Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
Zofe nahm ihr im runden Foyer Handschuhe und Hut ab. Viele Türen führten von hier ins Haus hinein, die Säulen waren prächtig geschnitzt und bunt bemalt, und rundherum zog sich ein Balkon. Die Decke war einem Mosaik ähnlich bemalt: Sterne innerhalb größerer Sterne, alle in Gold und Schwarz. »Ich werde in einer Stunde mein Bad nehmen«, sagte sie zu der Frau. »Diesmal wird das Wasser aber die richtige Temperatur haben, ja?« Die Zofe wurde blass, knickste schnell, stammelte etwas Bestätigendes, und dann huschte sie davon.
Amellia Arene, Jorins Frau, kam, in die Unterhaltung mit einem fetten Glatzkopf in blütenweißer Schürze vertieft, durch eine der Türen herein. Liandrin schnaubte verächtlich. Die Frau hielt sich für etwas Besseres, und doch sprach sie persönlich mit dem Koch und brachte den Mann aus seiner Küche mit hierher, um über die Speisenfolge am Tisch zu sprechen. Sie behandelte den Dienstboten wie – wie einen Freund!
Der fette Evon entdeckte sie zuerst und schluckte schwer. Seine Schweinsäugelchen blickten sofort in eine andere Richtung. Sie mochte es nicht, von Männern angesehen zu werden, und so hatte sie ihm das bereits am ersten Tag in scharfem Ton erklärt, nachdem sein Blick etwas zu lange auf ihr geruht hatte. Er bestritt das zwar, aber sie kannte ja die schmutzigen Angewohnheiten der Männer. Ohne darauf zu warten, dass ihn seine Herrin entließ, lief Evon schnell wieder hinaus.
Die leicht ergraute Gattin des Kaufmanns war schon eine Frau mit strengem, ernstem Gesicht gewesen, als Liandrin und die anderen hier eintrafen. Nun leckte sie sich die Lippen und strich sich das mit Schleifen verzierte grünseidene Kleid überflüssigerweise glatt. »Oben ist jemand bei den anderen, meine Lady«, sagte sie unterwürfig. Am ersten Tag hatte sie noch geglaubt, sie könne so einfach Liandrins Namen benutzen. »Im vorderen Ruheraum. Ich glaube, sie kommt aus Tar Valon.«
Liandrin fragte sich, wer das sein könne, und ging zur nächsten Wendeltreppe. Sie kannte natürlich nur wenige der anderen Schwarzen Ajah. Das war aus Sicherheitsgründen notwendig, denn was andere nicht wussten, konnten sie auch nicht verraten. In der Burg hatte sie nur die zwölf gekannt, die mitkamen, als sie fortging. Zwei der zwölf waren tot, und sie wusste, wem sie das zu verdanken hatte: Egwene al’Vere, Nynaeve al’Meara und Elayne Trakand. Und in Tanchico war alles so schiefgegangen, dass sie beinahe hätte glauben können, diese drei Emporkömmlinge unter den Aufgenommen seien dortgewesen, aber sie waren ja töricht genug gewesen, gleich zweimal seelenruhig geradewegs in ihre Fallen zu laufen. Dass sie entkommen waren, spielte keine weitere Rolle. Hätten sie sich in Tanchico befunden, wären sie ihr todsicher in die Hände gefallen, gleich, was Jeaine gesehen zu haben glaubte. Beim nächsten Zusammentreffen würden sie nicht mehr in der Lage sein, ihr jemals wieder zu entwischen. Sie würde dieses Kapitel beenden, obwohl ihre Befehle anders lauteten.
»Meine Lady«, stammelte Amellia, »mein Mann, Lady. Jorin. Bitte, kann eine von Euch ihm helfen? Er hat es nicht böse gemeint, Lady. Er hat seine Lektion ja erhalten.«
Liandrin blieb mit einer Hand auf dem geschnitzten Geländer stehen und blickte zu ihr zurück. »Er hätte nicht glauben dürfen, sein Eid dem Großen Herrn gegenüber könne so einfach missachtet werden, oder?«
»Er hat es begriffen, meine Lady. Bitte. Er liegt den ganzen Tag unter Decken vergraben und zittert trotz der Hitze. Er weint, sobald ihn jemand berührt oder lauter spricht, als im Flüsterton.«
Liandrin tat so, als müsse sie überlegen, und dann nickte sie huldvoll. »Ich werde Chesmal bitten, zu sehen, was sie für ihn tun kann. Aber Ihr dürft nicht glauben, dass ich irgendetwas verspreche.« Die unsicheren Dankbezeugungen der Frau folgten ihr nach oben, aber sie achtete nicht darauf. Temaile hatte sich etwas hinreißen lassen. Sie war eine Graue Ajah gewesen, bevor sie zu den Schwarzen überging, und sie hatte immer Wert darauf gelegt, den Schmerz gleichmäßig zu verteilen, wenn sie vermittelte. So war sie als Vermittlerin sehr erfolgreich gewesen, denn es machte ihr Spaß, Schmerz zuzufügen. Chesmal meinte, er werde in ein paar Monaten wieder soweit sein, dass er kleinere Aufträge erfüllen könne, solange sie nicht zu schwierig waren und niemand ihn anschrie. Da sie unter den Gelben eine der besten Heilerinnen seit Generationen gewesen war, sollte sie es
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