Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
Emarin, der behauptet hatte, Dobser zum Reden bringen zu können. Androl war nicht gut in Verhören. Der Geruch nach Getreide hatte sich in einen ekligen Gestank verwandelt. Manchmal verdarb es von jetzt auf gleich.
Pevara war still geworden, innerlich wie auch äußerlich, als sie erzählt hatte, wie ihre Familie von langjährigen Freunden ermordet worden war.
»Ich hasse sie noch immer«, sagte sie dann. »An meine Familie kann ich denken, ohne dass es schmerzt, aber die Schattenfreunde … Ich hasse sie. Wenigstens kann ich mich rächen, denn der Dunkle König verteidigt sie mit Sicherheit nicht. Sie sind ihm ihr ganzes Leben lang gefolgt und hofften auf einen Platz in seiner neuen Welt, aber die Letzte Schlacht findet erst lange nach ihrem Tod statt. Ich schätze, dass es den jetzt lebenden Schattenfreunden nicht besser ergeht. Sobald wir die Letzte Schlacht gewonnen haben, wird er ihre Seelen bekommen. Ich hoffe, ihre Bestrafung dauert lange.«
»Seid Ihr so sicher, dass wir siegen?«
»Natürlich siegen wir. Das steht überhaupt nicht zur Debatte, Androl. Wir können es uns gar nicht leisten, es dazu zu machen.«
Er nickte. »Ihr habt recht. Fahrt fort.«
»Das war es. Schon seltsam, nach all den Jahren diese Geschichte zu erzählen. Ich konnte lange nicht darüber sprechen.«
Schweigen breitete sich im Raum aus. Dobser hing mit dem Gesicht zur Wand in seinen Fesseln, die Ohren mit Pevaras Geweben verstopft. Die anderen beiden waren noch immer bewusstlos. Androl hatte hart zugeschlagen, und er wollte dafür sorgen, dass sie auch nicht so schnell wieder zu sich kamen.
Pevara hatte sie abgeschirmt, aber sie konnte mit Sicherheit keine drei Männer gleichzeitig von der Quelle trennen, falls diese sich wehren sollten. Für gewöhnlich benutzten Aes Sedai mehr als nur eine Schwester, um einen Mann unter Kontrolle zu halten. Drei würden unmöglich für eine einzige Machtlenkerin sein, egal wie stark sie war. Natürlich hätte sie diese Abschirmungen verknoten können, aber Taim hatte seine Asha’man darin unterrichtet, wie man sich von einer verknoteten Abschirmung befreite.
Ja, es war besser, dafür zu sorgen, dass die anderen beiden nicht aufwachten. Am besten hätte man ihnen einfach die Kehle durchgeschnitten, aber dazu konnte er sich nicht überwinden. Stattdessen hatte er winzige Ströme Geist und Luft ausgeschickt, die ihre Lider berührten. Dazu hatte er ein einzelnes und schwaches Gewebe benutzen müssen, aber es war ihm gelungen, sämtliche Augen zu berühren. Würden sich die Lider auch nur ein winziges Stück bewegen, würde er es erfahren. Das musste reichen.
Pevara dachte immer noch an ihre Familie. Sie hatte die Wahrheit gesagt; sie hasste die Schattenfreunde. Sie alle. Dieser Hass war gezielt und keineswegs zügellos, aber selbst nach diesen vielen Jahren war er noch stark.
Das hätte er gar nicht bei dieser Frau vermutet, die so oft zu lächeln schien. Diese Wunde schmerzte noch immer, das fühlte er. Und dass sie sich seltsamerweise einsam fühlte.
»Mein Vater beging Selbstmord«, sagte er und stutzte. Wie kam er jetzt nur darauf?
Sie sah ihn an.
»Meine Mutter tat viele Jahre so, als wäre es ein Unfall gewesen«, fuhr Androl fort. »Er tat es in den Wäldern, sprang von einer Klippe. In der Nacht davor setzte er sich zu ihr und klärte sie über sein Vorhaben auf.«
»Und sie versuchte nicht, ihn daran zu hindern?«, fragte Pevara entsetzt.
»Nein. Ich bekam erst kurz bevor sie sich in die letzte Umarmung der Mutter begab ein paar Antworten aus ihr heraus. Sie hatte Angst vor ihm. Das erschreckte mich; er war immer so sanft gewesen. Was hatte sich nur in diesen letzten paar Jahren so verändert, dass sie sich vor ihm fürchtete?« Androl sah Pevara an. »Sie erzählte, dass er in den Schatten Dinge sah. Dass er angefangen hatte, den Verstand zu verlieren.«
»Ah …«
»Ihr habt mich gefragt, warum ich zur Schwarzen Burg kam. Ihr wolltet wissen, warum ich darum bat , geprüft zu werden. Nun, dieses Ding, das ich bin, es beantwortet mir eine Frage. Es verrät mir, wer mein Vater war, und warum er tat, was seiner Meinung nach nötig war.
Mittlerweile ist mir alles klar. Unser Geschäft ging zu gut. Vater konnte seltene Steine und Erzadern finden, wo es kein anderer vermochte. Man bezahlte ihn dafür, ertragreiche Erzvorkommen aufzuspüren. Er war der Beste. Ungewöhnlich gut. Ich konnte … am Ende konnte ich es in ihm sehen, Pevara. Ich war erst zehn, aber ich erinnere
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