Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
Wand des Befehlshauses plötzlich in Flammen stand. Sharaner in seltsamen Rüstungen aus golden lackierten Stahlbändern waren durch die brennende Öffnung zu sehen. Begleitet wurden sie von Machtlenkern mit tätowierten Gesichtern: Frauen in langen, steifen Kleidern, Männer mit bloßem Oberkörper und zerfetzten Hosen. Min nahm das alles mit einem Blick auf, bevor sie Fortuonas Thron umkippte.
Ein Feuerball schoss haarscharf an ihr vorbei, versengte ihr kostbares Seidengewand und verschlang die Wand hinter ihr. Fortuona wand sich aus ihrem Griff und kroch über den Boden; Min blinzelte überrascht. Die Frau hatte ihr bauschiges Gewand hinter sich gelassen – es war dazu gemacht, sie sofort freizugeben – und trug nun nur noch glatte Seidenhosen und ein eng anliegendes Hemd, beides schwarz.
Tuon kam mit einem Messer in der Hand wieder auf die Beine und knurrte leise auf eine beinahe raubtierhafte Weise. In der Nähe prallte Mat auf dem Boden auf, verkrallt in einen mit einem Messer bewaffneten Mann. Wo war dieser Angreifer bloß hergekommen? Min konnte sich nicht daran erinnern, ihn eintreten gesehen zu haben.
Tuon rannte zu Mat herüber, während die sharanischen Machtlenker das Befehlshaus mit Feuer bombardierten. Min kämpfte sich, von ihrem schrecklichen Gewand behindert, auf die Füße und duckte sich neben den Thron, drückte den Rücken dagegen, als sich der Boden aufbäumte.
Fortuona konnte sie nicht erreichen, also zwängte sie sich durch die hintere Wand, die aus dem papierähnlichen Zeug gefertigt war, das die Seanchaner Tenmi nannten.
Der Qualm ließ sie husten, aber jetzt, da sie draußen war, war die Luft doch klarer. Auf dieser Seite des Gebäudes war kein Sharaner zu sehen. Sie griffen alle von der anderen Richtung aus an. Min rannte an der Wand entlang. Machtlenker waren gefährlich, aber wenn es ihr gelang, einem ein Messer in den Leib zu rammen, würde die Eine Macht der ganzen Welt nicht helfen.
Sie warf einen Blick um die Ecke und wurde von dem dort knienden Mann überrascht, der einen wilden Ausdruck in den Augen hatte. Seine Züge waren ebenmäßig, die blutroten Tätowierungen am Hals sahen wie Krallen aus, die den hellhäutigen Kopf zu halten schienen.
Er knurrte, und Min warf sich rückwärts zu Boden, wich einem Flammenspeer aus und schleuderte ihr Messer.
Der Mann fing es aus der Luft. Wie ein Tier schlich er in der Hocke auf sie zu und lächelte sie an.
Dann zuckte er unvermittelt und kippte um. Blut rann aus seinen Mundwinkeln.
»Das ist etwas«, sagte eine Frau mit tiefem Ekel in der Stimme, »dessen Anwendung ich eigentlich gar nicht wissen dürfte, aber mit der Einen Macht ein Herz anzuhalten ist lautlos. Dazu braucht man überraschenderweise nur sehr wenig Macht, was praktisch für mich ist.«
»Siuan!«, sagte Min. »Ihr dürftet gar nicht hier sein.«
Die Aes Sedai schnaubte. »Ein Glück für Euch, dass ich es bin.« Geduckt untersuchte sie den Toten. »Pfui. Ein hässliches Geschäft, aber wenn man einen Fisch essen will, sollte man auch bereit sein, ihn selbst auszunehmen. Was ist denn los, Mädchen? Ihr seid jetzt in Sicherheit. Kein Grund, so blass auszusehen.«
»Ihr solltet nicht hier sein!«, stieß Min hervor. »Das habe ich Euch doch gesagt. Bleibt in der Nähe von Gareth Bryne!«
»Ich bin in seiner Nähe geblieben, fast so nahe an ihm dran wie seine Unterwäsche, wenn Ihr es unbedingt wissen müsst. Darum haben wir einander das Leben gerettet, also gehe ich davon aus, dass die Vision richtig war. Haben sie sich jemals nicht erfüllt?«
»Nein, das habe ich Euch doch gesagt«, flüsterte Min. »Niemals. Siuan … Ich sah eine Aura um Bryne, die besagte, dass ihr zusammenbleiben müsst, oder Ihr werdet beide sterben. In diesem Augenblick hängt sie über Euch. Was auch immer Ihr glaubt, die Vision hat sich noch nicht vollständig erfüllt. Sie ist noch immer da.«
Einen Augenblick lang stand Siuan wie erstarrt da. »Cauthon ist in Gefahr.«
»Aber …«
»Es ist mir egal, Mädchen!« In der Nähe erbebte der Boden durch die Eine Macht. Die Damane schlugen zurück. »Wenn Cauthon fällt, ist diese Schlacht verloren. Es ist mir egal, ob wir beide dabei sterben. Wir müssen helfen. Bewegt Euch!«
Min nickte und schloss sich ihr an, als sie um das verwüstete Gebäude eilten. Der Kampf an der Vorderseite war eine wilde Mischung aus Explosionen, Rauch und Flammen. Totenwächter stürzten mit gezogenen Schwertern den Sharanern entgegen, obwohl die
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