Das Rad der Zeit 13. Das Original: Mitternachtstürme (German Edition)
Schwangerschaft war zu sehen, und sie schien zu strahlen. Ihr goldblondes Haar reflektierte das Sonnenlicht wie ein Spiegel; die Rosenkrone von Andor auf ihren Locken erschien dabei vergleichsweise gewöhnlich.
In diesen Tagen hatte sie oft viel zu tun. Er hatte die hinter vorgehaltener Hand erfolgten Berichte über die Waffen gehört, die sie konstruierte, die Waffen, die sie für so mächtig wie gefangene Damane hielt. Soweit ihm bekannt war, hatten die Glockengießer von Caemlyn die Nächte durchgearbeitet. Caemlyn bereitete sich auf den Krieg vor, in der Stadt wimmelte es vor Aktivitäten. Sie hatte nur selten Zeit für ihn, aber er war dankbar für jeden Moment, den sie erübrigen konnte.
Sie lächelte, als sie ihn erblickte, dann schickte sie ihre Gefolgsleute fort. Sie kam zu ihm herüber und gab ihm einen liebevollen Kuss auf die Wange. »Du siehst nachdenklich aus.«
»Dieses Leiden sucht mich in letzter Zeit oft heim«, sagte er. »Du siehst gehetzt aus.«
»Dieses Leiden sucht mich in letzter Zeit oft heim«, sagte sie. »Es ist immer zu viel zu tun, und es gibt nicht genug von mir, um es zu tun.«
»Wenn du gehen musst …«
»Nein«, sagte sie und nahm seinen Arm. »Ich muss mit dir reden. Und man hat mir gesagt, dass ein täglicher Spaziergang im Garten gut für meinen Zustand ist.«
Gawyn lächelte und atmete den Rosenduft und den Schlammgeruch des Teichs ein. Der Geruch des Lebens. Er schaute zum Himmel hinauf. »Ich kann nicht glauben, wie viel Sonnenlicht wir hier gesehen haben. Ich war fast schon überzeugt, dass das ständige Zwielicht etwas Unnatürliches war.«
»Oh, das ist es vermutlich auch«, sagte sie leichthin. »Vor einer Woche brach die Bewölkung um Caemlyn auf, aber nur dort.«
»Aber … wie ist das möglich?«
Sie lächelte. »Rand. Er hat irgendetwas getan. Ich glaube, er war auf dem Drachenberg. Und dann …«
Plötzlich erschien der Tag finsterer. »Schon wieder al’Thor«, fauchte Gawyn. »Er verfolgt mich bis hierher.«
»Bis hierher?«, fragte sie amüsiert. »Ich glaube, in diesem Garten sind wir ihm zum ersten Mal begegnet.«
Gawyn verzichtete auf eine Antwort. Er schaute nach Norden und musterte den Himmel. Dort hingen Unheil verkündende dunkle Wolken. »Er ist der Vater, oder?«
»Wenn er das wäre«, sagte Elayne, ohne zu zögern, »dann wäre es wohl klüger, diese Tatsache für sich zu behalten, nicht wahr? Die Kinder des Wiedergeborenen Drachen werden Ziele sein.«
Gawyn verspürte Übelkeit. Der Verdacht war ihm in dem Moment gekommen, in dem er die Schwangerschaft entdeckt hatte. »Soll man mich doch zu Asche verbrennen«, sagte er. »Elayne, wie konntest du nur? Nach dem, was er unserer Mutter antat!«
»Er hat ihr nichts angetan. Ich kann zahllose Zeugen aufmarschieren lassen, die das bestätigen werden, Gawyn. Mutter verschwand, bevor Rand Caemlyn befreite.« Wenn sie von ihm sprach, trat ein liebevoller Ausdruck in ihre Augen. »Etwas geschieht mit ihm. Ich kann es fühlen, wie er sich verändert. Sich reinigt. Er hat die Wolken vertrieben und die Rosen blühen lassen.«
Gawyn runzelte die Stirn. Sie glaubte, dass die Rosen wegen al’Thor blühten? Nun, Liebe konnte einen die seltsamsten Sachen glauben lassen, und wenn es sich bei dem Mann, von dem sie sprach, um den Wiedergeborenen Drachen handelte, konnte man vielleicht eine gewisse Irrationalität erwarten.
Sie kamen zu dem kleinen Steg des Teiches. Er konnte sich daran erinnern, wie er dort als Kind geschwommen war und sich dafür eine ordentliche Standpauke hatte anhören müssen. Nicht von seiner Mutter, sondern von Galad, obwohl ihm seine Mutter einen strengen, enttäuschten Blick gewidmet hatte. Er hatte nie jemandem verraten, dass er nur deshalb dort geschwommen war, weil Elayne ihn ins Wasser geschubst hatte.
»Das vergisst du nie, oder?«, fragte Elayne.
»Was?«
»Du hast daran gedacht, wie du während Mutters Zusammentreffen mit Haus Farah in den Teich gefallen bist.«
»Gefallen? Du hast mich geschubst !«
»Das habe ich nicht«, erwiderte Elayne steif. »Du musstest angeben und hast auf den Pfosten balanciert.«
»Und du hast den Steg zum Wackeln gebracht.«
»Ich habe ihn betreten«, sagte Elayne. »Kräftig. Ich bin eine lebhafte Person. Ich habe einen energischen Schritt.«
»Einen energischen … Das ist einfach gelogen!«
»Nein, ich gehe bloß kreativ mit der Wahrheit um. Ich bin jetzt eine Aes Sedai. Das ist eines unserer Talente. Nun, du ruderst mich doch
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