Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
aus Gründen, mit denen die Frau nicht so recht rausrücken wollte. Bryne hatte ihr sofort eine Aufgabe zugeteilt: sie arbeitete als Schreiberin für die Nachschubmeister.
»Vertraut Ihr dem Wort des Wiedergeborenen Drachen hinsichtlich der Seanchaner, Mutter?«, fragte Saerin.
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Egwene. »Stellt trotzdem unsere Schlachtlinien auf, aber behaltet die Dinger dort oben im Auge, nur für den Fall, dass sie angreifen.«
Als Rand die Höhle betrat, veränderte sich etwas in der Luft. Der Dunkle König schien seine Ankunft erst jetzt zu spüren und war überrascht. Der Dolch hatte sein Werk getan. Rand ging voraus, Nynaeve an der linken Seite, Moiraine an der rechten. Der Weg führte abwärts, und so verließen sie wieder die Höhe, die sie erreicht hatten. Rand kam alles bekannt vor, durch die Erinnerung eines anderen Menschen aus einem alten Zeitalter.
Es war, als würde die Höhle sie verschlucken und in das Feuer in der Tiefe befördern. Die mit reißzahnähnlichen Stalaktiten bewehrte Decke schien sich auf dem Weg abzusenken, kam mit jedem Schritt einen Zoll näher. Sie bewegte sich nicht, und die Höhle wurde auch keineswegs schmaler. Sie veränderte sich einfach, war im einen Moment hoch und im nächsten niedriger.
Die Höhle war ein Rachen, der sich langsam um seine Beute schloss. Rands Kopf berührte die Spitze eines Stalaktiten, und Nynaeve duckte sich, blickte nach oben und fluchte leise.
»Nein«, sagte Rand und blieb stehen. »Ich komme nicht auf den Knien zu dir, Shai’tan.«
Die Höhle grollte. Die dunklen Abgründe schienen emporzugreifen und sich gegen Rand zu stemmen. Er stand reglos da. Als wäre er ein blockiertes Zahnrad und der Rest der Mechanik bemühte sich mit aller Kraft, die Zeiger der Uhr weiterzubewegen. Er hielt stand.
Die Felsen erbebten, dann zogen sie sich zurück. Rand trat vor und atmete aus, als der Druck nachließ. Die Sache, die er begonnen hatte, konnte er jetzt nicht mehr abbrechen. Langsamer zu werden, strengte sowohl ihn wie auch den Dunklen König an; sein Gegenspieler war genauso in der Unvermeidlichkeit des Ganzen gefangen wie er. Der Dunkle König existierte nicht im Muster, aber das Muster beeinflusste ihn trotzdem.
Hinter Rand blieb eine kleine Blutpfütze zurück, wo er stehen geblieben war.
Ich muss das schnell erledigen, dachte er. Ich darf nicht verbluten, bevor der Kampf beendet ist.
Wieder bebte der Boden.
»Das ist richtig«, flüsterte Rand. »Ich komme und hole dich. Ich bin kein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, Shai’tan. Heute bin ich der Jäger.«
Das Beben des Bodens erschien beinahe wie Gelächter. Schreckliches Gelächter. Rand ignorierte Moiraines besorgten Blick, als sie sich an seine Seite setzte.
Es ging weiter in die Tiefe. Eine seltsame Empfindung drängte sich in Rands Bewusstsein. Eine der Frauen steckte in Schwierigkeiten. War es Elayne? Aviendha? Er vermochte es nicht zu sagen. Die Verzerrung, die dieser Ort verbreitete, beeinflusste den Bund. Rand bewegte sich nun anders durch die Zeit als die anderen, und er verlor sein Gefühl dafür, wo sie sich aufhielten. Er fühlte lediglich, dass eine von ihnen Qualen erlitt.
Rand knurrte und schritt schneller aus. Wenn der Dunkle König sie verletzt hatte … Müsste es hier drin nicht heller werden? Sie mussten sich auf das Glühen Callandors verlassen, durch das er Saidin zog. »Wo ist das Feuer?«, fragte er, und seine Stimme hallte. »Der geschmolzene Stein am Ende des Pfades?«
»Das Feuer ist verschlungen worden, Lews Therin«, sagte eine Stimme aus den Schatten vor ihnen.
Rand blieb stehen, dann trat er mit dem ausgestreckten Callandor vor, um die Gestalt zu beleuchten, die an der Grenze des Lichtscheins mit gesenktem Kopf auf einem Bein kniete und ein Schwert hielt, dessen Spitze auf dem Felsboden ruhte.
Hinter der Gestalt war … gar nichts. Nur Finsternis.
»Rand.« Moiraine legte ihm die Hand auf den Arm. »Der Dunkle König stemmt sich gegen seine Fesseln. Berührt nicht diese Dunkelheit.«
Die Gestalt stand auf und drehte sich um. Callandors Schein enthüllte Moridins mittlerweile vertrautes Gesicht. Neben ihm lag eine leere Hülle auf dem Boden. Rand fand kein anderes Wort dafür. Sie erinnerte an die Kokons, die manche Insekten zurückließen, wenn sie wuchsen, nur dass dieser Kokon hier die Umrisse eines Mannes aufwies. Eines Mannes ohne Augen. Ein Myrddraal?
Moridin folgte Rands Blick und betrachtete die verlassene Hülle. »Ein
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