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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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beschwingter,
und die Beine federten elastischer. Das Unbehagen rührte sich noch in seinen
Eingeweiden und ließ seinen Magen flattern, doch die Angst hatte sich so weit
aufgelöst, dass sie fast nicht mehr zu bemerken war. Er glaubte nicht, dass es
noch besser werden könne – wenn die Fäule nur eine halbe Meile entfernt war –,
obwohl Moiraine natürlich Recht damit hatte, dass nichts aus der Fäule hier
eindringen könne. Die tausend brennenden Lichtpunkte, die sich in seine Knochen
gebohrt hatten, waren erloschen, und zwar in dem Moment, als sie das Reich des
Grünen Mannes betreten hatten, da war er ganz sicher. Er hat sie ausgeblasen ,
dachte er – der Grüne Mann und dieser Ort hier.
    Egwene fühlte es und Nynaeve auch, diesen
beruhigenden Frieden, die Ruhe, die in der Schönheit lag. Er sah es ihnen an.
Ihre Gesichter zeigten ein heiteres Lächeln, und ihre Finger streichelten über
Blumen. Sie blieben stehen, um den Duft tief einzuatmen.
    Als der Grüne Mann das bemerkte, sagte
er: »Blüten sind zur Zierde da. Pflanzen oder Menschen, das ist beinahe
dasselbe. Keiner hat etwas dagegen, solange man nicht zu viele nimmt.« Und er
begann, von dieser oder jener Pflanze Blüten abzupflücken, aber niemals mehr
als zwei von einer Pflanze. Bald trugen Nynaeve und Egwene Blütenkränze im
Haar, rosa Heckenrosen und gelbe Glockenblumen und weiße Morgensternchen. Der
Zopf der Dorfheilerin, der ihr bis zur Hüfte reichte, schien wie ein weiß- und
rosafarbener Garten. Selbst Moiraine nahm für ihre Stirn einen Kranz von
Morgensternchenblüten entgegen, der so stark in sich verwoben war, dass die
Blüten immer noch zu wachsen schienen. Rand war sich nicht sicher, ob sie nicht
vielleicht wirklich wuchsen. Der Grüne Mann kümmerte sich im Vorbeigehen um
seinen Waldgarten und unterhielt sich dabei leise mit Moiraine. Er tat, was
eben gerade getan werden musste, ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein.
Seine Haselnussaugen erspähten an einer rankenden Heckenrose einen krummen
Trieb, der von dem blütenübersäten Ast eines Apfelbaums in eine Ecke gedrückt
wurde, und er blieb beim Sprechen stehen und fuhr mit der Hand den Trieb
entlang. Rand war sich nicht ganz klar darüber, ob ihm seine Augen einen
Streich spielten oder ob sich die Dornen tatsächlich wegdrehten, damit sie
diese grünen Finger nicht verletzten. Als die hoch aufragende Gestalt des
Grünen Mannes weiterging, war der Trieb kerzengerade und steckte seine roten
Knospen zwischen die weißen Apfelblüten. Er beugte sich hinunter und umschloss
mit seiner riesigen Hand ein winziges Samenkorn, das auf einem Häufchen
Kieselsteine lag. Als er sich wieder aufrichtete, war daraus ein kleiner Trieb
geworden, der eine Wurzel zwischen den Kieseln hindurch in guten Boden steckte.
    Â»Alle Dinge müssen wachsen, wo sie
hinfallen, so will es das Muster«, erklärte er über die Schulter, als
entschuldige er sich. »Und dort müssen sie die Drehung des Rads erwarten, doch
der Schöpfer wird nichts dagegen haben, wenn ich ein klein wenig nachhelfe.«
    Rand führte den Braunen um den Trieb
herum und achtete darauf, dass er nicht von den Pferdehufen zertrampelt wurde.
Es schien ihm nicht richtig, zu zerstören, was der Grüne Mann geschaffen hatte,
nur um einen Schritt mehr zu vermeiden. Egwene lächelte ihn an – ein so
vertrautes kleines Lächeln – und berührte seinen Arm.
    Sie sah so hübsch aus mit ihrem offenen,
blumengeschmückten Haar, dass er zurücklächelte, bis sie errötete und die Augen
niederschlug. Ich werde dich beschützen, dachte er. Was auch geschieht, ich
werde dich in Sicherheit bringen. Das schwöre ich. Der Grüne Mann führte sie ins Herz des Frühlingswaldes zu
einem Torbogen am Hang eines Hügels. Es war ein einfacher Steinbogen, hoch und
weiß, und auf dem Schlussstein sah man einen Kreis, der von einer
Schlangenlinie halbiert wurde. Die eine Hälfte war glatt, die andere rau. Das
uralte Symbol der Aes Sedai. Die Öffnung selbst lag im Schatten.
    Einen Augenblick betrachteten alle
schweigend den Torbogen. Dann entfernte Moiraine den Blütenkranz aus ihrem Haar
und hängte ihn an einen Zweig eines Süßholzbuschs neben dem Bogen. Es war, als
löse diese Bewegung ihre Zungen.
    Â»Ist es da drinnen?«, fragte Nynaeve.
»Weswegen wir gekommen sind?«
    Â»Ich würde

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