Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
waren, schienen sie wie eine natürliche
Klippe. Rand grinste. Die Klippen gleich hinter den Sandhügeln waren höher, und
trotzdem hatte sogar Perrin sie erklommen. Seine Hände suchten nach Auswüchsen
im Gestein, seine Füße fanden Vorsprünge. Die Trommeln spornten ihn beim
Klettern an. Er wollte sie nicht gewinnen lassen. Er würde die Mauerkrone
erreichen, bevor sie im Palast waren. In seiner Hast riss er sich die Hände am
Stein auf und schürfte sich die Knie durch die Hosen hindurch auf, doch dann
warf er die Arme über die Mauerkrone und zog sich mit dem Gefühl hoch, gewonnen
zu haben.
    Schnell wand er sich herum, um sich auf
die enge Mauerkrone zu setzen. Die mit unzähligen Blättern geschmückten Äste
eines mächtigen Baums ragten über seinen Kopf hinweg, aber er achtete nicht
darauf. Er blickte über ziegelgedeckte Dächer hinweg, aber hier von der Mauer
aus hatte er freie Sicht. Er beugte sich nur ein klein wenig vor und konnte die
Palasttore sehen sowie die Gardesoldaten der Königin, die dort aufgestellt
waren, und die erwartungsvolle Menge. Ihre Rufe gingen im Donnergrollen der
Trommeln und Trompeten unter, aber sie warteten immer noch. Er grinste. Ich habe gewonnen.
    Im gleichen Moment, als er sich
hinsetzte, kam die Prozession auf der letzten Kurve vor dem Palast in Sicht.
Zwanzig Reihen von Trompetern kamen zuerst und zerschnitten die Luft mit einem
triumphierenden Schmettern, einer Siegesfanfare nach der anderen. Hinter ihnen
donnerten genauso viele Trommler. Dann kamen die Banner von Caemlyn, weiße
Löwen auf rotem Grund, von Berittenen getragen, gefolgt von den Soldaten
Caemlyns, unzähligen Reihen von Reitern in glänzender Rüstung mit stolz
erhobenen Lanzen, an denen hellrote Wimpel flatterten. Lanzenträger und
Bogenschützen, jeweils drei Reihen tief, flankierten die Reiter, und mehr und
mehr von ihnen folgten, nachdem die Reiter bereits zwischen den wartenden
Gardesoldaten durch die Palasttore ritten.
    Die letzten Fußsoldaten kamen um die
Kurve, und hinter ihnen befand sich ein massiver Wagen. Sechzehn Pferde in
Viererreihen zogen ihn. In der Mitte der Ladefläche stand ein großer Käfig mit
Eisenstangen, und in jeder Ecke der Ladefläche saßen zwei Frauen, die den Käfig
so aufmerksam beobachteten, als existiere die Menge gar nicht. Aes Sedai, da
war er sicher. Zwischen dem Wagen und den Fußsoldaten ritten auf beiden Seiten
jeweils ein Dutzend Behüter. Ihre Umhänge flatterten und verwirrten das Auge.
Wenn auch die Aes Sedai die Menge ignorierten, so beobachteten die Behüter das
Volk, als gebe es außer ihnen keine Wächter mehr.
    Trotz alledem war es der Mann im Käfig,
der Rand in seinen Bann zog. Er war nicht nahe genug, um Logains Gesicht sehen
zu können, wie er eigentlich beabsichtigt hatte, aber mit einem Mal wusste er,
dass er gar nicht näher herankommen wollte. Der falsche Drache war ein hoch
gewachsener Mann mit langem, dunklem Haar, das in Locken auf seine breiten
Schultern fiel. Er hielt sich trotz des schwankenden Wagens aufrecht, indem er
sich mit einer Hand an den Gitterstäben über seinem Kopf festhielt. Seine
Kleidung schien ganz gewöhnlich: Umhang und Mantel und Kniebundhosen, die in
keinem Bauerndorf Aufsehen erregt hätten. Aber wie er sie trug! Seine ganze
Haltung! Logain war jeder Zoll ein König. Der Käfig hätte genauso gut gar nicht
vorhanden sein können. Er hielt sich aufrecht, mit hoch erhobenem Kopf, und
blickte über die Menge hinweg, als sei sie gekommen, ihm zu huldigen. Und wo
auch immer sein Blick hinfiel, schwiegen die Menschen und sahen ihn
ehrfurchtsvoll an. Wenn Logains Blick weiterwanderte, schrien sie doppelt so
laut, als wollten sie ihr Schweigen vergessen machen, aber für den Mann spielte
es keine Rolle, wie er so dastand, im Lärm oder in der ihn begleitenden Stille.
Als der Wagen durch die Palasttore rollte, blickte er zurück auf die
versammelte Volksmenge. Die Menschen heulten ihm zu, fanden keine Worte mehr,
eine Welle tierischen Hasses und Furcht überschlug sich, und Logain warf den
Kopf zurück und lachte, während ihn der Palast verschluckte.
    Andere Truppenteile folgten hinter dem
Wagen und zeigten die Banner all jener, die gegen den falschen Drachen gekämpft
und ihn besiegt hatten. Die Goldenen Bienen von Illian, die drei Weißen
Mondsicheln von Tear, die Aufgehende Sonne von Cairhien, die Banner

Weitere Kostenlose Bücher