Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
die Bogenschützen die Tore erreichten.
Bevor sie durch das letzte Tor auf ihrem Hügel verschwand, warf sie noch einen Blick auf das Schlachtfeld. Was war hier gerade passiert? Sie schüttelte den Kopf, als Gawyn treu wie immer an ihre Seite trat. In diesem Kampf hatte er keine Gelegenheit gehabt, das Schwert zu ziehen. Genauso wenig wie Leilwin; die beiden schienen einen kleinen törichten Wettstreit laufen zu haben, wer an Egwenes Seite der bessere Leibwächter war. Sie fand das ärgerlich, aber es war besser als Gawyns mürrisches Bedauern bei den vorherigen Kämpfen.
Aber er sah blass aus. Als würde er krank. Hatte er genug Schlaf mitbekommen?
»Begleitet mich ins Lager zu General Bryne«, sagte Egwene. »Ich will wissen, warum das passieren konnte. Und dann gehe ich zu unseren Truppen, die die Furt verteidigen, und räche unsere Leute, die dort ihr Leben verloren haben.«
Beide bedachten sie mit einem Stirnrunzeln.
»Egwene …«, sagte Gawyn.
»Ich habe noch genug Kraft«, erwiderte sie. »Das Sa’angreal habe ich benutzt, um mich nicht zu sehr verausgaben zu müssen. Die Männer, die dort in diesem Abschnitt kämpfen, müssen mich sehen, und ich muss dort hingehen, wo ich am meisten bewirken kann. Ich werde so viele Leibwächter mitnehmen, wie ihr für richtig haltet.«
Gawyn zögerte, warf Leilwin einen Blick zu und nickte dann.
Lan stieg vom Pferd und reichte Andere die Zügel, dann eilte er an den Wachen vorbei zum Befehlszelt. Die Anwesenden schienen überrascht zu sein, ihn und seine Leibwächter, von denen viele blutverschmiert waren, zu sehen. Das Zelt war kaum mehr als ein Unterstand, der nach allen Seiten offen war. Soldaten eilten hinein und hinaus wie Ameisen in ihren Hügel. In Shienar herrschte große Hitze. Von den anderen Fronten hatte Lan in letzter Zeit keine Berichte erhalten, aber er hatte gehört, dass er heute nicht der Einzige war, der verzweifelt war. Elayne kämpfte vor Cairhien; die Amyrlin an der Grenze zu Arafel.
Mochte das Licht dafür sorgen, dass sie besser vorankamen als er. Im Zelt hatte Agelmar überall um sich herum Karten auf dem Boden ausgebreitet und zeigte mit einem dünnen Stab darauf und schob kleine farbige Steine hin und her, während er seine Befehle gab. Die besten Schlachtpläne waren in dem Augenblick hinfällig, in dem die erste Klinge gezogen wurde, aber ein guter General konnte Schlachten formen wie ein Töpfer seinen Lehm, erkannte die natürlichen Bewegungen seiner Soldaten und setzte sie dementsprechend ein.
»Lord Mandragoran?«, fragte Agelmar und schaute auf. »Licht, Mann! Ihr seht aus wie die Fäule. Wart Ihr schon zum Heilen bei einer Aes Sedai?«
»Mir geht es gut«, erwiderte Lan. »Wie verläuft unsere Schlacht?«
»Ich bin zuversichtlich. Falls wir eine Möglichkeit finden, diese Schattenlords ein oder zwei Stunden aufzuhalten, dann haben wir wahrhaftig eine Chance, die Trollocs zurückzuschlagen.«
»Sicherlich nicht«, erwiderte Lan. »Es sind zu viele.«
»Es geht hier nicht um Zahlen«, behauptete Agelmar, winkte Lan zu sich und zeigte auf eine Karte. »Lan, da gibt es etwas, das nur wenige Männer wirklich begreifen. Heere können oft scheitern, obwohl sie von überlegener Zahl sind, auf dem Feld Vorteile haben und ihre Aussichten auf einen Sieg überragend sind.
Als Feldherr fängt man irgendwann an, sich ein Heer als Gestalt vorzustellen. Eine riesige Bestie mit Tausenden Gliedmaßen. Das ist ein Fehler. Jedes Heer setzt sich aus Männern zusammen – oder in diesem Fall Trollocs –, von denen jeder im Feld steht und Angst hat. Beim Soldatentum geht es darum, seine Angst im Zaum zu behalten. Das Tier in einem will einfach nur entkommen.«
Lan ging in die Hocke und betrachtete die Schlachtpläne. Größtenteils stellte sich die Situation so dar, wie er sie gesehen hatte, allerdings hatte Agelmar die leichte saldaeanische Kavallerie auf der Karte noch immer an der Ostflanke. Ein Fehler? Lan hatte sich selbst davon überzeugt, dass sie sich nicht länger dort befand. Hätten Läufer Agelmar nicht längst die Botschaft überbringen müssen, dass die Karte nicht mehr stimmte? Oder lenkte er sie irgendwie davon ab, es zu bemerken?
»Lan, heute zeige ich Euch etwas«, sagte Agelmar leise. »Ich zeige Euch, was der geringste Mann auf dem Kasernenhof lernen muss, wenn er überleben will. Man kann den überlegenen Feind brechen, wenn man ihn davon überzeugen kann, dass er sterben wird. Schlagt ihn fest genug, und er wird die
Weitere Kostenlose Bücher