Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
»Nichts. Ich habe das Gefühl, jemanden mit diesem Namen zu kennen, aber das tue ich nicht.« Sie kicherte. »Wie schon gesagt, ich weiß nicht, was ich alles verlor, also kümmert es mich nicht.«
»Lügst du mich an?«
»Verfluchte Asche, natürlich! Das ist wie ein Loch in meinem Inneren, Elayne. Ein tiefes, klaffendes Loch. Mein Leben und meine Erinnerungen verbluten dort.« Sie schaute zur Seite.
»Birgitte … es tut mir leid.«
Birgitte wendete ihr Pferd und ließ es ein paar Schritte zur Seite gehen, da sie nicht länger darüber sprechen wollte. Ihr Schmerz pulsierte stechend in Elaynes Hinterkopf.
Wie musste es sich anfühlen, so viel zu verlieren? Birgitte hatte weder Kindheit noch Eltern gehabt. Ihr ganzes Leben, sämtliche ihrer Erinnerungen, umfasste wenig mehr als ein Jahr. Elayne wollte ihr nachreiten, aber ihre Leibwächter wichen auseinander, um Galad durchzulassen. Er trug Rüstung, Wappenrock und Umhang des Kommandierenden Lordhauptmanns der Kinder des Lichts.
Elayne presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. »Galad.«
»Schwester«, erwiderte er. »Ich gehe davon aus, dass es vollkommen sinnlos wäre, dich darauf hinzuweisen, wie unangebracht es für eine Frau in deinem Zustand ist, auf einem Schlachtfeld zu sein.«
»Wenn wir diesen Krieg verlieren, werden meine Kinder in der Gefangenschaft des Dunklen Königs geboren, falls sie überhaupt zur Welt kommen. Ich glaube, dieser Kampf ist das Risiko wohl wert.«
»Solange du nicht selbst ein Schwert schwingst«, sagte Galad und beschattete die Augen, um das Schlachtfeld zu inspizieren. Seine Worte deuteten an, dass er ihr die Erlaubnis gab – die Erlaubnis! –, ihre Truppen anzuführen.
Licht schoss vom Plateau und traf die letzten Drachen, die von der Stellung unmittelbar hinter ihren Truppen noch feuerten. Welch eine Kraft! Demandred verfügte über eine Macht, die beinahe an Rands heranreichte. Wenn er diese Macht gegen meine Soldaten einsetzt …
»Warum hat Cauthon mich herbefohlen?«, fragte Galad leise. »Er verlangte nach einem Dutzend meiner besten Männer …«
»Du bittest mich doch nicht ernsthaft, die Beweggründe von Matrim Cauthon zu ergründen, oder?«, fragte Elayne. »Ich bin davon überzeugt, dass sich Mat einfach nur so benimmt , als wäre er einfältig, damit die Leute ihm nur immer mehr durchgehen lassen.«
Galad schüttelte den Kopf. Einige Männer aus seinem Gefolge zeigten auf die Trollocs, die sich am arafelischen Ufer langsam flussaufwärts in Bewegung setzten. Elayne begriff, dass ihre rechte Flanke in Gefahr schwebte.
»Schicke nach sechs Kompanien Armbrustmänner«, sagte sie zu Birgitte. »Guybon muss unsere Truppen flussaufwärts verstärken.«
Beim Licht. Das fängt langsam an, wirklich übel auszusehen. Die Weiße Burg befand sich drüben am Westhang der Anhöhe, wo am heftigsten die Macht gelenkt wurde. Von ihrem Standpunkt aus konnte sie nicht viel davon sehen, aber sie fühlte es genau.
Von der Anhöhe stieg Rauch in den Himmel, der von Blitzschlägen erleuchtet wurde. Als würde sich ein Geschöpf aus Sturm und Hunger in der Finsternis regen, dessen Augen blitzten, als es erwachte.
Unvermittelt wurde sich Elayne etwas bewusst. Der durchdringende Gestank von Rauch in der Luft, die Schmerzensschreie der Soldaten. Donner vom Himmel, das Beben der Erde. Die kalte Luft, die sich schwer auf ein Land legte, in dem nichts wachsen wollte, die zerbrechenden Waffen, das Knirschen auf Schilden aufprallender Piken. Das Ende. Es war tatsächlich eingetroffen, und sie stand an seinem Abgrund.
Ein Bote galoppierte heran und schwenkte einen Brief. Er gab Elaynes Leibwächtern die richtige Losung, sprang vom Pferd und durfte an sie und Galad herantreten. Er richtete das Wort an den Lordhauptmann und reichte ihm den Brief. »Von Lord Cauthon, Herr. Er sagte, Ihr wärt hier anzutreffen.«
Galad nahm den dicken Umschlag und öffnete ihn stirnrunzelnd. Dann zog er das Blatt hervor.
Elayne wartete geduldig – sogar sehr geduldig –, indem sie bis drei zählte, dann lenkte sie ihr Pferd neben Galads Hengst und verrenkte den Kopf, um mitlesen zu können. Also ehrlich, man hätte annehmen sollen, dass er mehr Rücksicht auf eine Schwangere nahm.
Mat hatte den Brief selbst geschrieben. Und Elayne sah amüsiert, dass die Schrift wesentlich sauberer und weniger fehlerbehaftet war als in dem Brief, den er ihr vor einigen Wochen geschickt hatte. Anscheinend hatte die Belastung durch die Schlacht
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