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Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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hatte diese Frage schon zuvor gestellt und eine freundlichere Antwort erhalten, und weil sie sie erneut gestellt hatte, hatte sie ihre Freundin beleidigt. Sie würde sich entschuldigen müssen. Nicht um Chiads Hilfe zu behalten – die Frau würde sie nicht zurücknehmen –, sondern weil sie selbst Ehre besaß, selbst wenn sie nicht dem Ji’e’toh folgte. Man beleidigte Freunde nicht und vergaß es dann einfach, oder erwartete, dass sie es vergaßen. Aber Entschuldigungen mussten warten. Sie wagten es nicht, dass man sie zu lange miteinander sprechen sah.
    Malden war eine blühende Stadt gewesen, ein Umschlagplatz für gute Wolle und eine Menge ordentlichen Wein, aber innerhalb der Stadtmauern war es jetzt nur noch eine leere Ruine. Viele der schiefergedeckten Häuser waren sowohl aus Stein wie aus Holz gebaut, und während der Plünderung war das Feuer außer Kontrolle geraten. Das südliche Ende der Stadt bestand aus Haufen geschwärzter Holzbalken, die von Eiszapfen verziert wurden, zur Hälfte niedergebrannte, dachlose Grundmauern. Die vom Wind verwehte Asche färbte die Straßen grau, ob sie nun gepflastert waren oder nur aus Erde bestanden, und die ganze Stadt stank nach verbranntem Holz. Wasser war die einzige Sache, von der es in Malden anscheinend niemals zu wenig gab, aber wie alle Aiel maßen die Shaido ihm einen hohen Wert zu, und sie verstanden nichts von Brandbekämpfung. In der Aiel-Wüste gab es nur wenig, das brennen konnte. Wären sie mit Stehlen fertig gewesen, hätten sie die ganze Stadt niederbrennen lassen, und tatsächlich hatten sie wegen der Wasserverschwendung gezaudert, bevor sie die Gai’shain mit vorgehaltenen Speeren zu Eimerreihen gezwungen und den Männern von Malden gestattet hatten, ihre Pumpenwagen hervorzuholen. Faile hätte gedacht, dass die Shaido wenigstens diese Männer belohnt hätten, indem sie sie zusammen mit den Leuten gehen ließen, die der Auswahl als Gai’shain entgangen waren, aber die Männer an den Pumpen waren jung und kräftig, genau die Sorte, welche die Shaido als Gai’shain haben wollten. Die Shaido hielten sich an einige der Regeln, die für Gai’shain galten – Frauen, die schwanger waren oder Kinder unter dem Alter von zehn Jahren hatten, durften gehen, genau wie Jugendliche unter sechzehn Jahren und die Schmiede der Stadt, die zu gleichen Maßen verblüfft und dankbar gewesen waren –, aber Dankbarkeit spielte dabei keine Rolle.
    Möbel lagen auf den Straßen, große umgestürzte Tische und verzierte Truhen und Stühle, und manchmal auch ein zerknitterter Wandbehang oder kaputtes Geschirr. Überall lagen Kleidungsstücke, Mäntel und Hosen und Kleider, die meisten zu Fetzen zerschlitzt. Die Shaido hatten alles genommen, was aus Gold oder Silber war, alles, was mit Edelsteinen verziert war, alles, was nützlich oder essbar war, aber die Möbel mussten während der Plünderung hinausgeworfen und dann zurückgelassen worden sein, wenn derjenige, der sie erbeutet hatte, zu dem Schluss gekommen war, dass eine kleine vergoldete Gravur oder schöne Schnitzerei die Mühe nicht lohnte. Aiel benutzten sowieso keine Stühle, und für die schweren Tische war auf den Wagen und Karren kein Platz. Ein paar Shaido streiften noch immer durch die Häuser und Gasthöfe und Läden und suchten nach allem, was sie möglicherweise übersehen hatten, aber die meisten Leute, die Faile begegneten, waren Gai’shain , die Eimer schleppten. Aiel hatten kein Interesse an Städten, es sei denn an Lagerhäusern, die man plündern konnte. Zwei Töchter gingen an ihr vorbei, die einen nackten Mann mit wildem Blick, dem man die Arme auf den Rücken gefesselt hatte, mit den Speerschäften auf das Tor zutrieben. Zweifellos hatte er geglaubt, er könnte sich in einem Keller oder Dachboden verstecken, bis die Shaido abgezogen waren. Zweifellos hatten die Töchter geglaubt, eine Truhe mit Münzen zu finden. Als ihr ein großer Mann im Cadin’sor eines Algai’d’siswai den Weg versperrte, wich sie ihm so geschickt aus, wie sie konnte. Ein Gai’shain machte einem Shaido immer Platz.
    »Du bist sehr hübsch«, sagte er und vertrat ihr den Weg. Er war der größte Mann, den sie je gesehen hatte, bestimmt sieben Fuß groß und massig. Nicht dick – sie hatte noch keinen dicken Aiel gesehen –, aber sehr breit. Er rülpste, und sie roch Wein. Betrunkene Aiel hatte sie schon gesehen, seit sie in Malden die vielen Weinfässer gefunden hatten. Aber sie verspürte keine Furcht.

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