.
    Â»Dem Licht sei Dank, Perrin«, hauchte
sie. »Ich hatte gefürchtet, sie hätten dich umgebracht.«
    Statt zu antworten, sah er den
grauhaarigen Mann an, der auf dem einzigen Stuhl im Zelt saß. Aus einem großväterlichen
Gesicht blickten ihn dunkle Augen an. Das Gesicht passte gar nicht zu dem
weißen und goldfarbenen Uniformrock, den der Mann trug, und zu dem glänzenden
Brustpanzer, der über sein reinweißes Unterhemd geschnallt war. Es schien ein
freundliches Gesicht zu sein, gutmütig und ehrwürdig, und etwas an ihm passte
doch zu der eleganten Strenge der Einrichtungsgegenstände im Zelt: ein Tisch
und ein klappbares Feldbett, ein Waschtischchen mit einer einfachen weißen
Schüssel und einem Krug, eine einzige Holztruhe, die mit schlichten
geometrischen Mustern verziert war. Wo immer Holz verwandt worden war, da hatte
man es poliert, bis es matt schimmerte. Auch die Metallgegenstände glänzten,
aber nicht zu stark. Nichts davon wirkte protzig. Alles im Zelt sah nach solider
handwerklicher Arbeit aus, aber nur jemand, der wirklich erstklassige
Handwerker bei der Arbeit beobachtet hatte – Leute wie Meister Luhhan oder
Meister Aydaer, den Tischler – konnte das ermessen.
    Mit gerunzelter Stirn stocherte der Mann
mit einem Finger in zwei kleinen Stapeln von Gegenständen herum, die vor ihm
auf dem Tisch lagen. Perrin erkannte in einem der beiden Häufchen den Inhalt
seiner Taschen und sein Messer. Die Silbermünze, die ihm Moiraine gegeben
hatte, fiel heraus, und der Mann schob sie in Gedanken zurück. Er schürzte die
Lippen und wandte sich Perrins Axt zu. Er hob sie vom Tisch auf und wog sie in
der Hand. Dann kehrte seine Aufmerksamkeit zu den Emondsfeldern zurück.
    Perrin versuchte, sich aufzusetzen. Die
Anstrengung war vergebens – seine Arme und

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