Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
Birgitte war immer mit Gaidal verbunden, durch eine Sage nach der anderen hindurch, in Zeitalter auf Zeitalter, in einem fortlaufenden Abenteuer und einer Liebe gefangen, die auch das Rad der Zeit nicht zerbrach. Sie wurde immer nach Gaidal wiedergeboren; ein Jahr später, fünf Jahre, zehn, aber immer nach ihm.
»Ich weiß nicht, Nynaeve. Die Zeit läuft hier nicht wie in der wachenden Welt ab. Ich habe Euch hier vor zehn Tagen zuletzt getroffen, wie es mir scheint, und Elayne nur einen Tag zuvor. Wie war das bei Euch?«
»Vier Tage und dann drei«, murmelte Nynaeve. Sie und Elayne waren so oft wie möglich hergekommen, um mit Birgitte zu sprechen, aber es war nicht so oft möglich gewesen, da ja Thom und Juilin sich mit im Lager befanden und sich als Nachtwachen abwechselten. Birgitte erinnerte sich tatsächlich noch an den Krieg um die Macht, jedenfalls an ein ganzes Leben während dieses Kriegs, und an die Verlorenen. Ihre vergangenen Leben waren wie Bücher, an die man sich aus alter Zeit gern noch erinnert. Die ferneren waren natürlich in der Erinnerung getrübt, aber die Verlorenen hatte sie noch klar im Gedächtnis. Besonders Moghedien.
»Seht Ihr, Nynaeve? Hier kann sich der Strom der Zeit sogar in weit höherem Maße verschieben. Es kann Monate dauern, bis ich wiedergeboren werde, aber auch nur Tage. Für mich hier. In der wachenden Welt dagegen kann es noch Jahre dauern bis zu meiner Geburt.«
Mit Mühe unterdrückte Nynaeve ihren Verdruss. »Dann dürfen wir keine Zeit mehr verschwenden! Habt Ihr irgendwelche von ihnen gesehen, seit wir uns zuletzt trafen?« Es war nicht notwendig, zu erwähnen, wen sie meinte.
»Zu viele. Lanfear befindet sich natürlich oft in Tel’aran’rhiod , aber ich habe auch Rahvin, Sammael und Graendal gesehen. Demandred. Und Semirhage.« Bei der Erwähnung des letzten Namens klang Birgittes Stimme ausgesprochen nervös. Selbst Moghedien, die sie hasste, ließ bei ihr äußerlich keine Angst aufkommen, doch Semirhage war ein anderer Fall.
Auch Nynaeve schauderte. Die goldhaarige Frau hatte ihr schon zu viel über diese Verlorene erzählt. Dann wurde ihr bewusst, dass sie plötzlich einen dicken Wollumhang trug und eine tiefe Kapuze über den Kopf gezogen hatte, um ihr Gesicht zu verbergen. Errötend ließ sie sie verschwinden.
»Hat Euch keine von ihnen bemerkt?«, fragte sie ängstlich. Birgitte war auf viele verschiedene Arten leichter verwundbar als sie, und das trotz ihrer Kenntnisse in Bezug auf Tel’aran’rhiod . Sie besaß nicht die Fähigkeit, mit der Macht umzugehen. Jede der Verlorenen konnte sie vernichten, als zertrete sie eine Ameise, ohne auch nur im Schritt innezuhalten. Und sollte sie hier getötet werden, könnte sie auch niemals mehr wiedergeboren werden.
»Ich bin nicht so unerfahren oder töricht, um das zuzulassen.« Birgitte stützte sich auf ihren Silberbogen. Die Legende berichtete, sie verfehle mit diesem Bogen und ihren silbernen Pfeilen niemals ihr Ziel. »Sie beschäftigen sich mit ihren Eifersüchteleien untereinander und achten sonst auf niemanden. Ich habe Rahvin und Sammael gesehen, Graendal und Lanfear, und jeder beobachtete ungesehen die anderen. Und Demandred und Semirhage beschatteten ebenfalls die anderen. Seit ihrer Befreiung habe ich sie allerdings nicht mehr so oft hier gesehen.«
»Sie haben irgendetwas vor.« Nynaeve biss sich frustriert auf die Unterlippe. »Aber was nur?«
»Ich kann es noch nicht sagen, Nynaeve. Im Schattenkrieg haben sie auch immer Pläne geschmiedet, genauso gegeneinander wie miteinander, aber ihr Werk hat noch nie etwas Gutes zu bedeuten gehabt, weder für die Welt der Träume noch für die der Wirklichkeit.«
»Versucht es herauszufinden, Birgitte, jedenfalls so viel Ihr nur in Erfahrung bringen könnt, ohne Euch in Gefahr zu bringen. Riskieren dürft Ihr nichts.« Der Gesichtsausdruck der anderen änderte sich nicht, aber Nynaeve glaubte, in ihren Augen Erheiterung zu entdecken. Diese törichte Frau achtete genauso wenig auf Gefahren wie Lan. Sie hätte so gern nach der Weißen Burg gefragt und was Siuan wohl plante, doch Birgitte konnte die wachende Welt weder sehen noch berühren, es sei denn, sie wurde durch das Horn dorthin gerufen. Du versuchst nur, deine eigentliche Frage zu vermeiden! »Habt Ihr Moghedien gesehen?«
»Nein«, seufzte Birgitte, »aber ich habe es oft genug versucht. Normalerweise kann ich jeden finden, der weiß, dass er sich in der Welt der Träume befindet. Da ist so ein
Weitere Kostenlose Bücher