Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
zuckten vor ihm zusammen. Obwohl die Sharaner aufgestanden waren, waren sie schlau genug, auf dem Boden zu bleiben. Keiner von ihnen sagte ein Wort.
»Vermutlich nicht«, sagte der Mann. »Obwohl man sich nie sicher sein kann, ob sich mein Ruhm unerwarteterweise verbreitet hat. Sagt es mir, wenn ihr wisst, wer ich bin. Sprecht es aus, und ich lasse euch frei.«
Keine Reaktion.
»Nun, ihr werdet zuhören und es nie wieder vergessen«, sagte der Mann. »Ich bin Bao, der Wyld. Ich bin euer Erlöser. Durch die Tiefen des Leides bin ich gekrochen und aufgestiegen, um meinen Ruhm zu akzeptieren. Ich bin gekommen, um das zu suchen, was mir genommen wurde. Erinnert euch daran.«
Die Gefangenen kauerten sich noch mehr zusammen, da sie offensichtlich nicht wussten, was von ihnen erwartet wurde. Gawyn zupfte an Egwenes Ärmeln und gestikulierte hinter sich, aber sie bewegte sich nicht. Irgendetwas an diesem Mann …
Plötzlich schaute er auf. Er konzentrierte sich auf die Machtlenkerinnen, dann schaute er sich um und spähte in die Dunkelheit. »Kennt einer von euch Inacal den Drachen?«, fragte er, obwohl er abgelenkt klang. »Sprecht. Verratet es mir.«
»Ich habe ihn gesehen«, sagte einer der gefangenen Soldaten. »Mehrere Male.«
»Hast du mit ihm gesprochen?«, wollte Bao wissen und spazierte von den Gefangenen weg.
»Nein, großer Herr«, sagte der Soldat. »Die Aes Sedai, sie sprachen mit ihm. Ich nicht.«
»Ja. Ich hatte schon befürchtet, dass ihr nutzlos sein würdet«, sagte Bao. »Diener, wir werden beobachtet. Ihr habt dieses Lager nicht so gut durchsucht, wie ihr gesagt habt. Ich spüre in der Nähe eine Frau, die die Macht lenken kann.«
Entsetzen durchfuhr Egwene wie ein Stich. Gawyn zog an ihrem Arm und wollte weg, aber wenn sie jetzt rannten, würden sie auf jeden Fall gefangen genommen. Beim Licht! Sie …
Ein plötzlicher Lärm in der Nähe eines der umgestürzten Zelte ließ alle sich umdrehen. Bao hob eine Hand, und Egwene vernahm in der Dunkelheit einen wütenden Schrei. Augenblicke später schwebte Leane mit weit aufgerissenen Augen gefesselt mit Luft durch die Menge der Sharaner. Bao brachte sie nahe an sich heran und hielt sie mit Geweben fest, die Egwene nicht sehen konnte.
Ihr Herz pochte wie verrückt. Leane war am Leben. Wie hatte sich die Blaue Schwester nur verstecken können? Beim Licht! Was konnte sie nur tun?
»Ah«, sagte Bao. »Eine dieser … Aes Sedai. Du, du hast mit dem Drachen gesprochen?«
Leane antwortete nicht. Sie behielt ihre Miene ausdruckslos, was ausgesprochen tapfer war.
»Eindrucksvoll«, sagte Bao und berührte ihr Kinn. Dann hielt er die andere Hand hoch, und sämtliche Gefangenen wanden sich in Krämpfen und schrien. Flammen schlugen aus ihrem Körper, und ihre gequälten Schreie wurden noch schriller. Als Egwene das beobachtete, musste sie sich mit jeder Faser ihres Seins davon abhalten, nicht nach der Wahren Quelle zu greifen. Als es endlich endete, weinte sie, obwohl sie sich nicht daran erinnern konnte, wann sie damit angefangen hatte.
Die Sharaner scharrten mit den Füßen.
»Seid nicht verärgert«, sagte Bao. »Ich weiß, dass ihr große Mühen auf euch genommen habt, um mir einige lebend zu bringen, aber sie hätten schlechte Inacal abgegeben. Sie sind nicht dementsprechend erzogen worden, und während dieses Krieges fehlt uns die nötige Zeit, um sie auszubilden. Sie jetzt zu töten ist eine Gnade verglichen mit dem, was sie hätten erdulden müssen. Außerdem wird die hier, diese … Aes Sedai unseren Zwecken dienen.«
Leanes Maske hatte einen Sprung erhalten, und Egwene konnte trotz der Entfernung ihren Hass sehen.
Bao hielt noch immer ihr Kinn. »Du bist ein schönes Ding«, sagte er. »Leider ist Schönheit bedeutungslos. Aes Sedai, du wirst für mich eine Botschaft an Lews Therin überbringen. An den, der sich selbst der Wiedergeborene Drache nennt. Sag ihm, dass ich gekommen bin, um ihn zu töten, und indem ich das tue, fordere ich diese Welt. Ich werde nehmen, was mir hätte gehören sollen. Sag ihm das. Sag ihm, dass du mich gesehen hast, und beschreibe mich ihm. Er wird mich kennen.
So wie ihn die Menschen hier mit ihren Prophezeiungen erwartet haben, so wie sie ihn mit Ruhm überschüttet haben, haben die Menschen meines Landes mich erwartet. Ich habe ihre Prophezeiungen erfüllt. Er ist falsch, und ich bin echt. Sag ihm, dass ich endlich meine Genugtuung bekomme. Er hat zu mir zu kommen, damit wir uns gegenübertreten können.
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