Das Rad der Zeit 1. Das Original
er spähte angestrengt in die Dunkelheit
hinein, als könne er weiter als nur zehn Fuà blicken, und er lauschte genauso
angespannt. Wenn die Trollocs die Kurzen Wege benutzen konnten, dann war ihr
Verfolger möglicherweise eine weitere Kreatur des Dunklen Königs. Oder mehr als
eine. Lan hatte gesagt, in den Wegen könne er das nicht feststellen. Aber als
sie eine Brücke nach der anderen überquerten, ihr Mittagessen im Sattel
verzehrten und dann weitere Brücken hinter sich lieÃen, war alles, was er hören
konnte, das Knarren ihrer eigenen Sättel, das Klappern der Pferdehufe und
manchmal das Husten eines der anderen. Gelegentlich murmelte der eine oder
andere auch vor sich hin. Später hörte er auch den fernen Wind irgendwo in der
Schwärze drauÃen. Er wusste nicht, aus welcher Richtung das Geräusch kam. Zuerst
dachte er, er bilde sich das nur ein, doch mit der Zeit war er sicher.
Es wäre gut, wieder Wind zu spüren, selbst wenn
er kalt ist.
Plötzlich riss er die Augen auf. »Loial,
hast du nicht gesagt, in den Wegen gebe es keinen Wind?«
Loial brachte sein Pferd kurz vor der
nächsten Insel zum Stehen und neigte den Kopf, um zu lauschen. Langsam wich die
Farbe aus seinem Gesicht, und er leckte sich die Lippen. »Machin Shin«, flüsterte er
heiser. »Der Schwarze Wind. Das Licht leuchte und beschütze uns. Es ist der
Schwarze Wind.«
»Wie viele Brücken noch?«, fragte
Moiraine schneidend. »Loial, wie viele Brücken sind es noch?«
»Zwei. Ich glaube, zwei.«
»Also, dann beeilt euch«, sagte sie und
lieà Aldieb auf die Insel traben. »Findet schnell den Weg!«
Loial führte ein Selbstgespräch, oder er
redete mit dem, der eben gerade zuhörte, während er die Schrift auf dem
Wegweiser las. »Sie kamen wahnsinnig heraus und schrien etwas von Machin Shin . Licht, hilf uns!
Selbst die von den Aes Sedai geheilten â¦Â« Hastig überflog er die Schrift im
Stein und galoppierte los, auf die erwählte Brücke zu, wobei er rief:
»Hier entlang!«
Diesmal wartete Moiraine nicht, um sich
erst zu orientieren. Sie lieà sie hinterhergaloppieren. Die Brücke erzitterte
unter den Hufen ihrer Pferde, und die Laternen schwankten wild an ihren
Stangen. Loial überflog gehetzt die Schrift an der nächsten Säule und riss sein
Pferd herum, bevor es überhaupt richtig zum Stehen gekommen war. Das Geräusch
des Windes hinter ihnen wurde lauter. Rand konnte es über den Lärm der
Hufschläge auf dem Steinboden hinweg hören. Und die WindstöÃe kamen näher.
Sie kümmerten sich nicht um den letzten
Wegweiser. Sobald im Laternenschein die davon ausgehende weiÃe Linie sichtbar
wurde, bogen sie im Galopp in diese Richtung ein. Die Insel verschwand hinter
ihnen, und es gab nur noch den zerklüfteten, grauen Steinboden unter ihren
FüÃen sowie die weiÃe Linie. Rand atmete so schwer, dass er sich nicht mehr
sicher war, ob er den Wind noch hörte.
In der Dunkelheit vor ihnen tauchte das
Tor auf; mit Ranken verziert stand es einsam in der Schwärze wie ein winziges
Stück Mauer in der Nacht. Moiraine beugte sich aus dem Sattel und streckte die
Hand nach den Verzierungen aus. Plötzlich fuhr sie zurück. »Das Avendesora -Blatt ist nicht
da!«, sagte sie. »Der Schlüssel ist weg!«
»Licht!«, schrie Mat. »Verdammtes Licht!«
Loial warf den Kopf in den Nacken und stieà einen schaurigen Laut aus.
Egwene berührte Rand am Arm. Ihre Lippen
zitterten, aber sie sah ihn nur an. Er legte seine Hand auf die ihre und
hoffte, dass er nicht noch ängstlicher dreinblickte als sie. Er fühlte es.
Hinter dem Wegweiser heulte der Wind. Er bildete sich fast ein, er könne darin
Stimmen unterscheiden, Stimmen, die unsagbar Furchtbares riefen, das ihm â wenn
er es auch nur halb verstand â Magenkrämpfe bereitete.
Moiraine hob ihren Stab, und von seinem
Ende stach eine Flamme hervor. Es war nicht die reine, weiÃe Flamme, an die
sich Rand von Emondsfelde und von dem Kampf vor Shadar Logoth her erinnerte. Das
Feuer war von krankhaftem Gelb und langsam hindurchtreibenden schwarzen Flecken
durchsetzt, die wie RuÃflocken wirkten. Dünner, säuerlich riechender Rauch
erhob sich von der Flamme, lieà Loial husten und die Pferde nervös tänzeln,
aber Moiraine richtete die Flamme auf das Tor. Der Rauch biss in Rands Kehle
und
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