Das Rad der Zeit 1. Das Original
aber gleichzeitig drohenderen Licht leuchteten als
jene an der Decke. Die Oberfläche des Sees war so glatt wie Glas und so klar
wie der Weinquellenbach. Rand hatte das Gefühl, sein Blick könne ihn bis in die
Unendlichkeit durchdringen, und er konnte auch keinen Grund entdecken.
»Das Auge der Welt«, flüsterte Moiraine
neben ihm.
Als er sich voller Staunen umblickte,
bemerkte er, dass die dreitausend Jahre, seit es erschaffen wurde, nicht
spurlos an ihm vorübergegangen waren, und niemand war gekommen. Nicht alle
Kristalle in der Kuppel glühten mit der gleichen Intensität. Einige glühten
stärker, andere schwächer; einige flackerten, und andere waren nur noch kantige
Brocken, die lediglich im Lichtschein schimmerten. Wären alle gleich hell
gewesen, die Kuppel hätte so hell gestrahlt wie die Mittagssonne. Jetzt schien
es nur wie das Licht am späten Nachmittag. Der Rundweg war von Staub
überkrustet, auf dem kleine Steinchen und sogar einzelne Kristallsplitter
lagen. Lange Jahre des Wartens, während sich das Rad drehte und mahlte. »Aber was ist das
eigentlich?«, fragte Mat unsicher. »Das sieht nicht aus wie Wasser, jedenfalls,
wie ich es kenne.« Er gab einem faustgroÃen, dunklen Steinbrocken einen Tritt,
dass er über den Rand rutschte. »Es â¦Â«
Der Stein durchschlug die glasige
Oberfläche und glitt in den See, ohne zu klatschen, ohne auch nur die kleinste
Welle hervorzurufen. Beim Sinken schwoll der Stein an, wurde gröÃer und gröÃer
und zeichnete sich deutlich ab. Schnell war er kopfgroÃ. Rand konnte beinahe
hindurchsehen. Dann sah er nur noch einen armlangen, verschwommenen Fleck, und
auch der verschwand. Er hatte noch nie eine solche Gänsehaut gehabt.
»Was ist das?«, wollte er wissen. Er war
überrascht von der rauen Härte seiner eigenen Stimme.
»Man könnte es das Wesen des Saidin nennen.« Die Worte
der Aes Sedai wurden als Echo in der Kuppel zurückgeworfen. »Die Essenz der
männlichen Hälfte der Wahren Quelle, die pure Essenz der Macht, die von den
Männern vor der Zeit des Wahns beherrscht worden war. Die Macht, das Siegel am
Gefängnis des Dunklen Königs zu erneuern oder es vollständig zu brechen.«
»Das Licht leuchte und beschütze uns«,
flüsterte Nynaeve. Egwene klammerte sich an sie, als wolle sie sich hinter der Dorfheilerin
verstecken. Selbst Lan bewegte sich unruhig, obwohl in seinen Augen keine
Ãberraschung stand.
Rands Schultern prallten gegen Stein, und
ihm wurde bewusst, dass er bis zur Rückwand zurückgetreten war, so weit vom
Auge der Welt entfernt wie möglich. Wenn er gekonnt hätte, wäre er durch die
Wand hindurch geflohen. Mat ging es genauso. Er drückte sich so platt gegen die
Felswand, wie es nur ging. Perrin starrte mit halb gezogener Axt in den See.
Seine Augen leuchteten gelb und wild.
»Als ich darüber las«, sagte Loial
unsicher, »da habe ich mich immer gefragt, was es eigentlich sei. Warum? Warum
haben sie das geschaffen? Und wie?«
»Niemand unter den Lebenden weià das.«
Moiraine blickte nicht mehr in den See. Sie beobachtete Rand und seine beiden
Freunde mit abschätzendem Blick. »Weder weià man, wie es geschaffen wurde, noch
warum, auÃer dass es eines Tages benötigt werden würde und dass diese Not die
gröÃte und verzweifeltste sein würde, der sich die Menschheit bis zu dieser
Zeit je gegenübergesehen hatte. Vielleicht die gröÃte Not, die es jemals geben
würde.
Viele in Tar Valon haben sich bemüht,
einen Weg zu finden, diese Macht zu verwenden, aber sie ist so unerreichbar für
eine Frau wie der Mond für eine Katze. Nur ein Mann könnte sie beherrschen,
aber der letzte männliche Aes Sedai ist seit fast dreitausend Jahren tot. Und
doch war es eine verzweifelte Notwendigkeit, die sie dazu trieb. Sie arbeiteten
sich durch das Gift des Dunklen Königs hindurch, das Saidin verdorben hatte, um es wieder zu heilen, obwohl sie wussten,
dass ein Erfolg sie alle getötet hätte. Männliche und weibliche Aes Sedai
gemeinsam. Der Grüne Mann hat die Wahrheit gesagt. Die gröÃten Wunder des
Zeitalters der Legenden wurden auf diese Art geschaffen, Saidin und Saidar zusammen. Alle
Frauen in Tar Valon, alle Aes Sedai an all den Königshöfen und in allen
Städten, selbst jene eingerechnet, die jenseits der Wüste leben, selbst
Weitere Kostenlose Bücher