Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
beschreiben konnte. Wir müssen hier weg, dachte sie noch immer mit Androl verknüpft. Die anderen schienen noch alle am Leben zu sein, aber das würde nicht mehr von langer Dauer sein, falls ihr Feind die nächsten Blitze schickte. Instinktiv begann Pevara mit dem komplizierten Gewebe für ein Wegetor, obwohl das doch gar nichts bewirken würde. Androl führte den Zirkel an, also konnte bloß er …
Das Tor schnappte auf. Pevara keuchte. Sie hatte das getan, nicht er. Das gehörte zu den kompliziertesten, schwierigsten und machtintensivsten Geweben, die sie kannte, aber sie hatte das so mühelos geschafft, als würde sie jemandem zuwinken. In einem Zirkel, den ein anderer führte.
Theodrin stolperte als Erste hindurch. Die anmutige Domani zerrte einen benommenen Jonneth mit sich. Emarin folgte ihr hinkend; ein Arm baumelte nutzlos an seiner Seite.
Androl betrachtete staunend das Tor. »Ich glaubte, wenn man in einem Zirkel steckt, den ein anderer führt, könnte man unmöglich die Macht lenken.«
»Kann man auch nicht. Das ist mir zufällig gelungen.«
»Zufällig? Aber wieso …«
»Rein in das Tor, Klotzkopf«, befahl Pevara und stieß ihn darauf zu. Sie folgte ihm, dann brach sie auf der anderen Seite zusammen.
»Damodred, ich brauche Euch da, wo Ihr jetzt seid«, sagte Mat. Er machte sich nicht die Mühe aufzuschauen, konnte aber durch das geöffnete Tor Galads Pferd schnauben hören.
»Man muss sich unwillkürlich fragen, ob Ihr noch bei Verstand seid, Cauthon«, erwiderte Galad.
Schließlich sah Mat von seinen Karten auf. Er war nicht unbedingt davon überzeugt, sich jemals an diese Wegetore zu gewöhnen. Er stand im Befehlshaus, das Tuon in der Felsspalte im Dasharfels errichtet hatte, und in der Wand klaffte ein Wegetor. Auf der anderen Seite saß Galad in seiner weiß-goldenen Uniform der Kinder des Lichts auf seinem Pferd. Noch immer war er in der Nähe der Ruinen stationiert, wo sich ein Trolloc-Heer den Weg über den Mora erzwingen wollte.
Galad Damodred war ein Mann, der gut ein paar Becher Schnaps hätte vertragen können. Mit diesem hübschen Gesicht und dem immer gleichen Ausdruck hätte er genauso gut eine Statue sein können. Nein, Statuen waren lebendiger.
»Ihr tut, was man Euch befiehlt«, sagte Mat und blickte wieder auf die Karte. »Ihr sollt den Fluss an dieser Stelle halten und tun, was Euch Tam sagt. Es ist mir völlig gleichgültig, ob Ihr der Meinung seid, dass Eure Stellung nicht wichtig genug ist.«
»Nun gut«, erwiderte Galad mit einer Stimme, die so kalt wie die einer Leiche im Schnee war. Er wendete sein Pferd, und die Damane Mika schloss das Tor.
»Das da draußen ist ein Blutbad, Mat«, sagte Elayne. Beim Licht, ihr Tonfall war ja noch kälter als Galads!
»Ihr alle habt mir den Befehl übergeben. Lasst mich meine Arbeit machen.«
»Wir ernannten dich zum Befehlshaber der Heere«, erwiderte Elayne. »Du hast keineswegs den Oberbefehl.«
Das war typisch Aes Sedai, sich an jedem verdammten Wort aufzuhängen. Es … Stirnrunzelnd blickte er auf. Min hatte gerade leise etwas zu Tuon gesagt. »Was ist?«, wollte er wissen.
»Ich sah ihn allein auf einem Feld liegen«, sagte Min, »als wäre er tot.«
»Matrim«, ergriff Tuon das Wort. »Ich bin … besorgt.«
»Dieses eine Mal sind wir einer Meinung«, sagte Elayne von ihrem Thron auf der anderen Seite des Raumes. »Mat, ihr General manövriert dich aus.«
»So verflucht einfach ist das nicht«, erwiderte Mat und pochte mit dem Finger auf die Karten. »So verflucht einfach ist das nie.«
Der Mann, der den Schatten anführte, war gut. Sehr gut sogar. Es ist Demandred, dachte Mat. Ich kämpfe gegen einen der lichtverfluchten Verlorenen.
Gemeinsam erschufen sie ein grandioses Gemälde. Jeder reagierte mit subtiler Sorgfalt auf die Züge des anderen. Bloß dass Mat versuchte, etwas zu viel Rot in seine Farben zu mischen. Er wollte das falsche Bild zeichnen, aber es sollte überzeugend sein.
Das war schwer. Er musste genug Geschick beweisen, um Demandred zurückzuhalten, dabei aber schwach genug erscheinen, um Angriffslust zu wecken. Eine schrecklich subtile Finte. Es war gefährlich, möglicherweise sogar katastrophal. Gezwungenermaßen wandelte er auf der Rasierklinge. Unmöglich zu vermeiden, sich in die Füße zu schneiden. Die Frage lautete nicht, ob er bluten würde, sondern ob er es bis zur anderen Seite schaffte oder nicht.
»Setzt die Ogier in Marsch«, befahl er leise, wieder über die Karten gebeugt.
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