Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
Mutters Liebhaber, nachdem Vater gestorben war.« Elayne war wieder mit Auswählen beschäftigt und sagte das so selbstverständlich, dass Nynaeve Augen und Mund aufriss.
»Deiner Mutter …«
Die andere blickte sie trotzdem noch immer nicht an. »Ich habe mich bis Tanchico nicht mehr an ihn erinnert. Ich war noch sehr klein. Es war sein Schnurrbart, als ich nahe genug vor ihm stand und zu seinem Gesicht aufblickte, während er Stücke aus der Großen Jagd nach dem Horn rezitierte. Er glaubte, ich hätte es wieder vergessen.« Ihr Gesicht lief ein wenig rot an. »Ich … trank zu viel Wein, und am nächsten Tag gab ich vor, ich könne mich an nichts mehr erinnern.«
Nynaeve konnte nur noch den Kopf schütteln. Sie erinnerte sich an den Abend, als dieses törichte Mädchen sich mit Wein hatte volllaufen lassen. Wenigstens hatte sie es dann nie wieder getan; der Zustand ihres Kopfes am nächsten Tag hatte sie wohl unwiderruflich davon geheilt. Nun war ihr klar, wieso sich das Mädchen Thom gegenüber so verhielt. Sie hatte zu Hause an den Zwei Flüssen ein paar Mal Ähnliches beobachtet. Ein Mädchen, das gerade alt genug war, um sich selbst als Frau zu fühlen. An wem sonst konnte sie sich messen als an ihrer Mutter? Mit wem sonst konnte sie in Wettbewerb treten, um zu beweisen, dass sie eine Frau war? Gewöhnlich führte das höchstens dazu, dass sie versuchte, alles besser zu machen, vom Kochen bis zum Nähen, oder dass sie auf harmlose Art mit ihrem Vater flirtete, aber im Falle einer Witwe hatte Nynaeve zusehen müssen, wie sich die beinahe erwachsene Tochter zum Narren machte, als sie versuchte; sich den Mann zu angeln, den ihre Mutter heiraten wollte. Das Problem war, dass Nynaeve keine Ahnung hatte, was sie gegen Elaynes Torheit unternehmen solle. Trotz ernsthafter Mahnungen und noch mehr aus dem Frauenkreis, hatte sich Sari Ayellin nicht beruhigt, bis schließlich ihre Mutter wieder verheiratet war und sie selbst ebenfalls einen Ehemann gefunden hatte.
»Ich schätze, er muss wie ein zweiter Vater für dich gewesen sein«, sagte Nynaeve rücksichtsvoll. Sie tat so, als konzentriere sie sich auf das Packen. So hatte jedenfalls Thom das Mädchen auch betrachtet. Und das erklärte so viel.
»Ich betrachte ihn aber nicht als solchen.« Elayne schien zu überlegen, wie viele Seidenhemden sie mitnehmen solle, doch sie blickte traurig drein. »Ich kann mich an meinen Vater wirklich nicht mehr erinnern. Ich war nur ein Baby, als er starb. Gawyn sagt, dass er sich die ganze Zeit mit Galad beschäftigte. Lini versuchte, das Beste daraus zu machen, aber ich weiß, dass er niemals ins Kinderzimmer kam, um Gawyn und mich zu besuchen. Ich weiß, er hätte das getan, wenn wir alt genug gewesen wären, dass er uns hätte unterrichten können, so wie Galad. Aber er starb, bevor das der Fall war.«
Nynaeve probierte es noch einmal: »Zumindest ist Thom für einen Mann in seinem Alter körperlich sehr gut beieinander. Wir wären ganz schön in der Klemme, wenn er bereits unter steifen Gelenken litte. Das ist doch oft bei alten Männern der Fall.«
»Er könnte immer noch einen Überschlag rückwärts machen, wenn nicht sein Hinken wäre. Und mir ist es gleich, ob er hinkt oder nicht. Er ist intelligent und weltgewandt und kennt sich überall gut aus. Er ist auch sanftmütig, und ich fühle mich ziemlich sicher bei ihm. Ich glaube aber nicht, dass ich ihm das sagen sollte. Er versucht auch so schon genug, mich zu beschützen.«
Seufzend gab Nynaeve auf. Jedenfalls für den Augenblick. Thom mochte ja Elayne als Tochter betrachten, aber wenn das Mädchen so weitermachte, würde er sich vielleicht irgendwann daran erinnern, dass sie das nicht war, und dann saß Elayne im Einmachglas. »Thom mag dich sehr gern, Elayne.« Zeit, das Thema zu wechseln. »Bist du sicher in Bezug auf Galad? Elayne? Bist du sicher, dass uns Galad vielleicht ausliefert?«
Die andere fuhr zusammen, und die Falten auf ihrer Stirn verschwanden. »Was? Galad? Ich bin ganz sicher, Nynaeve. Und wenn er erfährt, dass wir nicht vorhaben, uns von ihm nach Caemlyn bringen zu lassen, wird ihm das diese Entscheidung nur noch erleichtern.«
Nynaeve knurrte etwas in sich hinein und zog ein seidenes Reitkleid aus ihrem Koffer. Manchmal glaubte sie, der Schöpfer habe die Männer nur erschaffen, um den Frauen Schwierigkeiten zu bereiten.
KAPITEL 17
Nach Westen
A ls das Stubenmädchen mit den Hüten kam, lag Elayne ausgestreckt auf einem der Betten, nur mit
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