Das Rad der Zeit 1. Das Original
Sedai können
dich jetzt noch retten. Nur die Aes Sedai.«
Thom grinste ihn boshaft an. Die Kleidung
des Gauklers hing in verkohlten Lumpen herunter, sodass er die Lichtblitze vor
Augen sah, als Thom mit dem Blassen gekämpft hatte, um ihnen die Flucht zu
ermöglichen. Das Fleisch unter den Lumpen war geschwärzt und verbrannt.
»Vertraue den Aes Sedai, Junge, und du wirst dir wünschen, tot zu sein. Denk
daran, der Preis für die Hilfe der Aes Sedai ist immer geringer, als du glauben
kannst, und immer gröÃer, als du dir vorstellen kannst. Und welche Ajah werden
dich zuerst finden, he? Rote? Vielleicht Schwarze. Am besten, du läufst weg,
Junge. Renn!«
Lans Blick war hart wie Granit, und sein
Gesicht blutverschmiert. »Eigenartig, eine Klinge mit dem Reiherzeichen in den
Händen eines Schafhirten zu entdecken. Bist du sie wert? Es wäre besser, du
wärst ihrer würdig. Jetzt bist du allein. Nichts ist hinter dir, woran du dich
halten kannst, und nichts vor dir. Jeder kann ein Schattenfreund sein.« Er
lächelte das Lächeln eines Wolfs, und Blut strömte aus seinem Mund. »Jeder.«
Perrin kam, brachte Anschuldigungen vor,
bat um Hilfe. Frau alâVere weinte um ihre Tochter, und Bayle Domon verfluchte
ihn, weil er Blasse zum Angriff auf sein Schiff verleitet hatte. Meister Fitch
stand händeringend in der Asche seiner Schenke, und Min schrie in den Klauen
eines Trollocs. Menschen, die er kannte, und Menschen, die er nur kurz kennen
gelernt hatte. Am schlimmsten war es bei Tam. Er stand über ihm, runzelte die
Stirn und schüttelte den Kopf, doch er sagte kein Wort.
»Du musst es mir sagen«, bat Rand ihn.
»Wer bin ich? Sag es mir, bitte! Wer bin ich? Wer bin
ich? «,schrie er.
»Beruhige dich, Rand!«
Einen Augenblick lang glaubte er, Tam
habe geantwortet, aber dann sah er, dass Tam fort war. Mat beugte sich über ihn
und hielt ihm eine Tasse Wasser an die Lippen. »Ruhe dich aus. Du bist Rand
alâThor, ganz gewiss, und hast das hässlichste Gesicht und den gröÃten
Dickschädel in den ganzen Zwei Flüssen. He, du schwitzt ja! Das Fieber ist
weg.«
»Rand alâThor?«, flüsterte Rand. Mat
nickte, und darin lag etwas so Beruhigendes, dass Rand einschlief, ohne das
Wasser auch nur zu berühren.
Es war ein von Träumen unbelästigter
Schlaf â jedenfalls erinnerte er sich später an keine â, aber leicht genug,
dass er immer die Augen ein wenig öffnete, wenn Mat nach ihm sah. Einmal fragte
er sich, ob Mat überhaupt keinen Schlaf bekäme, aber er schlief wieder ein,
bevor der Gedanke ausgesponnen war.
Das Quietschen der Türangeln weckte ihn
auf, doch er lag einen Augenblick lang nur still im Heu und wünschte sich, noch
schlafen zu können. Im Schlaf könnte er seinen Körper nicht fühlen. Seine
Muskeln schmerzten höllisch und verliehen ihm ungefähr die Kraft eines nassen
Lumpens. Er unternahm den schwachen Versuch, den Kopf zu heben. Es gelang ihm
beim zweiten Mal.
Mat saà an seinem gewohnten Platz an die
Wand gelehnt und so nah, dass er Rand mit einem Griff erreichen konnte. Sein
Kinn ruhte auf der Brust, die sich im sanften Rhythmus tiefen Schlafes hob und
senkte. Das Tuch war ihm über die Augen gerutscht.
Rand sah zur Tür hinüber.
Dort stand eine Frau und hielt die Tür
mit einer Hand auf. Einen Moment lang erschien sie ihm nur als dunkle Gestalt
in einem Kleid, die sich im schwachen Licht des frühen Morgens abhob, dann aber
trat sie ein und lieà die Tür hinter sich zufallen. Er konnte sie nun im
Laternenschein besser sehen. Er glaubte, sie müsse ungefähr so alt sein wie
Nynaeve, aber sie war kein Dorfmädchen.
Die blassgrüne Seide ihres Kleids
schimmerte bei jeder Bewegung. Ihr Umhang glänzte sanft grau, und ihr Haar
wurde von einem feinen Spitzennetz zusammengehalten. Sie strich mit den Fingern
über eine schwere goldene Halskette, während sie Mat und ihn nachdenklich
anblickte.
»Mat«, sagte Rand, und dann lauter:
»Mat!«
Mat schnaubte und kippte beinahe um, als
er erwachte. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen und sah die Frau an.
»Ich bin gekommen, um nach meinem Pferd
zu sehen«, sagte sie und deutete unbestimmt in Richtung der Boxen. Sie wandte
den Blick nicht von den beiden. »Bist du krank?«
»Er ist schon in Ordnung«, sagte Mat
steif. »Er hat sich lediglich bei diesem Regen
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