Das Rad der Zeit 1. Das Original
schienen etwas Fernes wahrzunehmen. Mat hing mit halb geschlossenen
Augen und einem nicht ganz vollendeten Grinsen auf dem Gesicht auf seinem
Stuhl. Es war ein nervöses Grinsen, das nicht von Vergnügen zeugte. Nach auÃen
hin wirkte er wie der alte Mat, doch von Zeit zu Zeit berührte er unbewusst
durch seinen Mantelstoff hindurch den Dolch aus Shadar Logoth. Was sagt ihr Fain? Was weià er?
Wenigstens wirkte Loial nicht besorgt.
Der Ogier betrachtete die Wände. Zuerst hatte er sich in die Mitte des Raums
gestellt und sich langsam beim Betrachten im Kreis herumgedreht. Jetzt drückte
er beinahe seine breite Nase am Stein platt, und dabei fuhr er sanft mit
Fingern, die dicker waren als die Daumen der meisten Menschen, eine bestimmte
Linie nach. Manchmal schloss er die Augen, als sei das Gefühl dabei wichtiger
als der Anblick. Seine Ohren zuckten gelegentlich, und er führte
Selbstgespräche in der Ogiersprache. Er schien vergessen zu haben, dass sich
noch andere mit ihm im Raum befanden.
Lord Agelmar stand mit Nynaeve und Egwene
vor dem groÃen Kamin am Ende des Raums und unterhielt sich leise mit ihnen. Er
war ein guter Gastgeber, geschult darin, die anderen ihre Sorgen vergessen zu
machen. Einige seiner Geschichten brachten Egwene zum Kichern. Einmal lachte
sogar Nynaeve schallend los. Rand fuhr bei dem unerwarteten Geräusch hoch und
dann noch mal, als Mats Stuhl krachend zu Boden fiel.
»Blut und Asche!«, grollte Mat und
ignorierte die Art, wie Nynaeve ob seiner Ausdrucksweise den Mund verzog.
»Warum braucht sie so lang?« Er richtete seinen Stuhl wieder auf und setzte
sich hin, ohne irgendjemanden anzuschauen. Seine Hand verirrte sich zu seinem
Mantel.
Der Herr von Fal Dara blickte Mat
missbilligend an â sein Blick schloss auch Rand und Perrin ein, ohne
freundlicher zu werden â, und dann wandte er sich wieder den Frauen zu. Rands
nervöses Umhergehen hatte ihn in deren Nähe gebracht.
»Lord Agelmar«, sagte Egwene gewandt, als
habe sie ihr ganzes Leben lang schon solche Titel benützt, »ich dachte, er sei
einfach Behüter, aber Ihr nennt ihn Dai Shan und sprecht vom Banner des
Goldenen Kranichs, genau wie die anderen Männer. Manchmal sprecht Ihr von ihm,
als sei er ein König. Ich erinnere mich, dass Moiraine ihn einmal den letzten
Herrn der Sieben Türme nannte. Wer ist er eigentlich?«
Nynaeve betrachtete plötzlich eingehend
ihren Pokal, aber für Rand war es ganz offensichtlich, dass sie noch genauer
hinhörte als Egwene. Rand blieb stehen und bemühte sich zuzuhören, ohne den
Eindruck zu erwecken, dass er sie belausche.
»Herr der Sieben Türme«, sagte Agelmar
mit gerunzelter Stirn. »Ein uralter Titel, Lady Egwene. Nicht einmal die
Hochlords von Tear führen einen älteren, obwohl die Königin von Andor dem nahe
kommt.« Er seufzte auf und schüttelte den Kopf. »Er spricht nicht darüber, aber
man kennt die Geschichte hier an der Grenze recht gut. Er ist König, oder hätte
es sein sollen, alâLan Mandragoran, Herr der Sieben Türme, Herr der Seen,
ungekrönter König von Malkier.« Sein geschorener Kopf war hoch erhoben, und in
seinen Augen glänzte etwas wie der Stolz eines Vaters. Seine Stimme wurde kräftiger,
erfüllt von der Macht seiner Gefühle. Der ganze Raum konnte mithören, ohne dass
sich jemand anstrengen musste. »Wir aus Shienar nennen uns Grenzleute, aber vor
weniger als fünfzig Jahren gehörte Shienar noch nicht zu den Grenzlanden.
Nördlich von uns und Arafel lag Malkier. Die Lanzen von Shienar ritten
nordwärts, doch es war Malkier, das die Fäule zurückhielt. Malkier, Friede
seinem Angedenken, und das Licht erleuchte seinen Namen!«
»Lan kommt aus Malkier«, sagte die Dorfheilerin
sanft und blickte auf. Sie schien beunruhigt.
Es war keine Frage gewesen, aber Agelmar
nickte. »Ja, Lady Nynaeve, er ist der Sohn von alâAkir Mandragoran, dem letzten
gekrönten König von Malkier. Wie das aus ihm wurde, was er jetzt ist? Am Anfang
stand wohl Lain. In einem kühnen Angriff führte Lain Mandragoran, der Bruder
des Königs, seine Lanzen durch die Fäule in das Versengte Land, vielleicht
sogar bis Shayol Ghul selbst. Lains Frau Breyan hatte ihn dazu getrieben, denn
in ihrem Herzen brannte der Neid, da alâAkir statt Lain auf den Thron erhoben
worden war. Der König und Lain hatten sich so nahe gestanden,
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