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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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… Bevor sie es sich anders überlegen konnte, lockerte sie
ihr Messer in der Scheide und wollte losschleichen. Moiraine packte sie am Arm.
Ihr Griff schien fast genauso kräftig wie der Lans.
    Â»Passt gut auf«, sagte die Aes Sedai
leise. »Sobald Ihr die Seile durchschnitten habt, kommt so schnell wie möglich
zurück. Auch Ihr seid ein Teil des Musters, und ich möchte wie bei den anderen
Euer Leben nicht aufs Spiel setzen. Nur, dass heutzutage eben die ganze Welt
auf dem Spiel steht.«
    Verstohlen rieb sich Nynaeve den Arm, als
Moiraine sie losließ. Sie wollte sich vor der Aes Sedai nicht anmerken lassen,
dass ihr Griff schmerzte. Aber Moiraine wandte sich wieder der Beobachtung des
Lagers zu, sobald sie losgelassen hatte. Zu ihrem Kummer bemerkte Nynaeve, dass
der Behüter weg war. Sie hatte nicht gehört, wie er weggeschlichen war. Licht noch mal – so ein verdammter Kerl! Schnell band sie sich die Röcke hoch, um die Beine besser
bewegen zu können, und hastete in die Nacht hinein.
    Nach den ersten Schritten ging sie jedoch
langsamer, da unter ihren Füßen ständig abgebrochene Zweige knackten. Sie war
froh, dass niemand da war, der ihr Erröten hätte bemerken können. Letzten Endes
sollte sie sich leise bewegen, und sie befand sich auch nicht in einem
Wettkampf mit dem Behüter. Tatsächlich?
    Sie schüttelte solche Gedanken ab und
besann sich darauf, ihren Weg durch den dunklen Wald zu suchen. Es war an sich
nicht so schwer; das schwache Licht des abnehmenden Mondes reichte jedem, den
ihr Vater unterrichtet hatte, und der Boden hob und senkte sich in sanften
Wellen. Aber die sich kahl und scharf umrissen vom Nachthimmel abhebenden Bäume
erinnerten sie ständig daran, dass es sich hier nicht um ein kindliches Spiel
handelte, und der heulende Wind klang viel zu sehr nach den Hörnern von
Trollocs. Jetzt – allein in der Dunkelheit – musste sie auch daran denken, dass
sich diesen Winter die Wölfe in den Zwei Flüssen anders verhalten hatten als
sonst und nicht mehr vor Menschen davongelaufen waren.
    Eine warme Welle der Erleichterung
überlief sie, als ihr endlich der Geruch nach Pferden in die Nase stieg. Sie
hielt beinahe den Atem an und kroch auf dem Bauch gegen den Wind dem Geruch
entgegen.
    Sie stolperte beinahe über die Wachen,
bevor sie sie bemerkte. Sie marschierten aus der Nacht heraus geradewegs auf
sie zu. Die weißen Umhänge flatterten im Wind und leuchteten beinahe im
Mondlicht. Sie hätten genauso gut Fackeln tragen können – Fackelschein hätte
sie auch nicht sichtbarer werden lassen. Sie erstarrte und bemühte sich, mit
dem Boden zu verschmelzen. Fast schon direkt vor ihr, kaum zehn Schritte
entfernt, kamen sie mit aufstampfenden Füßen zum Stehen und wandten sich mit
geschulterten Speeren einander zu. Gleich hinter ihnen konnte sie Schatten
ausmachen. Das mussten die Pferde sein. Der Stallgeruch nach Pferden und Mist
war stark.
    Â»Alles ist gut in der Nacht«, verkündete
eine weiß umhüllte Gestalt. »Das Licht leuchte uns und behüte uns vor dem
Schatten.«
    Â»Alles ist gut in der Nacht«, antwortete
der andere. »Das Licht leuchte uns und behüte uns vor dem Schatten.«
    Damit drehten sie sich um und
marschierten wieder fort in die Dunkelheit.
    Nynaeve wartete und zählte mit, während
sie zweimal ihre Runde drehten. Jedes Mal dauerte es genau gleich lang, und
jedes Mal wiederholten sie steif den gleichen Wortlaut – kein Wort mehr oder
weniger. Keiner warf auch nur einen Blick zur Seite; sie starrten nach vorn,
während sie heranmarschierten, und dann marschierten sie wieder weg. Sie fragte
sich, ob sie überhaupt bemerkt worden wäre, wenn sie gestanden hätte.
    Bevor die Nacht das blasse Flattern ihrer
Umhänge ein drittes Mal verschluckt hatte, war sie auch schon auf den Beinen
und rannte gebückt zu den Pferden hin. Beim Näherkommen verlangsamte sie ihren
Schritt, um die Tiere nicht aufzuscheuchen. Die Weißmäntel sahen vielleicht
nichts, was sich nicht gerade vor ihrer Nase befand, aber sie würden sicherlich
nachsehen, wenn die Pferde plötzlich zu wiehern begannen.
    Die Pferde an den Halteseilen – es gab
mehr als nur eine Reihe davon – waren kaum erkennbare Umrisse, die mit
gesenkten Köpfen in der Dunkelheit standen. Gelegentlich schnaubte eines oder
stampfte im Schlaf mit einem Huf auf. Im trüben

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