Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
wirklich nun gegen die Burg stellt, will ich mit ihr für den Augenblick nur brieflich verkehren. Sie ist dazu fähig, uns beide zu unserem Besten, wie sie meint, im Palast festzuhalten. Sie ist wohl nicht in der Lage, die Macht zu lenken, aber ich will mich auch nicht gegen sie stellen, solange ich keine volle Aes Sedai bin. Wenn überhaupt.«
»Eine starke Frau«, sagte Thom im Plauderton. »Morgase würde Euch sehr schnell Manieren beibringen, Nynaeve.« Sie gab ihm ein weiteres lautes Schnauben zur Antwort. Dieses ganze lose Haar, das ihr über die Schultern hing, konnte man einfach nicht richtig packen. Doch der alte Narr grinste sie nur an.
Die Sonne stand hoch am Himmel, als sie die Menagerie erreichten, die immer noch am gleichen Platz lagerte, wo sie sie verlassen hatten – auf der Lichtung an der Straße. In der stehenden Luft und der Gluthitze wirkten selbst die Eichen ein wenig welk. Außer den Pferden und den großen, grauen Keilerpferden befanden sich alle Tiere wieder in den Käfigen, und auch die Menschen waren nirgends zu entdecken. Zweifellos hatten sie sich vor der Hitze in ihren Wohnwagen verkrochen, die dem ihren recht ähnlich sahen. Nynaeve und die anderen waren bereits herabgeklettert, als schließlich Valan Luca erschien, noch immer in dieses lächerliche rotseidene Cape gehüllt.
Diesmal gab es keine blumige Ansprache und keine Verbeugungen mit gespreiztem Cape. Er riss die Augen auf, als er Thom und Juilin erkannte, und zog sie wieder zusammen beim Anblick des schachtelähnlichen Wohnwagens hinter ihnen. Dann bückte er sich und spähte unter ihre Hutkrempen. Sein Lächeln war diesmal nicht angenehm anzusehen. »So, sind wir mittlerweile etwas heruntergekommen, Lady Morelin? Oder vielleicht waren wir auch niemals oben? Habt eine Kutsche und die Kleider gestohlen, was? Na ja, es wäre eine Schande, wenn solch eine hübsche Stirn ein Brandzeichen erhielte. Das ist hier üblich, falls Ihr das nicht wusstet, wenn nicht sogar Schlimmeres. Da Ihr, wie es scheint, entdeckt worden seid, und warum solltet Ihr auch sonst davonlaufen, würde ich Euch empfehlen, so schnell Ihr könnt, weiterzufahren. Falls Ihr euren verdammten Pfennig zurückhaben wollt, liegt er irgendwo dort oben an der Straße. Ich habe ihn hinter Euch hergeworfen, und dort kann er meinetwegen bis Tarmon Gai’don liegenbleiben.«
»Ihr wolltet einen Gönner haben«, sagte Nynaeve, als er sich abwandte. »Wir können Eure Gönnerinnen werden.«
»Ihr?«, höhnte er. Aber er blieb immerhin stehen. »Auch wenn ein paar Münzen, die Ihr aus der Börse irgendeines Lords gestohlen habt, helfen würden, werde ich doch kein gestohlenes …«
»Wir bezahlen Eure gesamten Kosten, Meister Luca«, unterbrach ihn Elayne in diesem kühl-arroganten Tonfall, den sie oft an sich hatte, »und außerdem noch hundert Goldmark, wenn wir mit Euch nach Ghealdan reisen können und Ihr einverstanden seid, vor der Grenze nicht mehr anzuhalten.« Luca blickte sie unverwandt an und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
Nynaeve stöhnte leise. Hundert Mark, und noch dazu in Gold! Hundert Silbermark würden seine Ausgaben leicht decken, bis Ghealdan und noch weiter, gleich, was diese sogenannten Keilerpferde fraßen.
»Habt Ihr so viel gestohlen?«, fragte Luca vorsichtig. »Wer ist hinter Euch her? Ich riskiere nichts mit den Weißmänteln oder dem königlichen Heer. Die würden uns alle ins Gefängnis werfen und wahrscheinlich die Tiere töten.«
»Mein Bruder«, erwiderte Elayne, bevor Nynaeve zornig bestreiten konnte, dass sie etwas gestohlen hätten. »Wie es scheint, hat man eine Heirat vorbereitet, während ich abwesend war, und man hat meinen Bruder geschickt, um mich zu holen. Ich habe nicht die Absicht, nach Cairhien zurückzukehren und einen Mann zu heiraten, der einen Kopf kleiner ist, dreimal so viel wiegt und dreimal so alt ist wie ich.« Ihre Wangen röteten sich leicht. Sie bemühte sich vergeblich, Erbitterung vorzutäuschen. Ihr Räuspern klang da schon besser. »Mein Vater träumt davon, den Sonnenthron für sich zu beanspruchen, falls er genug Unterstützung gewinnen kann. In meinen Träumen dagegen gibt es einen rothaarigen Mann aus Andor, den ich heiraten werde , was mein Vater auch sagen mag. Und das, Meister Luca, ist alles, was Ihr über mich wissen müsst – eigentlich auch schon zu viel.«
»Vielleicht seid Ihr wirklich, wer zu sein Ihr behauptet«, sagte Luca bedächtig, »und vielleicht auch nicht. Zeigt mir einiges
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